Bundesverfassungsgericht weist Eilantrag eines Tabakherstellers ab
Karlsruhe (jur). Die EU-Tabakrichtlinie kann pünktlich auch in Deutschland in Kraft treten. Mit einem am Freitag, 20. Mai 2016, veröffentlichten Beschluss wies das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den Eilantrag eines Herstellers gegen das Tabakerzeugnisgesetz ab (Az.: 1 BvR 895/16). Damit ist der Weg für die „Schockfotos“ auf den Schachteln und Einschränkungen bei den Zusatzstoffen frei.
Die EU-Richtlinie wurde bereits 2014 beschlossen. Deutschland hat sie erst auf den letzten Drücker mit dem Tabakerzeugnisgesetz vom 4. April 2016 umgesetzt. Das Gesetz trat am 20. Mai 2016, dem letzten Tag der Umsetzungsfrist, in Kraft. Bis dahin noch nach den alten Regelungen hergestellte Tabakprodukte dürfen noch ein weiteres Jahr bis zum 20. Mai 2017 verkauft werden.
Die neuen Regelungen sehen insbesondere größere Warnhinweise mit Fotos vor, auf denen durch das Rauchen verursachte Gesundheitsschäden abgebildet sind, etwa Raucherlungen oder kaputte Zähne. Damit Zigaretten nicht zu Taschengeldpreisen angeboten werden können, muss eine Schachtel mindestens 20 Zigaretten enthalten. Menthol und andere Zusatzstoffe werden verboten, wenn sie den Tabakgeschmack deutlich überlagern und einer Zigarette so einen „charakterisierenden Geschmack“ geben. Zudem werden die Regelungen für E-Zigaretten verschärft.
Mit Urteil vom 4. Mai 2016 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Tabakrichtlinie bestätigt (Az.: C-358/14 und weitere; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Menthol und andere Aromen sollten das Rauchen angenehmer machen und den Einstieg in den Nikotinkonsum erleichtern. Dies stehe dem europaweiten Ziel entgegen, den Tabakkonsum zu verringern. Zudem seien die einzelnen EU-Staaten sehr unterschiedlich mit diesem Problem umgegangen. Daher sei eine einheitliche Regelung für den gesamten EU-Binnenmarkt gerechtfertigt.
Mit seinem Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht wollte ein Tabakhersteller nun die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland zumindest vorläufig stoppen. Er wendet sich insbesondere gegen die „Schockfotos“ sowie das Verbot „charakterisierender“ Zusatzstoffe. Dadurch würden seine Berufs- und Unternehmensfreiheit, seine Meinungsfreiheit und weitere Grundrechte verletzt.
Das Bundesverfassungsgericht wies den Eilantrag ab. Es verwies dabei auf die Rechtsprechung des EuGH und schloss sich dessen Begründung weitgehend an. Die Regelungen dienten dem wichtigen Ziel des Abbaus von Markthemmnissen im EU-Binnenmarkt. Weiteres Ziel sei der Gesundheitsschutz „und damit ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel von Verfassungsrang“.
Diese Ziele könnten die Eingriffe in die Rechte der Hersteller rechtfertigen, betonten die Karlsruher Richter. Dabei seien die Hürden für die Aussetzung eines Gesetzes im Eilverfahren besonders hoch. „Dieser Maßstab ist noch zu verschärfen, wenn eine einstweilige Anordnung begehrt wird, durch die der Vollzug einer Rechtsnorm ausgesetzt werden soll, die zwingende Vorgaben des Unionsrechts in das deutsche Recht umsetzt“, heißt es in dem Karlsruher Beschluss vom 18. Mai 2016.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Gesetz setze daher voraus, dass dem Antragsteller „ein besonders schwerwiegender und irreparabler Schaden droht“. Solche „nicht wieder gutzumachende und existenzbedrohende Schäden“ habe der Tabakhersteller nicht darlegen können. mwo
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