Hemmungen und Blockaden schränken im Alltag stark an
30.07.2014
Wenn wir uns nicht trauen, über unseren Schatten zu springen, sind meist Hemmungen oder Blockaden Ursache vieler vertaner Chancen. Viele Menschen ärgern sich im Nachhinein, dass sie nicht mutiger gewesen sind und sich selbst überwunden haben. Das gilt für das Ansprechen einer attraktiven Frau genauso wie die Bitte um eine Beförderung beim Vorgesetzten. Im Kopf spuken unzählige Ausreden herum wie „Ich will mich nicht blamieren“, „Das ist doch peinlich“ oder „Das kann ich nicht“, die uns daran hindern, ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Nachrichtenagentur „dpa“ sprach mit Experten darüber, wie Hemmungen und Blockaden überwunden werden können.
Hemmungen und Blockaden verhindern ein freies und selbstbestimmtes Leben
„Hemmungen wirken entfaltungsverhindernd", erläutert Nikolaus B. Enkelmann, Motivationstrainer und Buchautor, gegenüber der Nachrichtenagentur. Meist halten uns Minderwertigkeitskomplexe davon ab, eine neue Sportart auszuprobieren, eine attraktive Frau oder einen gutaussehenden Mann anzusprechen oder nach einer Gehaltserhöhung zu fragen. Viele Menschen trauen sich schlichtweg nicht, weil sie Angst haben, sich zu blamieren und deshalb ausgegrenzt zu werden.
Wer Minderwertigkeitskomplexe habe, solle versuchen herauszufinden, worauf diese beruhen, rät Enkelmann. Denn durch Ängste und Hemmungen blockiert man sich in den entscheidenden Momenten immer wieder selbst. Viele Betroffene ärgern sich im Nachhinein und bedauern, dass sie nicht mutiger gewesen sind. Wer seine Hemmungen und Blockaden abbauen will, kommt nicht umhin, diesen auf den Grund zu gehen. Durch das Reflektieren über mögliche Auslöser wie die Angst vor einer Blamage und deren Ursachen können Denken und Handeln verändert werden. Gelingt das, ist ein freies und selbstbestimmtes Leben möglich.
Mangelndes Selbstvertrauen bildet häufig die Grundlage von Hemmungen und Blockaden
„Blockaden haben Gründe", sagt der Diplompsychologe Lutz Hertel, der Vorsitzender des Deutschen Wellness-Verbandes ist, gegenüber der Nachrichtenagentur. „Irgendwann ist etwas passiert, dass der Mensch nicht mehr frei ist." Meist beruhe das auf der Angst zu versagen, Fehler zu machen oder sich zu blamieren. „Man wäre viel freier, wenn man nicht befürchten müsste, dass andere über einen reden oder sich abwenden", so Hertel. Mit diesen Ängsten gerät man schnell in einen Teufelskreis: Aus Angst werden die Hemmungen immer größer und gleichzeitig die Risikobereitschaft, mal etwas neues auszuprobieren, immer geringer.
Julia Scharnhorst vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) erläutert im Gespräch mit der Nachrichtenagentur, dass die Angst, aus dem Rahmen zu fallen, sinnvoll für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft sei. Das könne sich aber auch ins Negative verkehren, wenn sich jemand in vorauseilendem Gehorsam, nichts mehr traut. Dann stecke mangelndes Selbstvertrauen hinter den Hemmungen.
Angst vor ungewissen Ergebnissen löst bei vielen Menschen Hemmungen und Blockaden aus
Darüber hinaus führt eine Art Kontrollzwang dazu, der viele Menschen davon abhält, etwas Neues auszuprobieren. Es erscheint häufig viel leichter, sich in bekannten, scheinbar kontrollierbaren Strukturen zu bewegen, als das Ungewisse zu wagen. So verhindert die Angst vor ungewissen Ergebnissen häufig Veränderungen und Perspektivenwechsel. Ein nerviger Job oder eine unglückliche Beziehung wird dann weitergeführt statt sich den Problemen zu stellen, das Alte zu beenden und offen für etwas Neues zu sein. „Häufig wird eine Erfolgsgarantie erwartet, aber die gibt es nicht", erläutert die Psychologin.
Auch „frühe Erfahrungen, die man gar nicht mehr reflektiert", zu hohe Erwartungen an sich selbst und Gewohnheiten, die sich so sehr verfestigt hätten, dass man sie nicht mehr hinterfrage, könnten hemmen und blockieren. Scharnhorst nennt als Beispiel perfektionistische Frauen, die so große Angst vor dem Scheitern einer Sache haben, dass sie diese erst gar nicht ausprobieren. Sie rät Betroffenen dazu, sich zu fragen, woher die Hemmungen und Blockaden rühren und welche Ängste dahinterstecken. So löst ein geringer Selbstwert häufig Versagensängste aus, weil der Betroffene in seinem Selbstbild „nicht ausreicht“ und nicht „gut genug ist“, so wie er ist. Wenn er dann noch scheitert, ist das Selbstbild völlig zerstört.
Mit kognitiver Verhaltenstherapie Hemmungen und Blockaden abbauen lernen
Hertel zufolge ist die kognitive Verhaltenstherapie ein geeignetes psychologisches Verfahren, um Hemmungen und Blockaden abzubauen, da dabei mit Hilfe eines Therapeuten Überzeugungen, Glaubenssätze und Gedanken über sich selbst, sein Umfeld und das Leben aufgedeckt, erkannt und verändert werden können. Der Klient lernt neue Glaubenssätze und Verhaltensweisen, die ihm im alltäglichen Leben helfen, freier und entspannter zu sein. So kann eine bestimmte Atemtechnik in besonders belastenden Situationen helfen, sich zu beruhigen und zu entspannen. „Angst führt zu einer enormen Erregung und Anspannung", berichtet Hertel. Um Blockaden zu lösen, müssen sich auch die Ängste auflösen.
Motivationstrainer Enkelmann rät dazu, ein Glückstagebuch zu führen. „Darin notieren wir jeden Abend drei Dinge, über die wir uns heute gefreut haben", erklärt er. „Auch an Tagen, an denen alles schiefgegangen ist, gibt es die drei Dinge." Wer dies eine Zeit lang gemacht habe, werde eine Veränderung feststellen. „Nach einem Jahr sieht der Kopf ganz anders aus." Statt sich weiterhin mit negativen Gedanken zu beschäftigen, werde der Geist dann von positiven Informationen geleitet. Zusätzlich müsse man herausfinden, was man wirklich will und dies auch umsetzen. „Jeder Mensch kann sein Leben in die Hand nehmen und verändern", erläutert Enkelmann.
Beim Ausprobieren von Neuem nicht zu viel auf einmal vornehmen
Scharnhorst rät ihren Klienten ebenfalls dazu, Positives zu notieren. So sollten länger zurückliegende Erfolge genauso aufgeschrieben werden wie die alltäglich positiven Dinge. Das könne auch einen bereits lange aufgeschobenen Anruf beinhalten, zu dem man sich endlich durchgerungen habe.
Wer sich überwindet, etwas Neues auszuprobieren, sollte sich dabei nicht überfordern. Die Psychologin rät zur Salamitaktik: „Nicht zu viel auf einmal vornehmen, sondern nur so viel, dass es sich noch angenehm anfühlt, und da, wo Erfolgserlebnisse möglich sind." So kann bei einer beruflichen Veränderung zunächst auf Probe gearbeitet werden oder bei einer neuen Sportart zunächst eine Schnupperstunde absolviert werden, bevor ein Vertrag unterschrieben wird. Gute Erfahrungen seien die Grundlage, um sich an das nächste Projekt zu wagen, so die Psychologin.
Hilfreich sei zudem ein Strategieplan, für den man sich Fragen stellt wie „Warum mache ich das?“ „Was sind die Vor- und Nachteile?“ und „Welche Schwierigkeiten könnten mit dabei begegnen und kann ich diese lösen?“. Zudem helfe es, anderen von seinen Plänen zu erzählen. Denn dadurch verpflichte man sich, das Vorgenommene auch einzuhalten, erläutert Scharnhorst.
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.