Kassen skeptisch über zusätzliche Milliarden aus Gesundheitsfonds
Die Krankenkassen in Deutschland sollen eine riesige Finanzspritze des Bundes erhalten, um den Anstieg der Beitragssätze zu drosseln. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sieht derzeit allerdings gar keine Notwendigkeit für die zusätzlichen Milliarden Euro.
Milliarden schwere Finanzspritze aus Gesundheitsfonds
Erst kürzlich wurde über Pläne der schwarz-roten Bundesregierung berichtet, denen zufolge die gesetzlichen Krankenkassen eine Milliarden-Finanzspritze aus dem Gesundheitsfonds erhalten sollen. Die Kassen selbst hatten zuvor angegeben, höhere Mehrausgaben durch das neue Integrationsgesetz zu befürchten. Doch nun berichtet die Nachrichtenagentur dpa, dass der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) vorerst keine Notwendigkeit sieht, zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen zusätzliche Milliarden aus dem Gesundheitsfonds zu nehmen.
„Keine finanzielle Belastung für die Krankenkassen“
Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass diese Kosten für die Asylsuchenden in den ersten 15 Monaten von den Kommunen getragen würden. „Daher entsteht erst einmal keine finanzielle Belastung für die Krankenkassen.“ Den Angaben zufolge will die große Koalition zur Vermeidung höherer Zusatzbeiträge den Krankenkassen im Wahljahr 2017 zusätzlich 1,5 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds zuweisen. Das Bundesgesundheitsministerium begründet die zusätzlichen Gelder mit der Versorgung von Flüchtlingen und dem Ausbau der Telemedizin. Der Gesundheitsfonds verfügt derzeit noch über Reserven in Höhe von rund zehn Milliarden Euro.
Belastungen für Beitragszahler sollen vermieden werden
„Eine gute medizinische Versorgung der Flüchtlinge ist in unser aller Sinne. Für mich ist aber auch klar, dass wir zusätzliche Belastungen für die Beitragszahler vermeiden sollten“, sagte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). „Deshalb treffen wir jetzt die nötigen Vorkehrungen.“ Der CDU-Politiker nannte es laut dpa „vertretbar“, aus der Rücklage des Gesundheitsfonds eine Milliarde Euro für die Versorgung der Flüchtlinge zu entnehmen. Den Angaben zufolge würden mit weiteren 500 Millionen Investitionen in die telemedizinische Infrastruktur finanziert. Schon seit längerem wird Telemedizin als eine wichtige Maßnahme gegen den Ärztemangel in ländlichen Gebieten propagiert.
Teure Reformen eine Herausforderung für die Kassen
Wie Pfeiffer weiter erklärte, könne im Moment noch nicht seriös abgeschätzt werden, wie viele Asylsuchende über den Bezug von Arbeitslosengeld II (ALG II oder auch Hartz IV genannt) tatsächlich in die gesetzliche Krankenversicherung kommen. „Davon losgelöst kritisieren wir seit geraumer Zeit, dass die Beiträge für ALG-II-Empfänger generell nicht kostendeckend sind. Wenn es für Krankenkassen derzeit eine echte finanzielle Herausforderung gibt, sind es sicherlich in erster Linie die teuren Reformen des Gesetzgebers und nicht die Asylsuchenden“, so Pfeiffer.
Bei Mehrausgaben werden allein Arbeitnehmer belastet
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Karl Lauterbach, hält zusätzliche Mittel aus dem Gesundheitsfonds für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen für gerechtfertigt. Dem Bericht zufolge argumentierte er, dass Mehrkosten für Flüchtlinge zumindest kurzfristig aus dem Fonds gedeckt werden sollten und nicht über die allein von den Arbeitnehmern zu tragenden Zusatzbeiträge. Der gesetzlich festgelegte Kassenbeitrag liegt seit einem Beschluss der großen Koalition von Union und SPD bei 14,6 Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens, wovon Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte bezahlen. Den variablen Zusatzbeitrag, der von der jeweiligen Kasse individuell festgelegt wird, müssen die Mitglieder jedoch alleine tragen. Bei Mehrausgaben steigen normalerweise nur die Zusatzbeiträge und damit die Belastungen der Arbeitnehmer. Selbst manche Krankenkassen kritisieren dieses Modell. So hatte der DAK-Chef den Zusatzbeitrag als unsinnig eingestuft. Dieser führe zu einem unsinnigen Preiswettbewerb und schleichendem „Rückzug der Arbeitgeber aus der Finanzverantwortung“. (ad)
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