Wie sich Chlamydien in menschlichen Zellen einnisten
Infektionen mit Chlamydien (Chlamydia trachomatis) gehören zu den häufigsten Geschlechtskrankheiten in Deutschland. Die Bakterien können beim sexuellen Kontakt übertragen werden. Bislang war nicht bekannt, wie genau sich die Bakterien in den Zellen vermehren. Nun zeigt ein deutsches Forschungsteam, dass die Aminosäure Glutamin eine entscheidende Rolle bei der Vermehrung spielt.
Forschende der Julius-Maximilians-Universität Würzburg fanden heraus, dass Chlamydien sehr viel Glutamin benötigen, um sich in menschlichen Zellen fortzupflanzen. Das Team entdeckte auch, wie es den Bakterien gelingt, so viel von der Aminosäure zu beschaffen. Die Erkenntnisse schließen Wissenslücken über die Vermehrung des weit verbreiteten Bakteriums. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Nature Microbiology“ vorgestellt.
Häuslich eingerichtet
Chlamydien können innerhalb eines Menschen nur überleben, indem sie in eine Zelle eindringen. In der Zelle errichten die Bakterien dann kleine Bläschen, in denen die Eindringlinge über mehrere Generationen hinweg leben.
Die Hausbesetzer unter den Bakterien
Um ungestört in der Zelle zu verweilen, programmieren Chlamydien den Stoffwechsel ihrer Wirtszelle um. Wie das Forschungsteam zeigt, importieren die besetzten Zellen im Anschluss verstärkt die Aminosäure Glutamin aus der Umgebung in die Zelle.
„Die Chlamydien brauchen viel Glutamin, um das ringförmige Molekül Peptidoglykan zu synthetisieren“, erläutert Professor Thomas Rudel aus dem Studienteam. Dieses Ringmolekül sei ein genereller Zellwand-Baustoff für Bakterien. Die Chlamydien nutzen die Aminosäure, um sich einen eigenen Bereich in der Zelle abzugrenzen, indem sie eine neue Wand einbauen.
Ohne Glutamin keine Vermehrung
Die Erkenntnis eröffnet einen neuen Therapieansatz gegen die Erreger, denn ohne Glutamin-Import können sich die Bakterien nicht weiter vermehren. In folgenden Untersuchungen möchte das Team klären, welche Bedeutung der Glutaminstoffwechsel bei einer chronischen Chlamydien-Infektion hat. Die Forschenden versprechen sich hier Hinweise zu finden, wie schwere Verläufe der Infektion entstehen.
Wie äußert sich eine Chlamydien-Infektion?
Eine Infektion mit Chlamydia trachomatis kann sich beispielsweise durch eine Entzündungen der Harnröhre, des Gebärmutterhalses, der Gebärmutterschleimhaut oder der Eileiterschleimhaut äußern. Oft verläuft die Infektion jedoch ohne spürbare Beschwerden. Bleibt eine Chlamydien-Infektion unbemerkt, kann sie zu schweren bis chronischen Krankheitsverläufen führen und Gebärmutterhalskrebs sowie Eierstockkrebs begünstigen. (vb)
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Karthika Rajeeve, Nadine Vollmuth, Sudha Janaki-Raman, u.a.: Reprogramming of host glutamine metabolism during Chlamydia trachomatis infection and its key role in peptidoglycan synthesis: in: Nature Microbiology, 2020, nature.com
- Julius-Maximilians-Universität Würzburg: Chlamydien: Gierig nach Glutamin (veröffentlicht: 03.08.2020), uni-wuerzburg.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.