Verbindung zwischen sozialen Kontakten und dem Darmmikrobiom
Soziale Beziehungen haben großen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden. Auch die Darmflora (Darmmikrobiom) wird offenbar durch Freundschaften und soziale Kontakte beeinflusst, wobei ein hohes Maß an Sozialkontakte positive Effekte zu entfalten scheint.
In einer neuen gemeinsamen Studie von Fachleuten der University of Oxford und der University of Colorado Boulder wurde in einer Population von Rhesusaffen untersucht, wie sich das Sozialverhalten der Tiere auf das Darmmikrobiom auswirkt. Die Ergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Frontiers in Microbiology“ veröffentlicht.
Darmflora und Sozialverhalten von Affen untersucht
Das Team untersuchte eine einzige Gruppe von Rhesusaffen, die aus 22 männlichen und 16 weiblichen Tieren im Alter zwischen sechs und 20 Jahren bestand. Die Affen leben in mehreren soziale Gruppen auf der Insel Cayo Santiago vor der Ostküste Puerto Ricos.
Im Zeitraum zwischen dem Jahr 2012 und 2013 wurden von den Forschenden insgesamt 50 Stuhlproben der Tiere genommen. Die soziale Verbundenheit der Affen wurde anhand ihrer mit der Fellpflege verbrachten Zeit in den Jahren 2012 und 2013 und der Anzahl der Tiere bestimmt, von denen das Fell gepflegt wurde.
„Makaken sind sehr soziale Tiere, und die Fellpflege ist ihr wichtigstes Mittel, um Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten, so dass die Fellpflege ein guter Indikator für soziale Interaktionen ist“, erklärt Studienautorin Dr. Karli Watson in einer Pressemitteilung.
Die Fachleute analysierten die DNA-Sequenzdaten aus den genommenen Stuhlproben, um die Zusammensetzung und Vielfalt der mikrobiellen Darmgemeinschaft festzustellen und zu ermitteln, wie die Darmflora mit der sozialen Vernetzung der Tiere zusammenhängt.
Das Team konzentrierte sich besonders auf Mikroben, von denen bekannt ist, dass sie bei Menschen oder Nagetieren mit autismusähnlichen Symptomen verbunden sind, was zu weniger sozialen Bindungen führen kann.
Zusätzlich wurden auch Mikroben untersucht, welche bei sozialer Deprivation entweder häufiger oder weniger häufig vorkommen.
Gesunde Darmbakterien dank mehr sozialen Kontakten
„Die Einbindung in soziale Interaktionen stand in einem positiven Zusammenhang mit der Häufigkeit bestimmter Darmmikroben mit nützlichen immunologischen Funktionen und in einem negativen Zusammenhang mit der Häufigkeit potenziell pathogener Mitglieder der Mikrobiota“, berichtet Studienautor Professor Dr. Philip Burnet von den Untersuchungsergebnissen.
Anders ausgedrückt: Affen mit mehr sozialen Kontakten wiesen eine größere Menge an gesunden Darmbakterien auf und trugen gleichzeitig eine geringere Menge an potenziell krankmachenden Bakterien in sich.
So gab es in besonderes geselligen Tieren häufiger vorteilhafte Bakterien der Gattungen Faecalibacterium und Prevotella.
Dagegen wiesen Tiere, welche nur wenig soziale Kontakte hatten, am häufigsten Baktieren der Gattung Streptococcus auf, die beim Menschen Krankheiten wie beispielsweise eine Lungenentzündung auslösen können.
Schutz vor Entzündungen durch Freundschaften
„Besonders auffällig ist, dass wir einen starken positiven Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Darmmikrobe Faecalibacterium und der Kontaktfreudigkeit der Tiere feststellen“, so die Studienautorin Dr. Katerina Johnson.
Das Bakterium sei für seine starken entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt und werde mit positiven Gesundheitseffekten in Verbindung gebracht.
Ursache und Wirkung schwer zu unterscheiden
Wenn es darum geht, wie soziale Kontakte und die Zusammensetzung des Darmmikrobioms verbunden sind, ist es laut dem Team nicht einfach zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden.
„Die Beziehung zwischen sozialem Verhalten und der Häufigkeit von Mikroorganismen kann das direkte Ergebnis der sozialen Übertragung von Mikroben sein, zum Beispiel durch die Körperpflege“, erläutert Dr. Johnson.
Andererseits könnte es sich nach Ansicht der Medizinerin auch um einen indirekten Effekt handeln. Es sei möglich, dass Affen mit weniger sozialen Kontakten gestresster sind, was Auswirkungen auf die Häufigkeit von bestimmten Mikroorganismen hat.
Wechselseitige Beziehung zwischen Mikrobiom und Verhalten
Das Verhalten beeinflusst laut Dr. Johnson also nicht nur das Mikrobiom, es gibt auch eine wechselseitige Beziehung, bei der das Mikrobiom das Gehirn und das Verhalten beeinflussen kann.
„Diese Forschungsergebnisse unterstreichen die Tatsache, dass wir uns als Primaten nicht nur in einer sozialen, sondern auch in einer mikrobiellen Welt entwickelt haben“, resümiert Studienautor Professor Dr. Robin Dunbar. Dies sei in unserer Gesellschaft, die zunehmend reale Interaktionen durch Online-Interaktionen ersetzt, besonders wichtig. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Katerina V.-A. Johnson, Karli K. Watson, Robin I. M. Dunbar, Philip W. J. Burnet: Sociability in a non-captive macaque population is associated with beneficial gut bacteria; in: Frontiers in Microbiology (veröffentlicht 11.11.2022), Frontiers in Microbiology
- Frontiers: Having good friendships may make for a healthier gut microbiome (veröffentlicht 11.11.2022), Frontiers
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.