Eine Gehirnerschütterung kann lange nach wirken, wie ein Forscherteam im Verlauf einer Vergleichsstudie feststellte.
Eine Gehirnerschütterung kann für Betroffene gesundheitliche Langzeitfolgen nach sich ziehen. Zwar hinterlässt eine Gehirnerschütterung bei den keine sichtbaren Spuren, allerdings kann sich das Schädel-Hirn-Trauma später bei Denkprozessen deutlich bemerkbar machen, auch wenn die Erschütterung nur leicht war. Bislang waren Mediziner davon ausgegangen, dass nach einer Genesung keine nachträglich Folgen für den Patienten spürbar sind. Eine Studie der Universitäten Marburg und Münster widersprechen allerdings dieser Ansicht.
Eine Gehirnerschütterung, oder auch ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma, ist eine Erschütterung des menschlichen Gehirns, bei dem Patienten kurzzeitig auch ihr Bewusstsein verlieren (weniger als 30 Minuten) können. Die Erschütterung wird zumeist durch einen Unfall oder einer anderen heftigen Einwirkung von außen, wie ein Schlag auf den Kopf, provoziert. Eine Gehirnerschütterung sollte nicht mit einer Schädigung der Hirnstrukturen verwechselt werden. Wurde eine Verletzung festgestellt, so handelt es sich um eine Gehirnblutung, Gehirnprellung oder Quetschung usw. Bislang gingen Ärzte und Forscher immer davon aus, dass eine Gehirnerschütterung keine bleibenden spürbaren Schäden hinterlässt. Psychologen und Mediziner der Universitäten Münster und Marburg widersprechen nun dieser gängigen Meinung. Selbst nach einer nur leichten Gehirnerschütterung können die Betroffenen gravierende Langzeitfolgen davon tragen. So konnten die Forscher feststellen, dass einige Patienten noch nach sechs Jahren unter Gedächtnisschwierigkeiten und einer eingeschränkten Lernfähigkeit leiden. Zudem zeigten sich depressive Beschwerden wesentlich häufiger, als bislang angenommen.
Bereits geringe Erschütterungen beim Sport, nach einem Sturz oder einem Autounfall können ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma auslösen, erklärte Studienautor Dr. Carsten Konrad von der Universität Marburg. Bei einer Studie untersuchten die Wissenschaftler insgesamt 33 Patienten, die vor einigen Jahren ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma davon trugen. Die Probanden wurden psychiatrisch, neurologisch, neuropsychologisch sowie mittels der Magnetresonanztomographie untersucht. Um die Ergebnisse zu vergleichen, nahmen ebenfalls 33 Probanden teil, die bislang keine Gehirnerschütterung davon trugen.
Beeinträchtigungen in verschiedenen kognitiven Bereichen wie Lernen, Gedächtnis oder Aufmerksamkeit
Die Ergebnisse zeigten, dass die Studienteilnehmer noch nach sechs Jahren mittelstarke bis starke Beeinträchtigungen in verschiedenen neuropsychologischen Bereichen wie Lernen, Gedächtnis oder Aufmerksamkeit, aber auch in den sogenannten Exekutivfunktionen, etwa Pläne schmieden, sich Ziele setzen oder Entscheidungen treffen, aufwiesen. Zusätzlich beobachteten die Forscher, dass depressive Symptome im Vergleich zu anderen wesentlich häufiger auftraten. „Wir können ausschließen, dass die beobachteten Beeinträchtigungen sich durch Depressionen oder suboptimales Leistungsverhalten erklären lassen“, sagte Carsten Konrad. Die Studie konnte zwar nachweisen, dass Gehirnerschütterungen noch nach Jahren nachweisbar sind, die Ursachen hierfür müssten allerdings näher erforscht werden. Die Studienergebnisse sind in dem Wissenschaftsmagazin „Psychological Medicine“ erschienen. (sb, 26.10.2010)
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