Grizzlys werden im Winterschlaf vorübergehend zu Diabetikern
06.08.2014
Grizzlybären entwickeln während ihres Winterschlafes eine Art Diabetes, wie Forscher aus den USA berichten. Vorher, wenn sie sich den Winterspeck anfressen und sehr dick werden, sind sie jedoch frei von Symptomen. Und nach der Ruhepause seien sie wieder „geheilt“. Fettleibigkeit müsse demnach nicht zwangsläufig zu Diabetes führen.
Diabetes während Winterschlaf – davor und danach nicht
Grizzlybären entwickeln eine Art Diabetes während sie ihren Winterschlaf halten, kurz davor allerdings nicht. Die Tiere seien zwar im Herbst sehr dick, aber symptomfrei. Doch nur wenige Wochen darauf sind sie während des Winterschlafs dann diabetisch. Dies berichten Forscher im Fachjournal „Cell Metabolism“. Demnach seien die Tiere beim Aufwachen im Frühling wieder „geheilt“. Wie die Wissenschaftler schreiben, führe Fettleibigkeit (Adipositas) nicht zwangsläufig zu Diabetes.
Übergewicht als Hauptursache für Diabetes
Für Diabetes Typ 2 kennzeichnend ist, dass der Körper kaum noch auf das Hormon Insulin anspricht, was als Insulinresistenz bezeichnet wird. An erster Stelle der angenommen Ursachen stehe Übergewicht. Doch auch genetische Veranlagung, Hoher Blutzucker und Bewegungsmangel könnten zu der Krankheit führen. Bei Grizzlybären wollte die Gruppe um Kevin Corbit vom Biotechkonzern Amgen Inc. in Thousand Oaks (US-Bundesstaat Kalifornien) herausfinden, wie sie sich Winterspeck anfressen können, ohne zu erkranken.
Im Gegensatz zu Menschen ändert sich bei Bären Insulinlevel im Blut nicht
Wie die Forscher erläuterten, wurde vermutet, dass der Bärenkörper den Stoffwechsel über die Menge des Insulins regelt, das die Bauchspeicheldrüse ausschüttet. Bei Bären ändert sich das Insulinlevel im Blut, anders als beim Menschen, jedoch nicht. Sowohl die Menge an Insulin im Blut als auch die Höhe des Blutzuckerspiegels blieben während der aktiven Zeit wie auch während des Winterschlafs in etwa gleich hoch. Laut den Wissenschaftlern reagiert der Körper beim Winterschlaf stattdessen kaum noch auf Insulin. Wie Corbit und Kollegen schreiben, seien die Bären noch kurz vor dem Winterschlaf, wenn sie im Jahresverlauf am meisten Fett besäßen, sehr empfänglich für Insulin.
Bis zu sieben Monate von den Fettreserven zehren
Ein Protein namens PTEN schalte demnach die Empfindlichkeit der Fettzellen für Insulin quasi ab, so dass der Körper ungestört Fettabbau betreiben könne. Im Frühling sei der Körper dann wieder für Insulin empfänglich. Die Forscher hatten von mehreren Grizzlys (Ursus arctos horribilis) verschiedenen Alters und beiderlei Geschlechts im Oktober, Januar und Mai – also vor, während und nach dem Winterschlaf – Gewebeproben aus Speck, Leber und Wadenmuskel genommen. Dabei wurde festgestellt, dass die Bären Energie für den Winterschlaf ausschließlich im Fettgewebe speichern und nicht in Leber und Muskeln wie viele fettleibige Tiere anderer Arten. Bis zu sieben Monate halten Grizzlybären Winterschlaf. In der Zeit zehren sie ausschließlich von ihren Fettreserven. Ihre Körpertemperatur halten die Tiere dabei nahezu am Normalwert.
Therapien müssten Einzelsituationen besser berücksichtigen
Die Forscher schreiben, dass die Ergebnisse ein weiteres Mal zeigten, wie komplex das Zusammenspiel von Übergewicht und Diabetes sei und ein Beleg dafür seien, dass beide Phänomene keineswegs, wie lange angenommen, immer Hand in Hand gingen. So könne bei manchen Patienten der zelluläre Mechanismus, der sie dick werden lasse, vor Diabetes schützen, beispielsweise eine geringe Menge des Proteins PTEN. Bei anderen Menschen wiederum könne der zu Diabetes führende Zellmechanismus gleichzeitig der Faktor sein, der sie vor Übergewicht schütze. Den Wissenschaftlern zufolge müssten Therapien die Einzelsituationen besser berücksichtigen.
Enzym ist wahrscheinlich für Erkrankung verantwortlich
Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und den USA hatten erst Anfang Juli in der Fachzeitschrift „Cell“ berichtet, dass wahrscheinlich vielfach das Enzym Hämoxygenase-1 (HO-1) dafür verantwortlich ist, dass übergewichtige Menschen an Diabetes erkranken und nicht Körpergewicht, Bauchfettmenge oder Fettanteil. Demnach entwickeln Menschen mit niedriger HO-1-Aktivität selten Folgeerkrankungen und Menschen mit hohem HO-1-Spiegel haben dagegen häufiger Diabetes. Einblicke in die Stoffwechselzusammenhänge hatten Untersuchungen an Mäusen geliefert. So nahmen zwar Tiere, bei denen HO-1 in den Fresszellen des Immunsystems, den Makrophagen, genetisch abgeschaltet war, zu wie normale Mäuse mit intaktem Enzym. Allerdings entwickelten sie trotz Übergewicht weder Diabetes noch eine Fettleber, sondern blieben gesund und lebten so lange wie Artgenossen mit Normalgewicht. (ad)
Bild: Daniel Krafczyk / pixelio.de
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