Hautärzte planen Videosprechstunden zur Hautkrebs-Früherkennung
Viele Deutsche gehen regelmäßig zur Hautkrebs-Vorsorge, deren Kosten ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre von den Krankenkassen übernommen werden. Hautärzte empfehlen die Untersuchung, da dabei frühzeitig bösartige Veränderungen und deren Vorstufen erkannt werden können. Das ARD-Magazin „Kontraste“ stellte jedoch jüngst den Nutzen des Screenings infrage. In dem Beitrag hieß es, dass sich die Zahl der Todesfälle durch Hautkrebs innerhalb von fünf Jahren durch die Früherkennung nicht reduziert habe. Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen e.V. (BVDD) kritisiert die Art dieser Berichterstattung auf das Schärfste. Sie sei einseitig und unterschlage wichtige Informationen, heißt es in einer Mitteilung.
Wie sinnvoll ist die Hautkrebsvorsorge?
Wer seine Haut ungeschützt regelmäßig UV-Strahlung aussetzt, erhöht sein Risiko für Hautkrebs deutlich. Während beim hellen Hautkrebs, zu dem das Basalzellkarzinom und das Stachelzellkarzinom gehören, gute Heilungschancen bestehen, da dieser eine geringe Neigung zur Metastasierung hat, ist der schwarze Hautkrebs, das sogenannte Melanom, gefährlicher, sofern er nicht frühzeitig erkannt wird. Wird er entfernt bevor das Melanom eine Dicke von einem Millimeter in der Hautschicht erreicht hat, ist die Prognose gut. Wird der schwarze Hautkrebs erst spät erkannt, ist die Wahrscheinlichkeit der Metastasenbildung in Haut, Lymphknoten und Knochen relativ hoch. Dementsprechend schlechter sind die Heilungschancen. Aus diesen Grund raten Ärzte dringend zur Hautkrebs-Früherkennung, bei der der Arzt mit einem Dermatoskop, einer Lupe die Haut des Patienten auf Zeichen von Hautkrebs untersucht. Rund acht Millionen Mal im Jahr wird die Untersuchung hierzulande durchgeführt.
Das ARD-Magazin kommt in seinem Beitrag zum Thema Hautkrebs-Screening jedoch zu einer anderen Einschätzung: „Das Hautkrebs-Screening ist offenbar nutzlos und womöglich sogar schädlich.“ Die Autorin des Fernsehbeitrags beruft sich auf ein Gutachten des Instituts für Qualität und Patientensicherheit (BQS) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses, welches das Screening infrage stellt.
Hautärzte wollen gegen Fernsehbeitrag vorgehen
„Im Bericht vom BQS gibt es für die Behauptung keinen Beleg”, kritisiert Hautarzt Klaus Strömer aus Mönchengladbach im Gespräch mit der Online-Ausgabe der „Welt“. Das Gutachten käme zu dem Urteil, dass die Sterberate bei malignen Melanomen laut Daten des Krebsregisters konstant niedrig sei, obwohl die Zahl der Fälle steige. „Dies ist ein Erfolg und nicht etwa ein Hinweis auf die Nutzlosigkeit”, so Strömer, der Präsident des BVDD ist. Dem ARD-Magazin zufolge stellt sich dieser Sachverhalt jedoch anders dar. „Fünf Jahre nach Beginn des Programms sterben immer noch genauso viele Menschen am Melanom wie vor dem Screening”, so die Interpretation der Autorin. „Der eindeutige Nachweis für die Wirksamkeit wäre die Abnahme der Mortalität, also der Sterblichkeit. Das konnten wir bisher nicht zeigen”, erläutert der Hautkrebsspezialist Reinhard Dummer in dem Fernsehbeitrag. Dummer zufolge bestehe das Problem des Screenings insbesondere darin, dass „mit den Präventionskampagnen vor allem mehr dünne Melanome, oberflächlich wachsende Melanome, die weniger gefährlich sind“ gefunden würden. „Die Melanome, die zum Tod führen, das sind meist dicke Melanome, die verpassen wir immer noch trotz Früherkennungsunterkampagnen.”
Dem BVDD zufolge sind wissenschaftliche Studien mit höchster Qualität, also randomisierte placebokontrollierte Studien, schwer durchführbar, denn es müssten einerseits Menschen daran teilnehmen, die die Hautkrebsfrüherkennung in Anspruch nehmen, und andererseits Personen, die auf die Untersuchungen verzichten. Wie die Hautärzte erläutern, sei es aber aus ethischen Gründen nicht vertretbar, einer Gruppe die Krebsvorsorge zu verweigern, nur um relevante Studiendaten zu erhalten.
Nicht jeder Fall von Hautkrebs wird registriert
Laut dem Berufsverband soll das Screening neben der Senkung der Sterberate aber auch dazu beitragen schwere, belastende Operationen zu verhindern, indem bei der Untersuchung auch das Basalzell- und Plattenepithel-Karzinom sowie seltenere Arten von Hautkrebs erkannt würden. Denn diese würden durch die Untersuchung eher entdeckt. „Das Gutachten kommt bei aller kritischer Beleuchtung der Verbesserungsmöglichkeiten der gesetzlich geregelten Hautkrebs-Früherkennungsuntersuchung eindeutig zu der Empfehlung, das Hautkrebsscreening weiterzuführen”, zitiert die Zeitung den Berufsverband. „Um Mortalitätsentwicklungen belastbar abschätzen zu können, greift ein 5-Jahreszeitraum zu kurz”, heißt es im Verbands-Informationsdienst „HautInform”. Häufig lasse sich der Erfolg eines Screenings erst nach einem oder zwei Jahrzehnten beurteilen. Das setze jedoch voraus, dass jeder Fall gemeldet und registriert würde. Aber genau das sei das Problem, da in epidemiologischen Krebsregistern nur das erstmalige Auftreten von Hautkrebs aufgenommen werde. Erkrankt ein Patient zum wiederholten Mal wird der Krebs nicht als weiterer Fall registriert. Der BVDD schätzt, dass es jährlich 500.000 neue Hautkrebsfälle im Jahr gibt. 2012 wurden jedoch lediglich 234.000 Fälle in das Krebsregister aufgenommen.
„Hautkrebs ist schon heute die häufigste Krebserkrankung in Deutschland”, zitiert die Zeitung den Dermatologen Michael Reusch. „Die Erkrankung kann sehr gute Heilungschancen haben oder einen tödlichen Verlauf nehmen.” Patienten erkrankten am häufigsten im Alter zwischen 60 und 80 Jahren. Durch die alternde Gesellschaft würden zwangsläufig mehr Fälle auftreten.
Der Bundesverband will noch in dieser Woche beim Rundfunkrat eine Beschwerde einreichen und mit einer Verbandsklage eine Unterlassung der Behauptungen durchsetzen. „Eine derart bewusst einseitige Berichterstattung, die nachweislich nicht durch schlechte Recherche, sondern in Kenntnis aller Fakten zustande kommt, ist für einen öffentlich-rechtlichen Sender für unseren Geschmack
jenseits des seriösen Journalismus anzusiedeln und damit ein Fall für den Rundfunkrat des Senders“, so Strömer in „HautInform“.
Dermatologen streiten sich über die besten Methoden zur Früherkennung von Hautkrebs
Indes diskutieren Dermatologen über bestehende und neue Methoden zur Hautkrebsfrüherkennung, die auch das Sammeln von Daten erleichtern sollen. So haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) in Kooperation mit der Hautklinik der Universität in Magdeburg und der Industrie einen Ganzkörperscanner, den „Dermascanner“, entwickelt, der den Hautarzt bei der Diagnose des schwarzen Hautkrebs unterstützt. Dabei wird zunächst die Haut des Patienten aus verschiedenen Positionen gescannt, so dass etwa 100 Einzelbilder entstehen. Zusätzlich werden 3-D-Messdaten über mehrere in das Gerät integrierte 3-D-Sensoren erhoben. Die Software ist in der Lage diese Bilder mit früheren Daten abzugleichen und Veränderungen festzustellen. „Mit unserer Technologie erkennt man ein Wachstum ab einem halben Millimeter”, erläutert Christian Teutsch vom IFF gegenüber der Zeitung. Jeder einzelne Leberfleck kann dank der präzisen Technik genau lokalisiert werden. Dem IFF zufolge steht der „Dermascanner“ kurz vor der Marktreife.
Ein weiteres, für die zweite Jahreshälfte 2015 geplantes Projekt beinhaltet Videosprechstunden bei fünf Ärzten. Der Anbieter arztkonsultation.de unterstützt sie dabei, Hautprobleme über das Internet mit ihren Patienten zu besprechen. Diese Methode birgt jedoch auch Risiken. „Das Fernbehandlungsverbot, die Frage des Behandlungsortes bei einer Online-Sprechstunde oder die Vergütung hinken dem Machbaren hinterher”, erklärt Klaus Strömer gegenüber der Zeitung. Dennoch unterstützt er das Projekt. „Wir können und wollen nicht mehr so lange warten, bis die rechtlichen Bestimmungen geschaffen sind.” Alle Patienten, die an dem Pilotprojekt teilnehmen, müssen beim Arzt bereits bekannt sein. (ag)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.