Behandlung von Klebsiella pneumoniae mit Edoxudin
Ein Medikament zu Behandlung von Herpes könnte die Lösung im Kampf gegen gefährliche antibiotikaresistente Bakterienstämme darstellen, die laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine der größten globalen Bedrohungen der menschlichen Gesundheit darstellen.
In einer neuen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der Université de Genève wurden insgesamt 1.099 chemische Verbindungen analysiert, um den multiresistenten Krankenhauskeim Klebsiella pneumoniae so abzuschwächen, so dass er leichter von den Immunzellen des Körpers vernichtet werden kann. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“ veröffentlicht.
Ein gefährlicher Krankheitserreger
Klebsiella pneumoniae (auch als Krankenhauskeim bekannt) führt häufig zu einer Infektionen der Atemwege, des Darms und der Harnwege. Ein Problem in der Behandlung des Bakteriums ist, dass es gegen die meisten eingesetzten Antibiotika resistent ist.
Dies führt zusammen mit der hohen Virulenz dazu, dass bei einigen Stämmen 40 bis 50 Prozent der infizierten Menschen versterben, berichtet das Forschungsteam.
Probleme bei der Entwicklung von Medikamenten
Die Entwicklung von neuen Medikamenten sei zudem häufig schwierig, teuer und benötige viel Zeit. Außerdem gebe es letztendlich keine Garantie dafür, dass die erwünschte Wirkung erzielt wird.
Daher verfolgten die Forschenden bei ihrer neuen Studie den Ansatz, bereits bestehende Arzneimittel auf ihre Wirkung gegen multiresistente Bakterien zu überprüfen. Dafür wertete das Team hunderte zugelassene Medikamente aus, die mit einem potenziellen Nutzen gegen Klebsiella pneumoniae in Zusammenhang gebracht wurden.
Herpesmedikament gegen resistente Bakterien?
Das Team nutzte eine Amöbe mit der Bezeichnung Dictyostelium um zu überprüfen, ob Klebsiella pneumoniae durch eine Behandlung geschwächt wurde oder nicht. Dictyostelium ist ein einzelliger Organismus, welcher sich von Bakterien ernährt.
Dafür fängt er diese ein und nimmt sie auf, wobei die Amöbe die gleichen Mechanismen anwendet, mit denen Immunzellen Krankheitserreger abtöten, erläutert das Team.
„Wir haben diese Amöbe genetisch so verändert, dass sie uns sagen kann, ob die Bakterien, auf die sie trifft, krankheitserregend sind oder nicht. Mit diesem sehr einfachen System konnten wir dann Tausende von Molekülen testen und diejenigen identifizieren, die die Virulenz der Bakterien verringern“, berichtet Studienautor Professor Pierre Cosson in einer Pressemitteilung.
So stellten die Fachleute fest, dass ein Medikament mit der Bezeichnung Edoxudin, welches normalerweise zur Behandlung von Herpes verwendet wird, eine besonders vielversprechende Wirkung hat.
Edoxudin verändert Oberfläche von Bakterien
Edoxudin habe in der Untersuchung das Bakterium so manipuliert, dass dessen schützende Oberfläche geschwächt wurde und die Immunzellen des Körpers Klebsiella pneumoniae einfacher vernichten konnten.
„Durch die Veränderung der Oberflächenschicht, die die Bakterien vor ihrer äußeren Umgebung schützt, macht dieses pharmakologische Produkt sie angreifbar. Im Gegensatz zu einem Antibiotikum tötet Edoxudin die Bakterien nicht ab, was das Risiko einer Resistenzentwicklung einschränkt – ein großer Vorteil einer solchen Anti-Virulenz-Strategie“, erläutert der Mediziner.
Seit den 1930er Jahren setze die Medizin auf Antibiotika, um pathogene Bakterien loszuwerden, doch auch andere Ansätze wie der Versuch, das Abwehrsystem der Bakterien zu schwächen, so dass sie dem Immunsystem nicht mehr entkommen können, seien eine Option.
Der aufgezeigte Behandlungsansatz sei zudem besonders vielversprechend, da die Virulenz von Klebsiella pneumoniae hauptsächlich auf dessen Fähigkeit aufbaue, den Angriffen von Immunzellen zu entgehen, fügt der Mediziner hinzu.
Edoxudin bereits in geringer Dosis wirksam
In der aktuellen Untersuchung zeigte sich, dass das Medikament Edoxudin Auswirkungen auf die virulentesten Stämme von Klebsiella pneumoniae hatte, selbst wenn die Konzentrationen des Arzneimittels unter denen lagen, die zur Behandlung von Herpes eingesetzt werden, fassen die Forschenden zusammen.
Klebsiella pneumoniae ausreichend abzuschwächen, ohne jedoch das Bakterium abzutöten, ist nach Ansicht von Professor Cosson eine raffinierte Strategie, die kurz- und langfristig zum Erfolg im Kampf gegen das multiresistente Bakterium führen könnte. Auch wenn die Ergebnisse der aktuellen Studie durchaus ermutigend wirken, sei es zunächst allerdings erforderlich, diese auch am Menschen zu überprüfen. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Estelle Ifrid, Hajer Ouertatani-Sakouhi, Tania Jauslin, Sebastien Kicka, Gianpaolo Chiriano, et al.: 5-ethyl-2’-deoxyuridine fragilizes Klebsiella pneumoniae outer wall and facilitates intracellular killing by phagocytic cells; in: PLoS ONE (veröffentlicht 31.10.2022), PLoS ONE
- Université de Genève: A new weapon against antibiotic-resistant bacteria (veröffentlicht 04.11.2022), Université de Genève
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.