Universität bestätigt Herpesvirus-Infektion bei mehreren Pferden
Schlechte Nachrichten für Pferdebesitzer: In einem Pferdebestand im Landkreis Limburg-Weilburg sind mehrere Pferde wahrscheinlich an einer Herpesvirus-Infektion erkrankt. Wie die Justus-Liebig Universität Gießen berichtet, handelt es sich um einen equinen Herpesvirus (EHV-1), der bei Pferden häufig zum Tod führt und epidemisch um sich greifen kann. Eine umfangreiche Impfung könnte hier helfen – doch die zugelassenen Impfstoffe sind derzeit in Deutschland nicht erhältlich. Um eine Ausbreitung zu verhindern, wurden nun mehrere Reitturniere abgesagt.
Einmal infizierte Pferde tragen das Virus latent weiter in sich
In Beselich (Kreis Limburg-Weilburg, Hessen) sind vermutlich mehrere Pferde an einer equinen Herpesvirus-1 (EHV-1) Infektion erkrankt. Diese verläuft bei Pferden häufig tödlich und kann seuchenartig auftreten – dementsprechend groß ist die Sorge bei den Pferdebesitzern in der Region. Beim Menschen verursachen die Viren keine übertragbaren Krankheiten, doch der Kontakt zu infizierten Tieren kann zu einer Ansteckung bislang gesunder Pferde führen. Die durch das unter Pferden weit verbreitete EHV-1 ausgelöste Infektion verläuft teilweise ohne Symptome. „Einmal infizierte Pferde tragen das Virus aber quasi unsichtbar (‚latent‘) weiter in sich, und es besteht keine Möglichkeit, diese Pferde wieder ganz EHV-1 frei zu bekommen“, so Prof. Fey laut der Mitteilung der Universität Gießen.
Längeres Festliegen kann ein Einschläfern der Tiere erfordern
Das Tückische: Das Herpesvirus kann auch zu schwerwiegenden Erkrankungen führen. Oft tritt dann zu Beginn Fieber auf, bei jungen Pferden oft in Kombination mit Nasenausfluss und Husten. Bei schweren Verläufen kommt es nach der ersten Fieberphase zu Koordinationsstörungen (Ataxie), die von Harn- und Kotabsatzschwierigkeiten begleitet werden können. Die Störungen beginnen normalerweise zuerst in der Hinterhand, treten dann aber auch in den Vordergliedmaßen auf. Im schlimmsten Fall kann das Pferd nicht mehr aufstehen („Festliegen“). Diese neurologische Form der EHV-1 trifft oft mehrere Pferde im Bestand. Liegen die Pferde länger in der gleichen Position, drohen schwerwiegende gesundheitliche Schädigungen, weshalb die Tiere meist eingeschläfert werden müssen, berichtet die Uni weiter.
Ursachen der Infektion können nicht behandelt werden
Wie viele andere Viruserkrankungen auch, kann eine Herpesvirus-1-Infektion nicht ursächlich behandelt werden. Dementsprechend zielt die Therapie darauf ab, die jeweiligen Symptome zu lindern. Hierfür stehen z.B. den Kreislauf unterstützende Infusionen und Antibiotika zur Behandlung von Sekundärinfektionen zur Verfügung. Wichtig ist zudem, dass die betroffene Tiere entwurmt sind, möglichst keim- und staubarm untergebracht sowie von den anderen Tieren getrennt werden, um eine Ausbreitung zu vermeiden. Da infizierte Pferde das Virus schon vor dem Auftreten von Symptomen ausscheiden können, dürfen auch gesund erscheinende Pferde aus betroffenen Ställen bereits beim ersten Verdacht nicht mehr in andere Ställe transportiert werden.
Durch Impfung kann die Viruslast im Bestand reduziert werden
Schutz kann eine Impfung bieten, vor allem, wenn möglichst alle Pferde eines Bestandes erfasst werden. Diese könne aufgrund der vielen bereits infizierten Tiere nicht sicher vor der Infektion selbst schützen, vermindere aber sowohl den Schweregrad der Erkrankung als auch die Virusausscheidung in erheblichem Maße. Durch eine umfassende Impfung könne folglich die Viruslast im Bestand reduziert werden, berichtet die Universität.
Derzeit seien jedoch in Deutschland zugelassene Impfstoffe nicht erhältlich. Wie der „Wiesbadener Kurier“ berichtet, habe die Tiergesundheitssparte des Pharmaunternehmens Sanofi („Merial“) kürzlich zu Boehringer Ingelheim gewechselt. Dieses hatte 2012 in Hannover ein „Europäisches Forschungszentrum für Tierimpfstoffe“ eröffnet, um innovative Impfstoffe zu entwickeln – jedoch nur für Nutztiere, so Matthias Kagerbauer von Boeringer gegenüber der Zeitung.
Impfstoff-Engpass besteht seit anderthalb Jahren
„Die Pharma-Industrie muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht genug für die Tiergesundheit getan zu haben“, erklärte der Wiesbadener Tierarzt Stephen Eversfield weiter. Dem Veterinär zufolge bestehe bei den Impfstoffen bereits seit anderthalb Jahren ein Engpass – er selbst beziehe seinen Herpes-Impfstoff mithilfe einer Ausnahmegenehmigung mittlerweile aus Tschechien. Eine Epidemie wie derzeit im Kreis Limburg-Weilburg sei Eversfield zufolge zwar selten, in Ställen mit nicht-geimpften Pferde aber durchaus möglich. Daher sollte die Herpes-Impfung für Turnierpferde seiner Meinung nach – ebenso wie die halbjährliche Influenza-Impfung – Pflicht sein. Eine Notimpfung mit importierten Stoffen sei hingegen nur bedingt empfehlenswert. Denn in den vier Wochen zwischen den beiden Impfungen für die Grundimmunisierung können sich die Tiere trotzdem anstecken. Bei bereits geimpften Pferde sei unter Umständen eine Impfauffrischung sinnvoll. (nr)
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