Die Bausteine des Glücks bekämpfen Krankheiten
Lachen ist die beste Medizin – so wird es schon lange im Volksmund behauptet. Kein Wunder, denn wer lacht ist glücklich und wer glücklich ist, schüttet Glückshormone aus. Ein internationales Forscherteam entdeckte kürzlich, dass ein Baustein der Glückshormone tatsächlich unser Immunsystem stärkt und sogar zur Bekämpfung von Krankheiten beiträgt.
Forschende des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) und des Boston Children’s Hospital in Harvard zeigten kürzlich einen völlig neuartigen Weg zur Bekämpfung von Autoimmunkrankheiten, Asthma, Allergien und sogar Krebs. Im Mittelpunkt der Forschung steht ein Baustein, mit dem der Körper die Glückshormone Serotonin und Dopamin herstellt. Das Studienteam entdeckte, dass dieser Baustein auch die Abwehrzellen des Immunsystems aktiviert. Die Ergebnisse der Arbeit sind kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Nature“ erschienen.
Was haben Killerzellen und Glückshormone gemeinsam?
Sowohl die Killerzellen (T-Zellen) unseres Immunsystems als auch Serotonin und Dopamin benötigen den gleichen Baustein, um zu funktionieren. Das internationale Forscherteam identifizierte das Glückshormon-Molekül Tetrahydrobiopterin (BH4) als grundlegenden Aktivator unserer Abwehrzellen. „Das faszinierende an unserer Entdeckung ist, dass ein System, das eigentlich aus der Neurobiologie bekannt ist, eine derartige Schlüsselrolle für die Immunabwehr bei T-Zellen einnehmen kann,“ erläutert IMBA-Direktor Josef Penninger in einer Pressemitteilung.
Eigenständig Krebs bekämpfen
Wozu der Körper in der Lage ist, zeigte kürzlich ein neuer Ansatz, bei dem das eigene Immunsystem gezielt aktiviert wird, um eigenständig Krebszellen im Körper zu bekämpfen. Diese Erkenntnisse wurden mit dem Nobelpreis für Medizin geehrt. Um das Wissen über die Immunabwehr, dessen Aktivierung und über die beteiligten Stoffwechselvorgänge zu vertiefen, untersuchte das Team um Penninger die Biologie von Immunzellen genauer und erkannte neuartige Möglichkeiten für vielseitige medizinische Anwendungen.
Völlig neue und breite Anwendungensmöglichkeiten
„Dieser neue Ansatz verknüpft zwei völlig verschiedene Systeme in unserem Körper und unterscheidet sich von allen bisher bekannten Immun-Checkpoints“, so Penninger. Dies eröffne eine breite Palette an Therapiemöglichkeiten, die beispielsweise gegen chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Asthma, Multiple Sklerose, Arthritis, Allergien, Hauterkrankungen oder Krebs eingesetzt werden können.
BH4 macht die Soldaten des Immunsystems gefechtsbereit
BH4 ist Wissenschaftlern schon länger bekannt. Man weiß, dass das Molekül an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt ist. Neu ist allerdings, dass BH4 auch das Wachstum von T-Zellen kontrolliert, die als „Soldaten unseres Immunsystems“ fungieren. Dieser Prozess geschieht den Forschenden zufolge über den Eisenstoffwechsel. Dies sei auch der Grund, warum Menschen mit Eisenmangel oder Blutarmut (Anämie) häufig an Immunproblemen leiden.
Wie unsere Immunabwehr funktioniert
Das IMBA-Forschungsteam erklärt den Abwehrprozess unseres Immunsystems genauer: „T-Zellen patrouillieren quer durch unseren Körper und enttarnen Krankheitserreger oder entartete Zellen, die zu Tumoren werden könnten.“ Wenn es zu einer solchen Begegnung komme, werden die T-Zellen durch das BH4 aktiviert: Sie beginnen sich zu vervielfältigen und starten die Bekämpfung. Hierbei könne es allerdings zu Fehldeutungen kommen, denn falsch aktivierte T-Zellen beginnen, die körpereigenen Zellen anzugreifen. Aus diesem Ereignis können allergische Reaktionen und Autoimmunerkrankungen entstehen.
Gezielte Steuerung des Immunsystems
„Autoimmunerkrankungen und Allergien gehören zu den häufigsten ansteigenden Erkrankungen weltweit und Therapien werden dringend benötigt“, betont Penninger. Bei dem neuen Ansatz gegen Autoimmunkrankheiten soll BH4 gezielt gehemmt werden, damit die T-Zellen nicht in einen ständigen Angriffsmodus versetzt werden. Dadurch würden sie aufhören, gesundes Gewebe zu zerstören oder chronische Entzündungen hervorzurufen. Erste klinische Tests des neuen Wirkstoffes QM385, der BH4 hemmen soll, stehen bereits in den Starlöchern.
Zur Krebsbekämpfung wird der Prozess umgekehrt
Bei Krebserkrankungen ist genau das Gegenteil der Fall: Hier könne eine Förderung des BH4 dazu beitragen, dass das Immunsystem Krebszellen besser aufspürt und gezielter bekämpft. Erste Tests an Mäusen zeigten bereits, dass BH4 den Nagern bei der Tumorbekämpfung hilft. „Wenn man es schafft, Querverbindungen verschiedener biologischer Systeme im Körper zu finden, wie in diesem Fall dem Nervensystem und dem Immunsystem, kann man manchmal erstaunliche Entdeckungen machen“, resümiert das Forschungsteam ihre Erkenntnisse. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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