Gesundheitsminister widerspricht dem BÄK-Präsident
17.05.2012
Entgegen der Einschätzung der Bundesärztekammer ist laut einer aktuellen Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministers die Öffnungsklausel in der neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nicht vom Tisch. Die Öffnungsklausel der GOÄ würde den privaten Krankenversicherungen (PKV) ermöglichen, direkt mit einzelnen Ärzten oder Arztgruppen Versorgungsverträge abzuschließen.
Bei der GOÄ ist nach fast 30 Jahren eine Neufassung überfällig, nicht zuletzt da der medizinisch-technische Fortschritt der vergangen Jahre hier keine Berücksichtigung findet. Die von der PKV geforderte Öffnungsklausel war bei den Gesprächen zu der neuen GOÄ bisher einer der Hauptstreitpunkte. Zuletzt hatten sich die Bundesärztekammer (BÄK) und der Verband der Privaten Krankenversicherung jedoch offenbar auf eine neue Gebührenordnung ohne Öffnungsklausel geeinigt. Der BÄK-Präsident Dr. Frank Ulrich Montgomery erklärte am Montag in Berlin, dass auch von Seiten des PKV-Verbandes bei der Reform der Amtlichen Gebührenordnung nicht länger über eine Öffnungsklausel verhandelt werden solle. Der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) widerspricht nun jedoch den Aussagen von Montgomery und ließ über einen Sprecher des Ministeriums gegenüber der „Ärzte Zeitung“ mitteilen, dass „die Äußerungen von Montgomery, die Öffnungsklausel sei vom Tisch nicht zutreffend“ ist.
Ministerium entscheidet am Ende über die Vertragskompetenz der PKV
Scheinbar haben sich der Präsident der BÄK und auch der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschland (NAV Virchow-Bund) über das vermeintlich positive Ergebnis der Verhandlung mit dem PKV-Verband zu früh gefreut. Lobte der NAV-Bundesvorsitzende noch am Dienstag „den Fortschritt der Verhandlungen zwischen der Bundesärztekammer und dem Verband der Privaten Krankenversicherung“ und forderte jetzt zügig eine Novellierung der GOÄ umzusetzen, so lässt die aktuelle Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums nun jedoch Zweifel an der vermeintlichen Einigung zwischen BÄK und PKV-Verband aufkommen. Dass sich die Beteiligten auf eine gemeinsame betriebswirtschaftliche Basis und spezifische Qualitätskriterien für eine neue GOÄ ohne Öffnungsklausel geeinigt haben, wird zwar zur Kenntnis genommen, doch das Ministerium entscheide erst am Ende der Verhandlungen darüber, welche Vertragskompetenzen der PKV eingeräumt werden. Vorab müssen die Bundesärztekammer und der PKV-Verband dem Ministerium ein offizielles Verhandlungsergebnis vorlegen, wobei die Einigung über die Öffnungsklausel nur eine nachgelagerte Rolle spiele. Vielmehr hänge die Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums über die Vertragskompetenzen der PKV „von der Grundkonzeption des Verhandlungsergebnisses ab“, so der Sprecher des Ministeriums weiter.
Verband der niedergelassenen Ärzte fordert rasche Neufassung der GOÄ
Nach Ansicht des NAV Vorsitzenden Dr. Dirk Heinrich ist bei der Novellierung der GOÄ Eile geboten, da „endlich klare Abrechnungsregeln im Sinne eines funktionierenden Verbraucherschutzes und für mehr Rechtssicherheit für die Ärzte“ erforderlich seien. „Es kann nicht sein, dass moderne Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf der Grundlage eines völlig veralteten Gebührenverzeichnisses abgerechnet werden müssen“, kritisierte Heinrich. Da nach der Einigung der Privatversicherer und Ärzte „die größten Steine aus dem Weg geräumt“ sind, stehe „einer neuen Gebührenordnung noch in dieser Legislaturperiode nichts mehr im Weg“, so die Einschätzung des NAV-Bundesvorsitzenden in der Pressemitteilung vom Dienstag. Laut Dr. Heinrich liegt „der Ball im Feld des Bundesgesundheitsministeriums“ und Minister Bahr müsse nun „die GOÄ-Reform zur Chefsache machen.“ Angesichts der schwierigen Verhandlungen steht der BÄK-Präsident Dr. Frank Ulrich Montgomery einer zeitnahen Neufassung der GOÄ indes eher skeptisch gegenüber. Er rechne vor den Bundestagswahlen 2013 maximal mit einem gemeinsamen Entwurf, jedoch keinesfalls mit einem Beschluss der neuen GOÄ, so die Aussage von Montgomery.
Öffnungsklausel in der GOÄ von der PKV bisher stets gefordert
Dass die PKV offenbar freiwillig auf weitere Verhandlungen zu der geforderten Öffnungsklausel verzichtet, scheint leicht fragwürdig, da bisher stets die elementare Bedeutung dieser Vertragskompetenz für die Privatversicherer betont wurde. Die privaten Krankenversicherungen erhofften sich von der Möglichkeit zu direkten Vertragsverhandlungen mit den Ärzten eine deutliche Steigerung der Qualität bei gleichzeitig verbesserter Kostenkontrolle. Ausdrücklich wurde dabei betont, dass die Vergütung der Ärzte nicht unter die betriebswirtschaftliche Basis gedrückt werden solle. Dies genau befürchteten jedoch die Ärzte, da die Verhandlungsposition einzelner Mediziner gegenüber den Privatversicherern äußerst schwach ausgefallen wäre. Entsprechen stark war der Widerstand von Seiten der Ärzte. (fp)
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