Grüner Star: Glaukom wird oft zu spät erkannt
21.05.2014
Fast eine Million Menschen in Deutschland leben mit Grünem Star. Betroffene haben einen erhöhten Augeninnendruck, bemerken dies meistens jedoch nicht. Wird das Glaukom zu spät erkannt, kann die Erkrankung zur Erblindung führen.
Knapp eine Million Menschen in Deutschland betroffen
Knapp eine Million Menschen sind dem Berufsverband der Augenärzte (BVA) zufolge von einem Glaukom, im Volksmund auch Grüner Star genannt, betroffen. Bei rund 1,3 Millionen sei ein Frühstadium zu erkennen. Einer der an der Erkrankung leidet, ist Dennis Riehle aus Konstanz, bei dem das übliche „Schnell links gucken, schnell rechts und rüber“ beim Straße überqueren nicht mehr klappte. Er musste beim Blick nach rechts den Kopf stark drehen und sich sehr konzentrieren. „Bis heute fühle ich mich unsicher an einer Straße und habe Angst, dass ich etwas übersehe“, so der 29-Jährige laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa.
Erhöhter Augeninnendruck als Hauptursache
Bei Grünem Star sind die Nervenfasern und -zellen des Sehnervs sowie der Netzhaut geschädigt. Denjenigen, die an der Krankheit leiden, kommt es vor, als sei ein Teil des Blickfelds wie ausradiert. Das Problematische daran ist, dass Betroffene solche Ausfälle anfangs kaum merken und dass sie schleichend und zunächst am äußeren Gesichtsfeld auftreten. Professor Hans Hoerauf vom BVA erklärte: „Das Gehirn füllt die Lücken des Bildes auf.“ Die Ausfälle werden mit der Zeit aber immer größer. Ein erhöhter Augeninnendruck ist der Hauptgrund für den Grünen Star. Es braucht einen bestimmten Innendruck um Form und Sehfunktion des Auges zu erhalten. Laut dem Augencentrum Mühlheim wird dieser Druck durch ein Gleichgewicht zwischen produziertem und abfließendem Kammerwasser erzeugt. Im Laufe des Lebens werde dieses System aber weniger durchlässig und der Sehnerv empfindlicher. Die Produktion des Kammerwassers bleibe zwar gleich, der Abfluss jedoch werde behindert. Der Augeninnendruck steigt an und daher nimmt das Risiko für ein Glaukom mit dem Alter zu.
Unterschiedliche Risikofaktoren
In der Vergangenheit sah man allein den erhöhten Augeninnendruck ab 21 mmHg (Kurzbezeichnung für die Maßeinheit Millimeter Quecksilbersäule) als Auslöser. Das gilt heute als überholt, da auch Patienten, die einen Druck unterhalb dieser Grenze haben, an einem Glaukom erkranken. Außerdem entwickeln manche Menschen, die einen höheren Wert haben, kein Glaukom. „Wachsam sollte man auch sein, wenn Verwandte ersten oder zweiten Grades wie Eltern, Geschwister oder Großeltern unter einem Glaukom leiden“, so Hoerauf. Bei Dennis Riehle beispielsweise hatten alle Großeltern einen Grünen Star. Gefährdet sind auch stark Kurzsichtige ab minus fünf Dioptrien und Menschen mit Diabetes mellitus. Zu den Risikofaktoren zählen zudem ein von der Norm abweichender Blutdruck (vor allem ein zu niedriger Blutdruck oder starke Blutdruckschwankungen) sowie Durchblutungsstörungen. Durchblutungsstörungen des Sehnervs können sich zum Beispiel durch Migräne oder Tinnitus bemerkbar machen. Meist gibt es nicht nur eine einzige Ursache, die die Nervenfasern des Sehnervs schädigen.
Glaukom-Früherkennung beim Augenarzt
Hoerauf meint: „Jeder Mensch sollte ab dem 40. Lebensjahr alle vier Jahre die Glaukom-Früherkennung beim Augenarzt wahrnehmen.“ Diejenigen, die familiär vorbelastet sind, sollten den Check-up ab dem 30. Lebensjahr einmal im Jahr machen lassen. Der Augenarzt misst bei der Vorsorge nicht nur den Augeninnendruck, sondern sieht sich auch den Sehnervkopf genau an. Wenn er einen Glaukomverdacht hat, sind weitere Untersuchungen der Nervenfaserschichtdicke und der Hornhautdicke sinnvoll. Letztere spielt bei der Messung des Augeninnendrucks eine wichtige Rolle, da eine dickere Hornhaut einen zu hohen Druck vortäuscht und eine dünne Hornhaut einen zu niedrigen. Allerdings werden diese schmerzfreien Vorsorgeuntersuchungen nicht von der Krankenkasse bezahlt. „Es ist im eigenen Interesse, ein Glaukom so früh wie möglich zu erkennen“, so Angelika Ostrowski vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband in Berlin.
Grüner Star kann zur Erblindung führen
Wenn ein Grüner Star nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird, können die Schäden am Sehnerv fortschreiten und bis zur Erblindung führen. Bereits entstandene Schäden können nicht geheilt werden aber die Chancen, der Erkrankung Einhalt zu gebieten, sind gut. Das Glaukom wird mit Augentropfen behandelt, mit denen der Augeninnendruck gesenkt wird. Wirkstoffe sind Prostaglandine, Carboanhydrasehemmer oder Betablocker, die je nach Patient auch kombiniert werden können. Allerdings reagieren viele Betroffene allergisch auf Wirkstoffe beziehungsweise Konservierungsstoffe in den Mitteln. Auch bei dem Patienten Riehle sei dies so gewesen. Er erinnert sich: „Die Augen wurden knallrot, und es hat wahnsinnig gebrannt.“ Bis er ein Mittel fand, das er vertrug, probierte er vier Augentropfen. Zudem kommt es vor, dass trotz des probaten Mittels der Augeninnendruck dennoch nicht sinkt, da manche unwissend falsch tropfen. „Man sollte den Augenarzt bitten, es einem zu zeigen“, empfiehlt Ostrowski. Augenarzt Hoerauf rät: „Nach dem Tropfen sollte man eine halbe Minute nicht mit den Augen blinkern, sondern die Augen am besten schließen.“
In manchen Fällen kann Operation sinnvoll sein
Man solle außerdem den Tränen-Nasengang, an der Nasenwurzel direkt am Auge, zuhalten. „So wirken die Tropfen besser“, erklärte Hoerauf. Zudem empfiehlt Ostrowski, die vorgegebenen Zeiten des Tropfens einzuhalten. „Auch sollte man die Kontrolluntersuchungen beim Arzt im Blick behalten.“ Wenn die Medikamente nicht ausreichend wirken, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Bei dem Konstanzer Riehle konnte der Augeninnendruck mit den Tropfen zwar deutlich gesenkt werden; er erklärte aber trotzdem: „Keiner kann mir sagen, wie es weitergehen wird. Prognosen sind nicht möglich.“ Der 29-Jährige engagiert sich in einer Selbsthilfegruppe für den Bundesverband Glaukom-Selbsthilfe. Man gebe sich dort Tipps, wie man mit den Einschränkungen umgeht. „Ich habe ein anderes Verständnis für das Sehen bekommen“, sagte Riehle. (sb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.