Arzt will den sagenumwobenen G-Punkt der Frau entdeckt haben
26.04.2012
Ob die neusten Forschungsergebnisse des US-amerikanischen Arztes Adam Ostrzenski ernstzunehmen sind, darf bezweifelt werden. Der Experte für kosmetischen Operationen im Vaginalbereich will den G-Punkt – jener sagenumwobene Bereich in der der Vagina, der der Frau die wahre sexuelle Erfüllung bescheren soll – gefunden haben. Jedoch führte er seine Untersuchungen lediglich an einer Leiche durch, einer 83-Jährigen Verstorbenen, die wohl kaum etwas zu ihrem Lustempfinden mitteilen konnte. Der Beweis ist demnach missglückt.
Das G-Punkt Mysterium
1950 beschrieb der deutsche Arzt Ernst Gräfenberg eine erogene Zone in der Vagina, die parallel zur Harnröhre verlaufen und der Frau phantastische Orgasmen bescheren sollte. Die Ausführungen Gräfenbergs, der der Namensgeber des sogenannten G-Punktes ist, fanden jedoch keinen Einzug in die meisten der Anatomiebücher. Es gilt als umstritten, ob eine solche Zone überhaupt existiert. Seither versuchen sich zahlreiche Ärzte und Wissenschaftler an der Aufdeckung des G-Punkt Mysteriums. Bisher ohne Erfolg.
Jüngst berichtete der US-amerikanische Arzt Adam Ostrzenski im „Journal of Sexual Medicine”, dass er das Mysterium aufgedeckt habe und wie ihm dieser Geniestreich gelungen sei. Er obduzierte sage und schreibe nur eine einzige Frauenleiche, in deren Vagina er an der vorderen Wand ein sackähnliche Gebilde gefunden habe, das schwellkörperartige Strukturen enthalte. Es sei etwa einen Millimeter lang und dreieinhalb Millimeter breit. Zum Ende hin verjünge sich die Struktur. Mit diesem Fund war für Ostrzenski klar, dass es sich um den G-Punkt handeln muss. Dass er dabei jeden Beweis schuldig blieb, dass die von ihm identifizierte Struktur in Zusammenhang mit dem Lustempfinden der Frau steht, scheint den Arzt nicht allzu sehr zu stören. Er habe im Gegensatz zu vielen Forschern auch die tieferen Schichten genau seziert. In den USA gilt Ostrzenski als Experte für die weibliche Anatomie. Er ist am kommerziell ausgerichteten Institute of Gynecology in St. Petersburg in Florida tätig und ist auf kosmetische Operationen im Vaginalbereich spezialisiert.
Das G-Punkt-Gen gibt es nicht
Einer weiteren Behauptung Ostrzenskis zufolge, existiere ein bereits identifiziertes Gen, das im Zusammenhang mit dem G-Punkt stehen soll, das sogenannte G-Punkt-Gen. Diese These stützt er in seinem Fachartikel auf eine Studie, die belegen soll, dass das besagte Gen auch in sogenannten Microarrays integriert sei. Bei genauer Betrachtung der Studie fällt jedoch auf, dass zwar ein Genchip und der G-Punkt erwähnt werden, jedoch ist damit etwas ganz anderes gemeint. Die Gen-Spots sind kurze DNA-Sequenzen, die mindestens vier Guanin-Basen enthalten. Ein Lust- oder G-Punkt-Gen taucht dort nicht auf.
In seinen Ausführungen schildert Ostrzenski den G-Punkt nicht wie einst Ernst Gräfenberg parallel zur Harnröhre verlaufend sondern in einem Winkel von 35 Grad zu dieser ausgerichtet. Das untere Ende der erogenen Zone befinde sich nur drei Millimeter von der Harnröhre entfernt, das obere 15 Millimeter. Das Gebilde habe sackähnlich ausgesehen und sei von einer bindegewebsartigen Schicht umgeben gewesen. Innerhalb der Struktur seien bläuliche, traubenförmige Gebilde zu beobachten gewesen, ähnlich Schwellkörpern im Bereich der Klitoris.
Die Direktorin der Frauenklinik der Technischen Universität München, Marion Kiechle, berichtet gegenüber der Nachrichtenagentur „dapd“, dass es bereits zahlreiche Versuche gegeben hätte, um die Existenz des G-Punktes anatomisch und funktionell zu beweisen. „Besonders hartnäckig wird diese Diskussion von denjenigen geführt, die selbst Unterspritzungen, Vergrößerungen, Verlagerungen des vermuteten G-Punktes anbieten und damit suggerieren, es sei möglich, durch diese Eingriffe die Qualität des sexuellen Erlebens zu steigern”, kritisiert Kiechle. Ostrzenskis Untersuchung würden keine neuen Erkenntnisse beinhalten. (ag)
Lesen Sie auch:
Pille verändert Partnerwahl und Beziehung
Treue in Partnerschaften sehr wichtig
Gehirnaktivität beweist lebenslange Liebe
Studie: Liebe ist wie eine Sucht
Liebeskummer dauert 19 Monate
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.