Der Amokschütze von München soll an Depressionen gelitten haben. Kann die Erkrankungen zu einem Amoklauf führen?
Zahlreiche Medien berichten, dass der Amokschütze von München an einer Depression litt. Doch kann das stimmen? Prof. Dr. Ulrich Hegel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Leipzig sagt, dass das eigentlich nicht stimmen kann. Jedenfalls nicht im Zusammenhang mit der schrecklichen Tat.
Prof. Dr. Ulrich Hegel: „Mit großer Sicherheit kommt eine Depression des Täters als Ursache für den Amoklauf in München nicht in Frage. Selbst wenn der Amokläufer wegen einer Depression behandelt worden ist, so heißt dies nicht, dass diese bei der Tat eine Rolle gespielt hat. Etwa 4 Millionen Menschen leiden in Deutschland aktuell unter behandlungsbedürftigen Depressionen, und es gibt keine Hinweise, dass diese Menschen häufiger Gewalttaten als andere begehen. Eher sogar im Gegenteil: Depressiv erkrankte Menschen sind im gesunden Zustand meist besonders verantwortungsvolle, fürsorgliche Menschen. In der depressiven Krankheitsphase neigen sie zu übertriebenen Schuldgefühlen, und dies ist sogar ein zentrales Diagnosemerkmal. Sie geben immer sich selbst die Schuld, nicht anderen und würden deshalb nie auf den Gedanken kommen, fremde Menschen in einem Amoklauf zu töten.
Den Amoklauf fälschlicherweise als Folge einer Depression darzustellen, verstärkt die Stigmatisierung depressiv Erkrankter. Dies erhöht für diese die Hürde, sich professionelle Hilfe zu holen. Nicht optimal behandelte Depressionen verursachen großes unnötiges Leid und sind die Hauptursache für die jährlich circa 10.000 Selbsttötungen (Suizide) und 150.000 Suizidversuche in Deutschland. Eine Zunahme der Stigmatisierung wird zu einer Zunahme der Suizide führen.“ (sb,pm)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.