Versorgung von Privat- und Kassenpatienten laut Landesärztekammer gleichwertig
04.08.2013
Als Reaktion auf die Untersuchung von Wartezeiten bei der Vergabe von Arzt-Terminen setzt sich die Landesärztekammer Hessen zu Wehr. Der Hintergrund: Eine von der Kasseler Bundestagsabgeordneten Nicole Maisch (Grüne) in Auftrag gegebene Untersuchung war zu dem Ergebnis gekommen, dass Kassenpatienten im Schnitt 20 Tage länger auf einen Termin beim Facharzt warten müssten als privat Versicherte.
„Keine Qualitätsunterschiede in der Behandlung von Privat- und Kassenpatienten“
Laut der hessischen Landesärztekammer könnten aus diesen Ergebnissen jedoch keinesfalls voreilige Schlüsse gezogen werden, vielmehr verhalte es sich laut dem Ärztekammerpräsidenten Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach so, „dass in Deutschland keine Qualitätsunterschiede in der Behandlung von Privat- und Kassenpatienten bestehen.“ Entgegen der Ergebnisse der Untersuchung sei nach von Knoblauch zu Hatzbach zudem zu bedenken, dass deutsche Patienten im Vergleich zu Patienten in anderen EU- und OECD-Staaten „den freiesten Zugang zu Ärzten und Krankenhäusern wie auch zu medizinischen Innovationen“ hätten und dies vor allem „unabhängig vom Versichertenstatus“.
Einschränkungen im Servicebereich durch Kostendruck in den Praxen?
Einschränkungen könne es jedoch unter Umständen im Bereich Service geben, räumt von Knoblauch zu Hatzbach ein – dies sei jedoch damit zu begründen, dass es keinen generellen Anspruch seitens der Patienten auf einen sofortigen Termin gäbe. In diesem Zusammenhang sei auch der Kostendruck in den Praxen eine mögliche Erklärung für die unterschiedliche Wartezeit bei der Terminvergabe, denn laut dem Mediziner sei die ambulante Versorgung seit Jahren unterfinanziert: „Wenn Vertragsärzte ihre wirtschaftliche Existenz allein durch die Behandlung von Kassenpatienten bestreiten müssten, wären viele zur Aufgabe ihrer Praxis gezwungen“, so der Kammerpräsident weiter.
Große regionale Unterschiede bei der Terminvergabe
Für die Untersuchung im Auftrag der Grünen-Politikerin Nicole Maisch hatten Tester in den letzten zwei Monaten hessenweit 470 Facharztpraxen in kurzen Abständen angerufen, um einen Termin zu vereinbaren – dabei wurde sich je einmal als gesetzlich und einmal als privat versicherter Patient ausgegeben. Das Ergebnis: Zum einen mussten Kassenpatienten deutlich länger auf einen Arzttermin warten als Privatpatienten, zum anderen wurden auch große regionale Unterschiede deutlich: So hatten Kassenpatienten in Hanau durchschnittlich 36 Tage länger warten müssen als die Privatpatienten, während die Differenz in Wiesbaden nur elf Tage betrug. Laut Nicole Maisch habe diese Erhebung gezeigt, „dass Kassenpatienten bei der Terminvergabe ganz klar benachteiligt werden“, was der Politikerin nach „nicht hinnehmbar“ sei, da ihrer Ansicht nach „die längeren Wartezeiten für Kassenpatienten an wirtschaftlichen Fehlanreizen im System“ liegen würden.
Ärztemangel und steigende Morbidität verantwortlich für terminliche Auslastung
Laut von Knoblauch zu Hatzbach würde sich die aktuelle Studie damit in ähnliche Untersuchungen einreihen, „die vor allem eines deutlich machen: die terminliche Auslastung niedergelassener Ärzte.“ Hierfür seien dem hessischen Ärztekammerpräsidenten nach vor allem der zunehmende Ärztemangel, aber auch „eine veraltete Bedarfsplanung und die steigende Morbidität in der Bevölkerung für volle Wartezimmer und für Wartezeiten bei der Terminvergabe verantwortlich.“
Keine Zweiklassenmedizin nach Ansicht der hessischen Ärztekammer
Nach Ansicht des hessischen Ärztekammerpräsidenten könne dabei jedoch nicht von einer Zweiklassen-Medizin gesprochen werden, stattdessen würden Ärzte Termine nach medizinischen Gesichtspunkten vergeben – „und dies unabhängig davon, ob ein Patient privat oder gesetzlich krankenversichert ist“, so der Facharzt für innere Medizin weiter. Demnach würde jeder Patient in ernster oder gar lebensbedrohlicher Lage sofort untersucht, in anderen Fällen bestünde jedoch für Ärzte keine Pflicht, jeden Patienten sofort zu behandeln, vielmehr erfolge die Terminvergabe hier entsprechend der Zeitplanung der jeweiligen Praxis. Laut von Knoblauch zu Hatzbach würde auch die Landesärztekammer lange Wartezeiten als „unbefriedigend“ erachten, doch die Situation ließe sich nur verändern, „wenn die Ursachen der Probleme an der Wurzel gepackt werden“, so von Knoblauch zu Hatzbach weiter. (nr)
Bild: Gerd Altmann/ Gerold Meiners / pixelio.de
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