Krankenkassen: Viele Klinikabrechnungen sind falsch
18.08.2011
Beinahe jede zweite Klinikabrechnungen ist falsch, das berichtet ein interner Bericht der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Den Kassen entstehen durch falsche Abrechnungen Mehrausgaben in Milliardenhöhe.
Laut eines internen Berichts des Verbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) war fast jede zweite Krankenhausabrechnung im letzten Jahr falsch ausgestellt. Prüfer der Krankenkassen hatten bei Stichproben Fehler bei 45,6 Prozent der Rechnungen entdeckt. Die Kassen prüften Abrechnungen aus dem Vorjahreszeitraum 2010. Das berichtete die „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (WAZ-Gruppe) in seiner Donnerstagausgabe und beruft sich dabei auf Einblicknahme des Ergebnisberichts des Spitzenverbandes der Krankenkassen in Berlin.
Zahlreiche Operationen könnten ambulant durchgeführt werden
Die Kontrolleure wurden laut Zeitungsbericht an zahlreichen Stellen fündig. Oft wurden Patienten länger in Kliniken behandelt, als medizinisch und fallbezogen notwendig ist. Vielmals wurden Patienten stationär für medizinische Eingriffe aufgenommen, statt die Operation ambulant durchzuführen. An anderen Fundstellen wurden Arzneimittel abgerechnet, die dem Patienten nicht verabreicht wurden.
Bereits für das Jahr 2009 hatte der Medizinische Dienst Ende der GKV 12 Prozent aller Krankenhaus-Abrechnungen überprüft. Nach Angaben des Verbandes enthielten zwei von fünf Abrechnungen zum Teil gravierende Fehler. Besonderes Streitpotential haben nach wie vor die „nicht sachgerechten Kodierungen“ von Diagnosen und Therapien. So soll es in diesem Zusammenhang immer wieder zu überhöhten Rechnungen kommen. Pro gefundenem Fall entstehe laut dem internen Bericht ein Schaden von meist rund 1000 Euro. Wenn alle Falschabrechnungen addiert werden, entsteht ein Gesamtschaden von gut einer Milliarde Euro pro Jahr. Einige Kliniken wiesen in dem Prüfbericht sogar eine Fehlerquote von 65 Prozent auf.
Krankenkassen sollten Klinikabrechnungen schärfer kontrollieren
Das Bundesversicherungsamt verwies bereits im letzten Monat in seinem Tätigkeitsbericht auf Unklarheiten bei den Klinikabrechnungen. Die Krankenkassen sollten ihren Umgang mit den Kliniken im Grundsatz überdenken. Bei den Abrechnungen sollten Prüfer genauer hinsehen, da hier ein deutliches Einsparvolumen vorhanden sei. Das Bundesversicherungsamt sieht hierbei sogar ein Einsparpotenzial pro Krankenkasse und Jahr von mehr als 1,3 Millionen Euro.
Die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft bestreitet laut dem Bericht die Vorwürfe. Von den Kassen würden hauptsächlich Streitfälle untersucht. Schließlich seien 96 Prozent der Klinikabrechnungen nicht beanstandet worden. Die von den Kassen veröffentlichten Daten seien demnach nicht repräsentativ und spiegeln nicht die Realität wieder. (sb)
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Bild: RainerSturm / pixelio.de
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