Migräne ist nicht nur durch schwere Kopfschmerzen gekennzeichnet, sondern viele Betroffene leiden auch unter einer extremen Lichtempfindlichkeit. Wissenschaftler der Harvard Medical School fanden jetzt allerdings heraus, dass eine bestimmte Bandbreite grünen Lichts hiervon nicht betroffenen ist und dass dieses Licht sogar eine Reduzierung der Migräne-Kopfschmerzen bewirken kann.
Rund 15 Prozent der Weltbevölkerung leiden laut Aussage der Forscher unter Migräne-Kopfschmerzen, wobei diese häufig durch Licht verstärkt werden und mit einer extremen Lichtempfindlichkeit einhergehen. Viele Betroffene ziehen sich daher in ein abgedunkeltes Zimmer zurück, bis die akute Attacke vorüber ist. Allerdings konnte das Forscherteam um Rami Burstein von der Harvard Medical School in seiner aktuellen Untersuchung nachweisen, dass die Exposition gegenüber einem schmalen Spektrum von grünem Licht die Lichtempfindlichkeit und die Kopfschmerzen reduziert. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in dem Fachmagazin „Brain“ veröffentlicht.
Zusammenhang zwischen Lichtempfindlichkeit und Migräne
Mehr als 80 Prozent der Migräneattacken stehen im Zusammenhang mit Lichtempfindlicheit und werden durch diese verstärkt, erläutern die Forscher. „Viele Migränepatienten suchen daher den Komfort der Dunkelheit und isolieren sich von Arbeit, Familie und Alltag“, so Studienleiter Burstein. Obwohl die Lichtempfindlichkeit in der Regel weniger belastend sei als die Kopfschmerzen selbst, könne die Unfähigkeit, Licht zu ertragen, Betroffene zusätzlich stark einschränken.
Sogar blinde Migräne-Patienten reagieren auf blaues Licht
Die Forscher waren vor fünf Jahren auf die überraschende Entdeckung gestoßen, dass blaues Licht sogar bei blinden Migräne-Patienten eine Reaktion bedingt. So kamen sie nach eigenen Angaben auf den Gedanken, dass die abnorme Lichtempfindlichkeit bei Migräne-Patienten durch Blockierung des blauen Lichts gelindert werden könnte. Sie unternahmen weitere Untersuchungen an Patienten, die nicht alle Farben des Lichts erkennen konnte und „entwickelten eine Möglichkeit, die Auswirkungen von verschiedenen Farben des Lichts auf Kopfschmerzen bei Patienten ohne Sehbehinderung zu studieren“, berichtet die Havard Medical School in einer Pressemitteilung von den Studienergebnissen.
Schmerzen bei grünem Licht um 20 Prozent reduziert
Im Rahmen ihrer aktuellen Studie stellten Burstein und Kollegen nun fest, dass sich der Zustand von Migränepatienten bei allen Farben des Lichtspektrums verschlechterte, ausgenommen bei einem schmalen Spektrum des grünen Lichts. Bei hoher Intensität des Lichts, wie beispielsweise in einem gut beleuchteten Büro, haben fast 80 Prozent der Patienten über eine Intensivierung der Kopfschmerzen geklagt – bei allen Farben, außer bei Grün, so die Mitteilung der Harvard Medical School. In niedriger Intensitäten habe die spezielle Bandbreite grünen Lichts sogar eine Linderung der Kopfschmerzen bewirkt. Die Schmerzen seien um rund 20 Prozent zurückgegangen.
Unterschiedliche Signalstärke im Gehirn
Um den Effekt des grünen Lichts bei Migräne Patienten zu verstehen, haben die Forscher in speziellen Experimenten die Stärke der elektrischen Signale gemessen, welche von der Netzhaut (im Auge) bei den verschiedenen Farben erzeugt werden und die Reaktion der Hirnrinde (im Gehirn) auf jede Farbe des Lichts ermittelt. Sie fanden heraus, dass blaue und rote Lichter die größte Menge von Signalen erzeugten – sowohl in der Netzhaut als auch in der Hirnrinde. Hingegen hat grünes Licht die kleinsten Signale ausgelöst. Bei der Signalübermittlung im Thalamus seien ebenfalls Unterschiede festzustellen gewesen. Die Neuronen in dem Bereich des Gehirns, der die Information über das Licht vom Auge zum Cortex trägt, haben am schnellsten auf blaues Licht reagiert und am langsamste auf auf grünes Licht, berichten die Forscher. Dies könne erklären, warum Migräne-Patienten positiv auf grünes Licht reagieren.
Hoffnung auf therapeutische Einsatzmöglichkeiten
Die neuen Erkenntnisse „bieten echte Hoffnung für Patienten mit Migräne und einen vielversprechenden Weg für die Zukunft“, betont Studienleiter Rami Burstein. So arbeiten die Wissenschaftler bereits daran, eine günstige Glühbirne zu entwickeln, die „reines“ (Schmalband-Wellenlänge) grünes Licht bei niedriger Intensität aussendet. Bislang fallen die Kosten für eine entsprechende Glühbirne laut Angaben der Forscher allerdings noch unerschwinglich hoch aus. Auch kostengünstige Sonnenbrillen, die das gesamte Lichtspektrum außer der schmalen Bandbreite rein grünen Lichts blockieren, seien bereits in Planung. Doch die Technologie, mit einer Sonnenbrillen alles außer rein grünem Licht zu blockieren, liege nur in der Lichtmikroskopie vor, die ebenfalls sehr teuer ist. Langfristig könnte der Einsatz des grünen Lichts nach Auffassung der Wissenschaftler allerdings eine durchaus attraktive Behandlungsmethode bei Migräne darstellen. (fp)
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