JAK-Hemmer gegen Hautkrankheiten und Haarausfall
Januskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren beziehungsweise JAK-Hemmer) sind Wirkstoffe, die insbesondere bei mittelschwerer bis schwerer aktiver Rheumatoider Arthritis (RA) angewendet werden. Auch bei Hautkrankheiten wie Neurodermitis und Schuppenflechte erbrachten sie überzeugende Ergebnisse. Und sie könnten auch bei Haarausfall helfen.
Wie die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, spielen Zytokine (Signalstoffe), Enzyme und intrazelluläre Signalwege eine zentrale Rolle bei Entzündungsprozessen dermatologischer Erkrankungen. Daher stehen sie im Fokus therapeutischer Ansätze, wenn es darum geht, diese Signalwege zu durchbrechen. Neben Antikörpern, die bei mittlerer bis schwerer Neurodermitis und bei Psoriasis (Schuppenflechte) erfolgreich eingesetzt werden, kommen vermehrt small molecules zum Einsatz, die gegen Januskinasen (JAK) gerichtet sind.
Beeindruckende Wirkungen
Zu den entzündlichen Dermatosen gehören weit verbreitete Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Psoriasis, Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) oder auch kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata). Für die Behandlung verwenden Dermatologinnen und Dermatologen systemisch (innerlich) wirkende Medikamente, wenn eine Therapie mit äußerlich angewandten Arzneimitteln nicht anspricht. Neben erfolgreich eingesetzten antikörperbasierten Therapien (Biologika), konnten laut der DDG in den vergangenen Jahren mit sogenannten small molecules beeindruckende Wirkungen gezeigt werden.
Erfolgreich bei rheumatoider Arthritis eingesetzt
Wie in der Mitteilung erklärt wird, entstehen viele entzündliche Dermatosen durch proinflammatorische Zytokine. Diese Signalstoffe sind für das Wachsen und Differenzieren von Zellen unentbehrlich und sie spielen bei der Immunabwehr eine Rolle.
Doch sie sind auch ursächlich bei der Entstehung von Autoimmunkrankheiten. An dem Signalweg sind spezielle Enzyme, die sogenannten Januskinasen, beteiligt, die in der Zelle Bindungsstellen für STAT-Proteine phosphorylieren. Diese Proteine haben mit dem An- und Abschalten bestimmter DNA-Abschnitte zu tun, das heißt, sie kontrollieren die Transkription während der Proteinbiosynthese.
„Der JAK-STAT-Signalweg ist ein wesentlicher Schlüssel bei der Behandlung immunologischer und chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Wenn es gelingt, entzündungsfördernde Zytokinkaskaden zu stoppen, hat das unmittelbar eine Wirkung auf die Entzündungsreaktion“, erläutert DDG-Präsident Professor Dr. med. Michael Hertl. Genau dies tun die JAK-Hemmer, indem sie die STAT-Andockstellen besetzen und die Signalkaskade unterbrechen.
Der Ansatz, Zytokine zu hemmen, ist nicht neu. Im Vergleich zu den Biologika, die ebenfalls Zytokine hemmen, richten sich die JAK-Inhibitoren jedoch nicht nur gegen einzelne, sondern gleich gegen mehrere Zytokine. Die JAK-Hemmer werden schon seit einigen Jahren erfolgreich bei rheumatoider Arthritis eingesetzt; bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis sowie Psoriasis erbrachten sie ebenfalls überzeugende Ergebnisse, was zu der Zulassung einiger JAK-Inhibitoren in der EU führte.
Auch bei entzündlichen Hautkrankheiten aussichtsreich
„Aussichtsreich sind diese Systemtherapeutika aber auch bei anderen entzündlichen Hautkrankheiten wie beispielsweise bei Alopecia areata (kreisrundem Haarausfall), ferner auch bei stark juckenden Hauterkrankungen“, sagt Hertl, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Marburg.
In einer in der Fachzeitschrift „Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology“ veröffentlichten Metaanalyse von 30 kleinen Studien mit JAK-Hemmern bei Alopecia areata sprachen 72,4 Prozent der Patientinnen und Patienten auf die Therapie an, davon 45,7 Prozent mit gutem (50-100 Prozent Nachwachsen der Haare) und 21,4 Prozent mit partiellem Ansprechen (5-50 Prozent Nachwachsen der Haare).
In der doppelblinden, randomisierten, kontrollierten, in dem Fachmagazin „Journal of the American Academy of Dermatology“ (JAAD) publizierten Studie ALLEGRO wurde die Wirksamkeit von JAK-Hemmern bei Frauen und Männern mit Alopecia areata untersucht. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten zu Beginn einen über 50-prozentigen Haarausfall auf der Kopfhaut. Die Therapie über 24 Wochen war effektiv und gut verträglich: Im Vergleich zur Placebogruppe hatten die Teilnehmenden der Verumgruppe (Behandlungsgruppe) einen Haarausfall von 20 Prozent oder weniger.
Das Nebenwirkungsprofil ist übersichtlich
Den Angaben zufolge ist das Nebenwirkungsprofil der JAK-Hemmer übersichtlich. Infektionen können öfter auftreten, zum Beispiel im Nasen- und Rachenraum oder in den Atemwegen. Auch Harnwegsinfektionen, Magendarmbeschwerden und Akne wurden beobachtet. „Wenn eine Infektion akut ist, soll die Therapie mit JAK-Inhibitoren natürlich pausiert werden“, erklärt Hertl. Dies gehe aber durch die orale Applikation und kurze Halbwertzeit der Medikamente sehr gut, so der DDG-Präsident.
Bei der Behandlung der autoimmun verursachten Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) verbesserte ein JAK 1/2-Hemmer, der per Creme verabreicht wurde, bei circa 50 Prozent der Patientinnen und Patienten gegenüber drei Prozent bei Placebo die erkrankte Gesichtshaut (Repigmentierung von Vitiligo-Läsionen). Diese Studienergebnisse wurden in dem Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht.
„Das sind vielversprechende Ergebnisse, die nahelegen, dass diese Creme eine wirksame Therapieoption für Patientinnen und Patienten mit Vitiligo sein könnte“, sagt Hertl. „Die bei Kortisonsalben bekannten Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.“
Mit den JAK-Hemmern stehen jetzt neben den Biologika eine ganze Reihe neuer Medikamente für die Behandlung die Lebensqualität einschränkender Entzündungserkrankungen zur Verfügung. Welche Vorteile solche Medikamente haben und welche Einsatzgebiete in Zukunft möglich sind, diskutieren Expertinnen und Experten auf der Pressekonferenz von DDG und dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen e.V. (BVVD) am 18. Februar 2022 auf der virtuellen Tagung „Dermatologie KOMPAKT & PRAXISNAH“ (18. bis 20. Februar 2022). (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft: Kleine Moleküle gegen Neurodermitis, Psoriasis, Vitiligo und kreisrunden Haarausfall, (Abruf: 01.02.2022), derma.de
- K Phan, D F Sebaratnam: JAK inhibitors for alopecia areata: a systematic review and meta-analysis; in: Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology, (veröffentlicht: 10.04.2019), Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology
- King B, Guttman-Yassky E, Peeva E et al.: A phase 2a randomized, placebo-controlled study to evaluate the efficacy and safety of the oral Janus kinase inhibitors ritlecitinib and brepocitinib in alopecia areata: 24-week results; in: Journal of the American Academy of Dermatology, (veröffentlicht online: 20.03.2021 und in: Volume 85, Issue 2, P379-387, 01.08.2021), Journal of the American Academy of Dermatology
- Rosmarin D, Pandya AG, Lebwohl M et al.: Ruxolitinib cream for treatment of vitiligo: a randomised, controlled, phase 2 trial; in: The Lancet, (veröffentlicht online: 11.07.2020 und in: Volume 396, Issue 10244, P110-120, 11.07.2020), The Lancet
Wichtiger Hinweis:
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