Führt neueste Forschung bald zu Erweiterung unserer Lebenserwartung?
Erstmals ist es Wissenschaftlern gelungen, das Gehirn eines Schweines 36 Stunden lang ohne den Körper am Leben zu halten. Neben Bewunderung und Aufmerksamkeit ernteten die Forscher auch viel Kritik. Die ethischen Bedenken ist groß. Dennoch: Wenn ein solcher Prozess mit menschlichen Gehirnen funktionieren würde, könnte dies neue Möglichkeiten der Verlängerung der Lebenserwartung eröffnen.
Die Wissenschaftler der international angesehenen Yale University haben bei ihrer aktuellen Untersuchung erfolgreich Gehirne von Schweinen für einen Zeitraum von bis zu 36 Stunden ohne ihren Körper am Leben gehalten. Ein ethisch äußerst kritisch bewertetes Projekt, dass jedoch gleichzeitig die Möglichkeiten der modernen Medizin aufzeigt.
Gehirn wurde technisch wiederbelebt
Für die Studie führten die Experten Untersuchungen an zwischen 100 und 200 Schweinen aus einem Schlachthof durch. Mit der Hilfe eines Systems aus künstlichem Blut, Heizgeräten und Pumpen gelang es dem Team die Zirkulation der Gehirne von Schweinen wiederherzustellen, welche etwa vier Stunden zuvor enthauptet wurden. Durch die verwendete Technik konnten die wiederbelebten Gehirne für bis zu 36 Stunden am Leben gehalten werden. Es gab zwar keine Beweise, dass diese Gehirne bei Bewusstsein waren, doch sogenannte EEG-Scans zeigten, dass die Gehirne eine flache Gehirnwelle auslösten, ähnlich einem nicht reagierenden, komatösen Gehirn, erläutern die Autoren der Studie.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass in den Gehirnen Milliarden einzelner Gehirnzellen gesund und zu normaler Aktivität fähig waren. Zumindest in einem vereinfachenden Sinn wurde das Organ technisch wiederbelebt. Eigentlich ähnelt der technische Vorgang der Erhaltung einer Niere, erläutern die Experten gegenüber MIT Technology Review.
Ergebnisse wurden noch nicht in einem Peer-Review-Journal veröffentlicht
Ein Vorbehalt bei den Ergebnissen der aktuellen Forschungsarbeit ist, dass die Mediziner diese noch nicht in einem Peer-Review-Journal veröffentlicht haben. Aber sie haben die Ergebnisse der Studie bereits eingereicht und die Studienautoren erklärten, dass sie nicht bereit seien, weitere Details über das Experiment zu veröffentlichen, bis eine vollständige Veröffentlichung vorliegt.
Forschung führt zu ethischen Debatten
Seit Anfang des Jahres gibt es eine wachsende Gruppe von Wissenschaftlern und Medizinern, welche angeregt über das Projekt der Yale University diskutieren. Neben der Eröffnung ethischer Debatten darüber, ob ähnlich behandelte menschliche Gehirne als lebendig betrachtet werden sollten, hätte die Forschung Vorteile für weitere Untersuchungen im Labor. Experten könnten intakte und gesunde Gehirne genau untersuchen.
Warum wurde der Versuch durchgeführt?
Die Technik wurde entwickelt, um einen umfassenden Atlas der Verbindungen zwischen menschlichen Gehirnzellen zu konstruieren. Außerdem sollen die Ergebnisse dazu beitragen, bessere Modelle oder möglicherweise sogar zerlegte Testorgane für Krankheiten wie Alzheimer und Hirntumore zu entwickeln.
Prozess ähnelt einer Transplantationen
Aber wie funktioniert der Vorgang eigentlich? Die bisher verfügbaren Angaben über das Experiment sind leider noch sehr gering. Scheinbar ist das Gehirn mit einem geschlossenem Kreislauf von Röhren verbunden, die erhitztes künstliches Blut durch die Gefäße des Gehirns zirkulieren lassen, so dass Sauerstoff sogar zu Zellen tief im Gehirn fließen kann. Dies ähnelt der Art und Weise, wie Wissenschaftler andere Organe (wie Herz oder Lunge) für Transplantationen konservieren.
Passender Rahmen für zukünftige Forschung muss geschaffen werden
Diese Woche wurde ein Leitartikel in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht, in dem die Autoren argumentieren, dass wir neue Regeln und Schutzmechanismen für Experimente an menschlichen Gehirnen brauchen. Die schwierige ethische Diskussion sollte allerdings nicht dazu führen, dass Untersuchungen zu diesem Thema eingestellt werden, erklären die Wissenschaftler. Um den Erfolg und die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Forschung langfristig sicherzustellen, müsse jetzt jedoch ein passender ethischer Rahmen geschaffen werden, fügen die Experten hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.