Mittagessen mit Kollegen schränkt möglicherweise die Aufmerksamkeitsfähigkeit ein
01.08.2013
Ein gemeinsames Mittagessen mit Kollegen ist zwar entspannend, könnte sich aber im Vergleich zu einer allein verbrachten Pause am Arbeitsplatz möglicherweise negativ auf die anschließende Konzentrationsfähigkeit auswirken. Zu diesem Ergebnis sind nun Wissenschaftler der Berliner Humboldt-Universität und mehrerer anderer Hochschulen gekommen, wie sie aktuell in der Online-Fachzeitschrift „PLOS ONE“ berichten.
Gemeinsamen Mittagessen lässt Probandinnen „liberaler und nachlässiger“ werden
Demnach lässt „bei einer gemeinsam eingenommenen Mahlzeit die kognitive Kontrolle etwas nach, das heißt, man wird liberaler und nachlässiger, nimmt eigene Fehler weniger ernst“, so der Leiter der Forschungsgruppe, Werner Sommer. Inwiefern sich eine allein verbrachte Pause am Arbeitsplatz generell auf die Gesundheit auswirke, darüber könne dem Psychologen Sommer nach jedoch auf Basis der Studie mit 32 Frauen keine Aussage getroffen werden.
Vergleich zwei verschiedener Pausen-Situationen
Für das Experiment hatten die Wissenschaftler zwei unterschiedliche Pausen-Szenarien verglichen: Die eine Gruppe der Frauen besuchte gemeinsam mit einer Freundin ein Restaurant und aß dort in einem Zeitfenster von einer Stunde ein Mittagessen nach Wahl. Der andere Teil der Probandinnen blieb allein im Büro, konnte nicht frei wählen, sondern bekam das gleiche Mittagessen wie die erste Gruppe serviert und hatte für dieses auch nur 20 Minuten Zeit.
Nach alleinigem Mittageesen weniger müde
Der Vergleich brachte ein interessantes Ergebnis zu Tage: Diejenigen, die mit einer Freundin zusammen gegessen hatten, gaben an, nach dem Essen ruhiger und weniger wach zu sein als die Frauen, die alleine gegessen hatten. Zudem erzielten die Teilnehmerinnen der ersten Gruppe bei anschließenden Leistungstests zur kognitiven Kontrolle schlechtere Ergebnisse, außerdem zeigten Messungen eine verminderte Wahrnehmung eigener Handlungsfehler sowie eine verstärkte Wahrnehmung negativer emotionaler Gesichtsausdrücke, so die Forscher in ihrem Fachartikel.
Essen mit Kollegen vorteilhaft bei kreativem Arbeiten
Doch damit sei den Forschern nach nicht gesagt, dass sich gemeinsames Essen generell negativ auswirke, denn „die Dämpfung von kognitiver Kontrolle kann zwar für bestimmte Zwecke negativ sein, aber nicht für alle. So ist eine reduzierte kognitive Kontrolle beispielsweise ein Nachteil, wenn eine sorgfältige Selbst-Überwachung der Leistung und detaillierte Aufmerksamkeit in Hinblick auf Fehler erforderlich ist, wie zum Beispiel bei der Arbeit in Labor oder Fabrik Arbeit oder bei der numerischee Verarbeitung. In anderen Situationen kann eine Dämpfung von kognitiver Kontrolle hingegen auch von Vorteil sein, so zum Beispiel, wenn soziale Harmonie oder Kreativität erwünscht ist“, so die Forscher in ihrem Artikel.
Für effizientes Arbeiten „gemeinsames Mittagessen eher ungünstig“
Trotz dieser klaren Unterschiede habe die Untersuchung den Wissenschaftlern nach jedoch für die Mittagspause im Arbeitsalltag nur eingeschränkte Aussagekraft, denn die Probandinnen hatten am Tag des Tests vor dem Essen nicht gearbeitet. Dennoch sei nach Werner Sommer zu erwarten, „dass die Befunde sich in bestimmte Arbeitsverhältnisse übertragen lassen“, außerdem ließe sich vermuten, dass „wenn man effizient arbeiten möchte, ein gemeinsames Mittagessen eher ungünstig“ sei, so der Wissenschaftler weiter. Anders stelle sich die Situation dar, wenn zum Beispiel kreative Lösungen gefunden werden müssten, denn dann könne ein Essen in Gesellschaft durchaus sinnvoll sein – da dies jedoch nicht expliziter Untersuchungsgegenstand war, könnten dahingehend bislang keine weiteren Aussagen getroffen werden. Stattdessen könne das Experiment den Forschern nach als erster Schritt in der Untersuchung psychologischer Folgen verschiedener Ess-Situationen betrachtet werden.
Gesundheitsexperten betonen immer wieder den hohen Stellenwert von Pausen
Hier besteht offenbar großer Forschungsbedarf, denn auf den Stellenwert von Arbeitspausen weisen Gesundheitsexperten schon seit langem immer wieder hin. Denn laut des „Stressreports Deutschland 2012“ würden 26 Prozent der abhängig Beschäftigten ihre Pause häufig ausfallen lassen, was aus Expertensicht jedoch völlig kontraproduktiv ist: „Wenn wir arbeiten, verbrauchen wir mehr Energie. Deshalb ist es wichtig, zwischendurch Pausen zu machen und sich zu erholen“, so die Psychologin Andrea Lohmann-Haislah von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dass es in diesem Bereich reichlich Handlungsbedarf gibt, zeigt auch eine Studie der Techniker Krankenkasse: Demnach äußert sich jeder dritte Berufstätige negativ darüber, dass eine gesunde Ernährung am Arbeitsplatz nicht möglich sei, zumal sogar die Hälfte der Befragten beklagt, in den Pausen gar nicht genug Zeit zu haben, um in Ruhe Mittag zu essen.
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Bild: Petra Bork / pixelio.de
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