Grünkohlzeit beginnt nach dem ersten Frost – Warum?
Den meisten Köchinnen und Köchen ist wohl bekannt, dass Grünkohl erst richtig gut schmeckt, wenn er den ersten Frost gekriegt hat. Dieses Wissen stammt aus Erfahrungswerten, die sich über die Jahre herauskristallisiert haben. Der genaue Grund dahinter, war bislang jedoch unklar. Ein Forschungsteam hat dieses Rätsel nun gelöst.
Forschende der Jacobs University Bremen und der Universität Oldenburg fanden eine wissenschaftliche Antwort auf die Frage, warum Grünkohl einfach besser schmeckt, nachdem er Frost ausgesetzt war. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Food Research International“ veröffentlicht.
Zucker durch Frost
Das Forschungsteam setzte drei verschiedene Grünkohlarten normalen und kalten Temperaturen aus. Anschließend untersuchten die Forschenden das Blattmaterial auf seine Inhaltsstoffe. Es zeigte sich, dass die Inhaltsstoffe der Blätter sich unterschieden, je nachdem, welchen Temperaturen sie ausgesetzt waren. Bei den Blättern, die Frost erfuhren, wandelten sich komplexe Kohlenhydrate in den Zellwänden in Zuckermoleküle um.
Frost macht den Grünkohl süßer
Genauer gesagt, sorgt der Frost dafür, dass sich im Grünkohl Zucker der Sorten Fructose, Melibiose, Maltose und Raffinose in höheren Konzentrationen bilden. Durch die Zuckerbildung schmeckt der Grünkohl süßer und wird so von den meisten Leuten als angenehmer im Geschmack empfunden.
Warum produziert Grünkohl Zucker bei Frost?
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden auch heraus, wofür dieser Mechanismus gut ist. Die Pflanze ist bestrebt, das Wasser in ihren Zellen nicht gefrieren zu lassen, um tieferen Temperaturen trotzen zu können. Um dies zu erreichen, macht sich der Grünkohl die sogenannten kolligativen Eigenschaften der Zucker zu Nutze.
Wieso gefrieren Zuckerlösungen nicht so schnell?
Das Prinzip der kolligativen Eigenschaften besagt unter anderem, dass sich Stoffeigenschaften in Lösungen (wie beispielsweise der Gefrierpunkt) ändern, sobald sich die Anzahl der Teilchen ändert. Dabei ist es nicht von Bedeutung, um welche Art von Teilchen es sich handelt. Der Grünkohl spaltet langkettige komplexe Kohlenhydrate in kleinere Zuckermoleküle auf. Die Anzahl der Teilchen wird so vergrößert, wodurch sich das chemische Potential ändert und der Gefrierpunkt sinkt.
Ein vom Menschen häufig genutztes Prinzip
Die Forschenden vergleichen den Prozess mit einem Vorgang, den wir im Winter häufig nutzen: dem Streuen von Salz. Wenn wir Salz auf Straßen und Gehwege streuen, erhöht sich die Anzahl der Teilchen im Wasseranteil. Dadurch wird der Gefrierpunkt herabgesetzt, das Eis schmilzt und man kann nicht mehr darauf ausrutschen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Roberto Megías-Pérez, Christoph Hahn, Ana Isabel Ruiz-Matute, u.a.: Changes in low molecular weight carbohydrates in kale during development and acclimation to cold temperatures determined by chromatographic techniques coupled to mass spectrometry, Food Research International, 2019, sciencedirect.com
- Jacobs University: Why the kale season only begins after the first frost has come (Abruf: 29.11.2019), jacobs-university.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.