Seltener Gendefekt als Ursache extremer Kleinwüchsigkeit entschlüsselt
08.08.2011
Ein internationales Forscherteam hat den zugrundeliegenden Gendefekt einer besonders seltenen Form der Kleinwüchsigkeit entschlüsselt. Chancen auf Heilung bestehen für die Betroffenen trotz der aktuellen Forschungserfolge jedoch nicht, da die Auswirkungen des Gendefekts nicht zu beheben seien, erklärte der Direktor der Universitätsklinik für Frauen- und Kindermedizin in Leipzig, Professor Dr. Wieland Kiess.
An dem sogenannten Seckel-Syndrom leiden laut Darstellung der Universität Leipzig schätzungsweise lediglich rund 25 Menschen weltweit. Die einzigen zwei Patienten in Deutschland werden von Prof. Dr. Wieland Kiess betreut. Die Ursache der extrem seltenen Krankheit ist ein Gendefekt, den ein internationales Forscherteam unter türkischer Leitung nun enträtselt hat, berichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „ Nature Genetics“.
Seckel-Syndrom besonders seltene Form des Kleinwuchses
Patienten mit dem Seckel-Syndrom werden auch im Erwachsenenalter in der Regel nicht größer als einen Meter und haben einen äußerst kleinen Kopf (Mikrozephalie), wodurch auch das Wachstum ihres Gehirns blockiert und ihr geistige Entwicklung entsprechend stark eingeschränkt werden kann (geistige Retardierung). Weitere körperliche Beeinträchtigungen wie eine Fehlstellung der Hüfte (Hüftgelenkdysplasie) oder Missbildungen der Hoden (Kryptorchismus) sind ebenfalls häufig Teil des Krankheitsbildes. Meist sind die Seckel-Syndrom-Patienten mehrfach behindert und ein Leben lang auf fremde Hilfe angewiesen. Entdeckt wurde die Erkrankung 1967 von Helmut Paul George Seckel und Rita G. Harper. Ursache der besonderen Form des Kleinwuchses ist ein Gendefekt, dessen genaue Wirkungsweise bisher jedoch ein Rätsel blieb. Dem internationalen Forscherteam unter Beteiligung der Wissenschaftler der Universität Leipzig ist es nun jedoch gelungen, die Wirkung des Gendefekts zu entschlüsseln.
Gendefekt verursacht Störungen bei der Zellteilung
Laut Darstellung der Forscher im Fachmagazin „Nature Genetics“, verursacht der Gendefekt des Seckel-Syndroms im Rahmen der Zellteilung Störungen bei Reparatur der Erbbotschaft. Zwar seien während des Zellteilungsprozesses durchaus öfter Schäden an den DNA zu verzeichnen, doch bei gesunden Menschen funktionieren die biochemischen Reparaturmechanismen einwandfrei, betonte Professor Dr. Kiess. Bei den Seckel-Syndrom-Patienten seien die komplexen Reparaturmechanismen jedoch erheblich gestört. Die Fehler in den Erbinformationen können nicht behoben werden und massive gesundheitliche Beeinträchtigungen sind die Folge. Die bisher identifizierten Gendefekte auf den Chromosomen 3, 14 und 18 sind allerdings glücklicherweise eher selten und nur wenn die DNA beider Elternteile ein Chromosom der Krankheit enthält, droht den Kindern die äußerst seltene Form der Kleinwüchsigkeit (autosomal-rezessive Vererbung).
Keine Hoffnung auf Heilung für betroffenen Patienten
Dem internationalen Forscherteam ist zwar die Entschlüsslung des Gendefekts beim Seckel-Syndrom gelungen, doch die aktuellen Ergebnisse sind für die Betroffenen kein Grund zur Hoffnung. Den unter dieser besonderen Form des Kleinwuchses leidenden Patienten, könne nicht geholfen werden, erläutertet Professor Dr. Kiess. Da die Auswirkungen des Gendefekts nicht zu beheben sind, bestehe keine Aussicht auf eine erfolgreiche Therapie, so die Aussage des Experten. Neben dem extrem seltenen Seckel-Syndrom haben zum Beispiel auch genetisch bedingte Erkrankungen wie das Hallermann-Streiff-Syndrom und das Rubinstein-Taybi-Syndrom ein deutlich vermindertes Wachstum und zahlreiche weitere körperliche beziehungsweise geistige Beeinträchtigungen zur Folge. Für die Mediziner ist die Betreuung der Patienten oftmals äußerst schwierig, da keine Möglichkeiten zu Heilung der Krankheit sondern lediglich therapeutische Maßnahmen zur Linderung der Symptome bestehen. (fp)
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Bild: Gabi Schoenemann / pixelio.de
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