Kooperationsgemeinschaft Mammographie stellt Auswertung des europaweiten Mammographie-Screenings vor
21.02.2014
Im Rahmen des Krebskongresses in Berlin stellte die Kooperationsgemeinschaft Mammographie eine europaweite Auswertung des Mammographie-Screenings vor. Demnach werden viele Tumore bereits mit einer Größe von unter zwei Zentimetern bei der Untersuchung entdeckt. Dieses Tumorstadium gilt als prognostisch günstig, wenn die Lymphknoten nicht befallen sind. Kritiker monieren jedoch, dass einerseits zu wenigen Frauen das Leben durch das Screening gerettet wird und andererseits zu viele Frauen unnötige Therapien über sich ergehen lassen.
Erstmals Auswertung von Erst- und Folgeuntersuchungen des Mammographie-Screenings
Innerhalb eines Jahres wurden etwa 17.500 Mammakarzinome durch das Brustkrebs-Screening entdeckt. Viele konnten bereits in einen sehr frühen Stadium mit guten Heilungschancen entdeckt werden, berichtet die Kooperationsgemeinschaft Mammographie. Seit Einführung des flächendeckenden Programms in Deutschland im Jahre 2009 wurden nun erstmals für die 94 Screening-Einheiten mit etwa 400 Standorten nicht nur die Erstuntersuchungen sondern auch die Folgeuntersuchungen berücksichtigt. „Die Daten von 2,7 Millionen Untersuchungen sind für den aktuellen Jahres-Bericht ausgewertet worden", berichtete Dr. Karin Bock vom Referenzzentrum Mammographie Südwest. Am aussagekräftigsten sind dabei die Ergebnisse der Folgeuntersuchungen. „Deutlich zeigt sich der Trend der Vorjahre bestätigt. 80 Prozent der invasiven Karzinome sind kleiner als zwei Zentimeter und 78 Prozent haben die Lymphknoten noch nicht befallen." Diese kleinen Tumore haben eine wesentlich günstigere Prognose als größere, bei den auch die Lymphknoten befallen sind. „Wir haben nun Gewissheit, dass das deutsche Screening auf dem richtigen Kurs ist", erläuterte die Geschäftsstellenleiterin der Kooperationsgemeinschaft Mammographie, Dr. Tatjana Heinen-Kammerer.
Auswirkungen des Mammographie-Screenings auf Brustkrebssterblichkeit und Lebensqualität
Doch nicht nur die Tumorstadienverteilung zeigt, dass die Brustkrebsfrüherkennung in Deutschland funktioniert. „Das Screening tut, was es soll. Das können wir auch im Abgleich mit den aktuellen Daten der Krebsregister sehen", berichtet Professor Alexander Katalinic vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. „Zunächst steigen die Brustkrebsneuerkrankungen durch das Screening an, denn man findet zusätzlich Tumore in einem früheren Stadium". Danach sinkt die Rate aber normalerweise, da die im ersten Screening-Durchlauf entdeckten Fälle in den folgenden fehlen. Der Kooperationsgemeinschaft Mammographie zufolge sind die Veränderung der Tumorstadienverteilung sowie die Zunahme und der Rückgang der Neuerkrankungen erste messbare Effekte eines Brustkrebs-Screening-Programms. Erst nach neun bis zwölf Jahren ließen sich aber Aussagen darüber machen, ob das Screening auch zu einer Verringerung der Brustkrebssterblichkeit führe, so die Experten. „In Deutschland werden wir frühestens 2018 etwas darüber sagen können", betonte Katalinic. „Wir diskutieren viel über die Brustkrebsmortalität. Dabei ist die 5-Jahresüberlebensrate in den vergangenen Jahren stetig gestiegen auf inzwischen 87 Prozent. Deshalb sollten wir den Einfluss des Screenings durch Auffinden prognostisch günstiger Karzinome auf die Lebensqualität viel stärker als bisher als Bewertungsfaktor heranziehen."
Kritik an Mammografie-Screenings
Immer wieder werden auch Stimmen laut, die Kritik an Mammografie-Screenings äußern. Einigen Studien zufolge rettet die Untersuchung zu wenigen Frauen das Leben. Gleichzeitig unterziehen sich viele Frauen unnötige Therapien wie Bestrahlung oder Chemotherapie aufgrund normalerweise zu vernachlässigender Befunde. Einige Gesundheitsexperten raten deshalb sogar von Screening-Programmen ab.
Jüngst hatte eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung und der Barmer GEK gezeigt, dass viele Frauen in Deutschland sehr schlecht über den Nutzen von Mammographie-Screenings aufgeklärt sind. Dem „Gesundheitsmonitor“ zufolge glaubten 30 Prozent der Frauen, dass allein die Teilnahme am Brustkrebs-Screening verhindere, dass sie an bösartigen Tumoren erkranken. Die Experten kamen zu dem Fazit, dass einerseits der Nutzen der Untersuchung überschätzt wird, andererseits über die Risiken wie falsche Positiv-Befunde nur wenig Wissen vorhanden ist. Viele Frauen hätten große Angst, falsche Entscheidungen zu treffen, wenn es um eine Krebsdiagnose gehe, schreiben die Autoren des Berichts. Professor Norbert Schmacke, der an der Untersuchung beteiligt war, hält das Ausmaß des Informationsdefizit für besorgniserregend. Nach seiner Ansicht fehle es vor allem in den Screening-Einladungen an verständlichen Informationen und der Zeit und Gelegenheit, sich eine eigene Meinung bilden zu können.
Bei Acht von 1.000 Frauen wird der Kooperationsgemeinschaft Mammographie zufolge bei der Erstuntersuchung im Mammografie-Screening Brustkrebs festgestellt. Im Folgedurchlauf seien es 5,5. Dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge erkranken jährlich 70.000 Frauen an Brustkrebs, etwa 17.500 sterben daran. Das Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken, steigt mit Alter. (ag)
Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
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