Gemeinsamer Bundesausschuss verteilt gute Noten für neues, teures Arzneimittel gegen Hepatitis C
18.07.2014
Bei der Bewertung des Zusatznutzens des neuen Hepatitis C-Medikaments mit dem Wirkstoff Sofosbuvir hat der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen, Ärzte und Kliniken gestern nach langen Auseinandersetzungen gute Noten für das Mittel vergeben. Abhängig von der Art der Erkrankung habe das Arzneimittel einen hohen oder geringen Zusatznutzen, urteilte das höchste Gremium des deutschen Gesundheitswesens in seiner gestrigen Sitzung. Die Vertreter der Ärzte, Patienten und Kliniken setzen sich bei der Abstimmung gegen die Krankenkassenvertreter durch, die vor allem kritisierten, dass es derzeit an Studien fehle, die die Verbesserung für die Patienten eindeutig belegten.
Neues Mittel gegen Hepatitis C hat viel geringere Nebenwirkungen
Wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft bereits im Vorfeld festgestellt hatte, verbessert das neue Hepatitis C-Mittel die Heilungschancen von Patienten stark im Vergleich zu den bisher verfügbaren Therapien. Zudem soll es wesentlich weniger Nebenwirkungen verursachen und eine kürzere Behandlungsdauer beinhalten. Bisher kommen interferonhaltige Kombinationstherapien, die über 16 bis 72 Wochen angewendet werden müssen, bei Hepatitis C-Patienten zum Einsatz. Diese Behandlungsmöglichkeiten gehen aber mit starken Nebenwirkungen, insbesondere mit schwerwiegenden psychiatrischen Problemen wie beispielsweise Depressionen einher. Aber der Vorteil dieser älteren Medikamente: Sie sind weit günstiger als Sofosbuvir.
Neues Hepatitis C-Mittel verbessert Behandlungserfolg
Die Kassen wollten dem neuen Hepatitis C-Medikament eine schlechtere Bewertung geben, da es nach ihrer Ansicht an Studien mangele, die den Zusatznutzen für die Betroffenen eindeutig belegten. „Angesichts des mit dem neuen Arzneimittel erzielbaren Behandlungserfolgs, der möglichen Verkürzung der Therapiedauer und der Vermeidung der schweren Nebenwirkungen von Interferon ist es in diesem besonderen Falle aus ethischen Gründen geboten, nicht kontrollierte, einarmige Studien zu Sofosbuvir im Vergleich mit historischen Kontrollen zu den bisherigen interferonhaltigen Behandlungsoptionen als Entscheidungsgrundlage zu berücksichtigen“, erklärte der unparteiische Vorsitzende und Vorsitzende des Unterausschusses Arzneimittel, Josef Hecken. „Nach der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses gilt zwar der für die Nutzenbewertung eines neuen Wirkstoffes anzuwendende Grundsatz der evidenzbasierten Medizin, dass Aussagen zum Nutzen-Verhältnis der miteinander zu vergleichenden Interventionen grundsätzlich auf der Grundlage von direkt vergleichenden klinischen Studien höchster Qualität getroffen werden. In besonders gelagerten Fallkonstellationen kann es jedoch gerechtfertigt sein, eine Bewertungsentscheidung auf der Grundlage qualitativ angemessener Unterlagen niedrigerer Evidenz-Stufe zu treffen – auch dies sieht die Verfahrensordnung vor. Diese Voraussetzungen sind bei der Nutzenbewertung von Sofosbuvir erfüllt.“
Nutzenbewertung des Hepatitis C-Mittels ist die Basis für Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und Hersteller
Die Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses bildet die Grundlage für die Verhandlungen zwischen dem Kassen-Spitzenverbands und dem Herstellerunternehmen über den Preis, den die Kassen für das Arzneimittel später erstatten.
Das Kölner Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hatte vorab monierte, dass der Zusatznutzen des neuen Hepatitis C-Mittels nicht quantifizierbar sei, „da unklar ist, wie häufig tatsächlich das Auftreten von Leberkrebs vermieden werden kann". Einige Patienten entwickeln nach 20 bis 25 Jahren eine Leberzirrhose, die das Risiko für das Leberzellkarzinom deutlich erhöht. Der Gemeinsame Bundesausschuss folgte den Bedenken des IQWiG jedoch nicht.
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