Übergewicht und Adipositas gefährlicher als bisher angenommen
Den meisten Menschen ist heute bewusst, dass Übergewicht und Fettleibigkeit ein Gesundheitsrisiko darstellen, doch wurde das Risiko offenbar dennoch unterschätzt. Ein hoher Body-Mass-Index (BMI) ist noch gefährlicher als bisher angenommen, warnen Experten der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK).
Mit zunehmendem Körpergewicht steigt auch das Risiko, an Herzkreislauf-Leiden zu erkranken, wobei übergewichtige Menschen im Vergleich zu Menschen mit einem normalen BMI ein rund doppelt so hohes Risiko aufweisen, berichtet die DANK unter Berufung auf eine aktuelle Studie, welche in dem Fachmagazin „Lancet Public Health“ veröffentlicht wurde. Die Gesundheitsrisiken durch Übergewicht sind demnach noch weitreichender, als bislang angenommen.
Drastisch erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko
In der aktuellen Studie haben Wissenschaftler des Departments of Epidemiology and Public Health am University College London über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren die Daten von 120.813 Männern und Frauen ausgewertet, berichtet die DANK. Dabei stellten sie fest, dass schon Adipositas Grad eins das Risiko für das Auftreten eines Typ-2-Diabetes, einer koronaren Herzerkrankung sowie eines Schlaganfalls massiv erhöht. „Bei übergewichtigen Personen war es doppelt so hoch, bei Patienten mit einer Adipositas Grad eins bereits fünfmal höher und bei Auftreten einer schweren Adipositas des zweiten und dritten Grades sogar um das 15-fache gestiegen“, so die Mitteilung der DANK.
Verschiedene Ausmaße des Übergewichts
Als übergewichtig gelten Menschen mit einem BMI zwischen 25 und unter 30 kg/m2 und ab einem Wert über 30 sprechen Mediziner von Adipositas (Fettleibigkeit). Letztere wird ihrerseits in verschiedene Schweregrade eingeteilt: Ein BMI zwischen 30 und 35 bildet eine Adipositas Grad eins, ein BMI zwischen 35 und 40 eine schwere Adipositas zweiten Grades und ein BMI über 40 eine besonders schwere Adipositas dritten Grades, erläutern die Experten. Die aktuelle Studie zeige erneut, „wie wichtig weltweit die Bekämpfung von Übergewicht ist und unterstreicht umso mehr die Forderungen nach einer wirkungsvollen bevölkerungsweiten Prävention“, so Dr. Dietrich Garlichs, Sprecher der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten.
Mehr als 700 Millionen Menschen adipös
Auch lasse sich aus den neuen Studienergebnisse die medizinische Notwendigkeit ableiten, Patienten mit Übergewicht und Gefäßerkrankungen frühzeitig auf Diabetes zu untersuchen und die Aufmerksamkeit ebenso auf die Prävention von Gefäßerkrankungen bei übergewichtigen Personen mit Diabetes zu lenken, betont Professor Dr. med. Manfred James Müller, Vorstandssprecher des Kompetenznetzes Adipositas und Vertreter der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. Weltweit hat sich laut Aussage der Experten seit 1980 die Rate der Adipositas in mehr als 70 Ländern verdoppelt. Im Jahr 2015 seien insgesamt 107,7 Millionen Kinder und 603,7 Millionen Erwachsene weltweit adipös gewesen, berichtet die DANK mit Bezug auf eine weitere Studie, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde.
Vier Millionen Todesfälle jährlich durch Übergewicht
Global sind den Angaben der Experten zufolge „etwa vier Millionen Todesfälle auf die Ursache Übergewicht zurückzuführen“, wobei rund 70 Prozent der Todesfälle, die mit einem hohen BMI zusammenhängen, auf das Konto von Herzkreislauf-Erkrankungen gehen. „Diese dramatische Entwicklung zeigt die Dringlichkeit, mit Hilfe einer bevölkerungsweiten, präventiven Gesundheitsförderung und Regulierung, Lebensstile positiv zu beeinflussen und die Zunahme dieser Erkrankungen zu stoppen“, betont Prof. Müller. Das Gesundheitswesen allein sei der Herausforderung Adipositas nicht gewachsen.
Umfassende Maßnahmen gefordert
Als Maßnahmen zur Eindämmung von Adipositas empfiehlt die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten in Anlehnung an die Empfehlungen der Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation (WHHO) vier wesentliche Maßnahmen:
- Steuersenkung für gesunde Lebensmittel mit geringer Energiedichte und geringem Gehalt an Zucker, Fetten oder Salz;
- Steuererhöhung für energiedichte Lebensmittel mit hohem, über den Empfehlungen liegendem Gehalt an Zucker, Fetten oder Salz;
- Verbot für die Werbung ungesunder Lebensmittel und Getränke an Kinder (zumindest insoweit als diese die Nährwertprofile der WHO nicht erfüllen);
- Verpflichtende Kennzeichnung aller Lebensmittel durch ein für alle Bevölkerungsgruppen leicht verständliches, den Gehalt an Zucker, Fett, Salz und Energie klar kennzeichnendes (Ampel-)System.
Insbesondere der letzte Punkt auf der Liste wurde erst jüngst wieder im Zusammenhang mit einer Forsa-Studie im Auftrag der AOK Baden-Württemberg diskutiert, da sich herausstellte, dass viele Eltern offenbar den Zuckergehalt von Lebensmittel für Kinder deutlich unterschätzen. Eine klar Kennzeichnung wäre hier sicher eine große Hilfe. (fp)
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