Bundesverfassungsgericht verlangt „objektiven Nachweis“
Transsexuelle können ohne die Einholung zweier Gutachten nicht ihr Geschlecht wechseln und ihren Vornamen ändern lassen. Das gesetzliche Erfordernis, dass zwei unabhängige Sachverständige die Voraussetzungen für den gewünschten Geschlechtswechsel prüfen, stellt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder der Menschenwürde dar, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag, 24. November 2017, in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss (Az.: 1 BvR 747/17). Allerdings dürfen Betroffene in dem Gutachtenverfahren nicht zur therapeutischen Behandlung ihrer Transsexualität hingeführt werden.
Vor Gericht war ein Transsexueller aus Dortmund gezogen, der vom männlichen zum weiblichen Geschlecht wechseln wollte. Neben der rechtlichen Anerkennung als Frau wollte er auch seinen männlichen Namen in „Nicole“ umändern.
Doch die Behörden verweigerten lehnten den Wunsch ab. Denn der Transsexuelle habe sich geweigert, sich von zwei unabhängigen Sachverständigen wegen seines gewünschten Geschlechtswechsels begutachten zu lassen. Dies sei aber nach dem Transsexuellengesetz so vorgeschrieben.
Der Transsexuelle hielt die gesetzliche Vorschrift für verfassungswidrig. Sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und seine Menschwürde würden mit der Pflicht zur Begutachtung verletzt. Der Gesetzgeber sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei Transsexualität um eine psychische Störung oder Krankheit handele. Die Vorschrift sei auf „Behandlung und Betreuung Kranker“ ausgerichtet. Auch gebe es kein formales Verfahren, wie die Begutachtung ablaufen solle. Dies führe zu willkürlichen und zufälligen Ergebnissen.
Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung an. Das gesetzliche Erfordernis, die Voraussetzungen für den Geschlechtswechsel von zwei Gutachtern prüfen zu lassen, verletze weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde, heißt es in dem Beschluss vom 17. Oktober 2017. Transsexualität werde damit nicht als zu therapierende Krankheit angesehen. Vielmehr solle ein „objektiver Nachweis“ über die Voraussetzungen des Geschlechtswechsels erbracht werden. Dies beruhe aber nicht auf die Annahme, Transsexualität sei eine Krankheit.
Die Gutachter müssten nach dem Gesetz prüfen, ob die transsexuelle Person seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben. Auch müsse die „hohe Wahrscheinlichkeit“ bestehen, dass die Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht sich nicht mehr ändern wird.
Das Gutachtenverfahren dürfe aber nicht dazu genutzt werden, die Betroffenen zu einer therapeutischen Behandlung ihrer Transsexualität hinzuführen. fle
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