Krebstherapie: Chemotherapien könnten durch getarnte Nanopartikel deutlich verbessert werden
21.06.2011
Die Krebstherapie könnte durch den Einsatz von Nanopartikeln deutlich verbessert werden. Winzige Kunststoffkapseln können die vorgesehenen Wirkstoffe direkt zu den geschädigten Zellen transportieren, berichten US-Wissenschaftler der University of California, San Diego in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).
Bei den bisherigen Versuchen, Nanopartikel zur Behandlung von Krebserkrankungen einzusetzen, wurden die winzigen Transportkapseln vom Körper stets als Fremdkörper erkannt und dementsprechend vom Immunsystem bekämpft, erklärten die US-Wissenschaftler die Ausgangssituation ihrer aktuellen Forschungen. Die Wirkstoffe der Chemotherapie konnten so nur relativ kurz im Körper verweilen. Daher haben Liangfang Zhang von der University of California und Kollegen die winzigen Kunststoffkapseln mit einem Tarnmantel versehen – die Nanopartikel wurden mit dem Hüllmembran der roten Blutkörperchen überzogen. So konnten die Transportkapseln deutlich länger ihre Wirkung im Organismus entfalten, erklärten die US-Wissenschaftler.
Nanopartikel als Transportkapseln in der Chemotherapie
Bereits seit längerem werden für die Chemotherapie versuchsweise Nanopartikel verwendet, die als Transportmittel der vorgesehenen Wirkstoffe dienen. So können die Präparate direkt im Bereich der Tumore ihre volle Wirkung entfalten. Da die weniger als 100 Nanometer (ein Nanometer entspricht einem millionstel Millimeter) großen, aus gut verträglichem, leicht abbaubaren Kunststoff erstellten Transportkapseln von der Immunabwehr als Fremdkörper erkannt und entsprechend schnell wieder ausgeschieden werden, konnten die bisherigen Verfahren jedoch nur begrenzte Wirkung erzielen. Den US-Wissenschaftlern der University of California ist es nun jedoch gelungen, die Nanopartikel mit einer Schutzhülle aus den Membranen der roten Blutkörperchen zu überziehen und so eine Art Tarnmantel für die Transportvehikel zu generieren. Die Forscher brachten Blutzellen zum Platzen und mischten die leeren Zellhüllen mit Nanopartikeln von rund 70 Nanometer Durchmesser. Das Gemisch aus Nanopartikeln und Zellmembranen wurde anschließend durch einen engporigen Filter gepresst, so dass sich die Zellmembrane eng um die winzigen Transportkapseln hüllten. Auf diese Weise konnte die Immunabwehr die Nanopartikel nicht mehr von den Blutzellen unterscheiden, so dass die winzigen Transportkapseln deutlich länger im Körper verbleiben, berichten Liangfang Zhang und Kollegen.
Getarnte Nanopartikeln verbleiben deutlich länger im Organismus
Im Rahmen ihrer Studie haben die Forscher das neue Verfahren an Mäusen getestet, mit beeindruckendem Ergebnis. Wie beschrieben isolierten die US-Wissenschaftler aus dem Blut von Mäusen rote Blutkörperchen und brachten sie zum Platzen. Anschließend wurden mit Hilfe der Zellmembrane getarnte Nanopartikel hergestellt, die im Körper der Tiere deutlich länger verweilten, als die bisherigen Transportkapseln. Nach er Injektion blieben die Nanopartikeln drei Tage lang im Blut der Mäuse nachweisbar, wohingegen die Verweildauer bei den synthetischen Transportvehikeln nur wenige Stunden betrug, berichten die US-Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“. „Man zieht die Hülle über die Nanopartikel und schon sehen sie wie rote Blutzellen aus“, erklärte Liangfang Zhang. Die US-Forscher betonten, dass ihre Studien der erste Versuch seien, „eine Verabreichungsform für Medikamente zu entwickeln, die eine natürliche Zellmembran mit einem synthetischen Nanopartikel kombiniert“. Zwar müssten für den Einsatz beim Menschen die Tarnhüllen der Nanopartikel direkt aus den Membranen der roten Blutkörperchen des jeweiligen Patienten hergestellt werden, um eine Abstoßung durch das Immunsystems zu vermeiden, doch hierfür reiche die Entnahme einer kleinen Blutprobe vollkommen aus, so die Aussage der US-Forscher.
Optimierung der Chemotherapie durch getarnte Nanopartikel
Durch den Einsatz der Nanopartikel für die Chemotherapie könnte die Behandlung von Krebserkrankungen in Zukunft deutlich verbessert werden, hoffen die US-Wissenschaftler. Denn Medikamente, die sich normalerweise mit dem Blut im ganzen Körper verteilen und daher wegen der drohenden Nebenwirkungen nur in geringen Konzentrationen verwendet werden können, ließen sich mit Hilfe der winzigen Transportkapseln direkt an ihren Zielort transportieren. Damit die Wirkstoffe der Chemotherapie nicht früher freigesetzt werden, erhalten die Oberflächen der Transportkapseln zusätzlich spezielle Bindeproteine, die ausschließlich an den Oberflächenstrukturen der Krebszellen andocken. So werden die Krebsmedikamente erst nach dem Andocken freigesetzt und können direkt in den Tumorzellen ihre volle Wirkung entfalten, berichten die US-Forscher. Die Schädigung gesunder Zellen wird minimiert und das Risiko von Nebenwirkungen sinkt erheblich, so Liangfang Zhang und Kollegen weiter. Da die Wirkung zudem lokal begrenzt sei könne mit wesentlich höheren Konzentrationen gearbeitet werden. Außerdem wäre die Behandlung mit mehreren verschiedenen Präparaten gleichzeitig möglich, da in den Transportvehikeln verschiedenen Wirkstoffe untergebracht werden können, erklärten die US-Forscher. Auf diese Weise könnte mit Hilfe des neuen Verfahrens nicht nur die Effektivität der Chemotherapie deutlich verbessert werden, sondern gleichzeitig würde auch das Risiko von Resistenzen minimiert, so das Fazit von Liangfang Zhang und Kollegen. (fp)
Lesen Sie auch:
Handy-Strahlung verursacht möglicherweise Krebs
Übergewicht kann Krebs begünstigen
Wenn Krebstherapien Krebs verursachen
Bild: med2help / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.