Für ihre medizinische Versorgung müssen sich Hartz-IV-Empfänger vorrangig an ihre Krankenkasse halten. Zusätzliche Gelder vom Jobcenter kommen nur bei „unabwendbaren“ Kosten in Betracht, wenn die Krankenkasse diese nicht übernimmt, wie das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München in einem am Dienstag, 20. Juni 2017, bekanntgegebenen Eilbeschluss entschied (Az.: L 7 AS 167/17 B ER). Ohne Nachweise für die Wirksamkeit einer Behandlung scheide dies aus.
Die Klägerin leidet an Fehlregulationen der Kaumuskulatur und des Kiefergelenks. Diese sogenannte cranio-mandibuläre Dysfunktion (CMD) gilt als Sammelbegriff für verschiedene Beschwerden. Dabei können beispielsweise Zahnfehlstellungen über Unterkiefer und Wirbelsäule „absteigend“ zu Beschwerden bis in die Beine führen. Umgekehrt kann etwa eine Fehlstellung des Beckens „aufsteigend“ Ursache für Beschwerden im Mund sein.
Angesichts dieser vielfachen möglichen Ursachen und Beschwerden ist die Diagnose schwierig, und für zahlreiche angebotene Heilverfahren ist die Wirksamkeit nicht nachgewiesen.
Im Streitfall sind verschiedene Beschwerden festgestellt, die die Patientin auf eine CMD zurückführt. Durch ihre Krankheit habe sie zusätzliche Kosten, etwa für Fahrten zu entfernteren ärztlichen Spezialisten oder für von der gesetzlichen Krankenkasse nicht bezahlte Medikamente. Hierfür machte sie einen sogenannten Hartz-IV-Mehrbedarf geltend.
Wie nun das LSG München betont, sind für die gesundheitliche Versorgung auch von Hartz-IV-Empfängern vorrangig die Krankenkassen zuständig. „Um nicht das Tor zu einer beliebigen, mit Steuermitteln finanzierten Wunschmedizin zu öffnen“ komme darüber hinaus eine Kostenübernahme durch das Jobcenter nur in Betracht, soweit die Kosten „unabwendbar, also unbedingt notwendig sind“. Das sei nur möglich, wenn eine Behandlung medizinisch indiziert ist, was wiederum einen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der Notwendigkeit der Behandlung voraussetze.
Daran aber fehle es hier, so das LSG in seinem auch bereits schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 9. März 2017. Es sei völlig unklar, ob die von der Patientin beanspruchten oder gewünschten Behandlungen eine Besserung versprechen. Die Atteste legten vielmehr eine Schmerztherapie nahe, die aber wohl von der Krankenkasse übernommen würde.
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