Allergien können Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen
Allergisches Asthma und Allergien können laut einer aktuellen Studie Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Auch die Behandlung allergischer Erkrankungen mit bestimmten Medikamenten kann demnach Einfluss auf das Risiko für Herzkrankheiten haben – sowohl positiv als auch negativ.
Forschende des Brigham and Women’s Hospital in Boston, Massachusetts (USA) kamen im Rahmen einer Übersichtsarbeit zu dem Ergebnis, dass allergische Erkrankungen und deren Behandlung ein bislang unterschätzter Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein können. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Nature Cardiovascular Research“ vorgestellt.
Gängige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Bei den Risiken für die Entstehung von Herzkrankheiten kommen den meisten Menschen Faktoren wie Bluthochdruck, ein hoher Cholesterinspiegel, Adipositas, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung oder Diabetes in den Sinn.
Neue potenzielle Risikofaktoren für Herzkrankheiten entdeckt
Wie die amerikanische Arbeitsgruppe nun belegte, scheinen sich allergisches Asthma und Allergien auch zur Gruppe der Risikofaktoren für Herzkrankheiten zu gesellen, ebenso einige der Medikamente, die für diese Erkrankungen verabreicht werden.
„Viele Menschen denken bei Asthma an eine Lungenerkrankung, aber es gibt einen wichtigen Zusammenhang zwischen Asthma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie koronare Herzkrankheiten, Bluthochdruck und mehr“, bestätigt Studienautor Guo-Ping Shi vom Brigham and Women’s Hospital.
„Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit diesem Thema, und die Erkenntnisse aus klinischen Studien und aus der Grundlagenforschung weisen darauf hin, dass allergisches Asthma ein wichtiger Risikofaktor ist“, betont Shi.
Zahlreiche Verbindungen in Studien der letzten Jahrzehnte
Das Team um Shi trug Beweise aus zahlreichen Studien der letzten Jahre zusammen, die den Zusammenhang zwischen Allergien und Herzkrankheiten untermauern. Unter anderem fanden die Forschenden eine Verbindung zwischen Asthma und und einem erhöhten Risiko für
- koronare Herzkrankheit,
- Schlaganfall,
- Herzversagen,
- Aorten-Erkrankungen,
- periphere arterielle Erkrankungen,
- weitere kardiale Komplikationen.
Ähnliche Zusammenhänge mit Herz-Kreislauferkrankungen fand die Arbeitsgruppe bei allergischen Erkrankungen wie allergischer Rhinitis, Pollenallergie, atopischer Dermatitis (allergisches Ekzem) sowie bei schweren Allergien auf Lebensmittel und Medikamente.
„Die Beobachtungen aus diesen Studien deuten insgesamt darauf hin, dass allergische Reaktionen neben Asthma ebenfalls bedeutende Risikofaktoren für Herzkrankheiten sind“, hebt Shi hervor.
Asthma-Medikamente und Risiko für Herzkrankheiten
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden auch Belege dafür, dass Arzneien, die bei der Behandlung von Asthma oder Allergien eingesetzt werden, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beeinflussen könnten. Dazu zählen beispielsweise folgende Medikamente:
- Inhaliertes Albuterol scheint das mit Asthma verbundene Herz-Kreislauf-Risiko zu senken.
- Orale und intravenöse Kortikosteroide wie Prednison scheinen das Risiko für die Entstehung von Herzkrankheiten zu erhöhen.
- Inhalierte Kortikosteroide wie Fluticasonpropionat und Budesonid scheinen das Risiko wiederum zu senken.
- Leukotrien-Hemmer wie Montelukast scheinen sich insgesamt günstig auf Entzündungswerte und Blutfettwerte auszuwirken und das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zu senken.
- Bei Antikörpern gegen Immunglobulin E (Anti-IgE) wie Omalizumab zur Behandlung von schwerem allergischem Asthma zeigten Studien gemischte Ergebnisse mit positiven und negativen Tendenzen.
Gemeinsame Schnittstelle zwischen Allergien und Herzkrankheiten
Nach Angaben der Forschungsgruppe gibt es in mehreren klinischen als auch präklinischen Studien Hinweise auf die Gründe für diesen Zusammenhang. Dabei scheinen vor allem sogenannte Mastzellen und der Antikörper Immunglobulin E (IgE) eine entscheidende Rolle zu spielen.
Bei Mastzellen handelt es sich um körpereigene Zellen, die bei der Abwehr von Krankheitserregern helfen. IgE-Antikörper haben eigentlich die Aufgabe, den Körper vor Parasiten zu schützen. Bei Asthma und Allergien richten sich die Antikörper jedoch fälschlicherweise gegen eigentlich harmlose Substanzen aus unserer Umwelt wie beispielsweise Pollen.
Mastzellen und IgE an Entstehung von Herzkrankheiten beteiligt?
Das Team um Shi fand eine ganze Reihe von Studien, die im Laufe der letzten Jahrzehnte aufgezeigt haben, dass sowohl Mastzellen als auch IgE nicht nur bei Asthma und Allergien, sondern auch bei der Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen eine Rolle spielen.
„Indem wir die Arbeiten der Grundlagenforschung und der klinischen Studien miteinander verbinden, können wir beginnen, das Gesamtbild zu sehen und über die Auswirkungen auf die Patientenversorgung nachzudenken“, resümiert Shi. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Guo J et al.: Allergic asthma is a risk factor for human cardiovascular diseases; in: Nature Cardiovascular Research (2022), DOI: 10.1038/s44161-022-00067-z, nature.com
- Brigham and Women’s Hospital: Allergic asthma, allergies may be risk factors for cardiovascular diseases (veröffentlicht: 16.05.2022), eurekalert.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.