„ABI-Test“ warnt vor Herzinfarkt und Schlaganfall
Durchblutungsstörungen können zu dramatischen Spätfolgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, und Amputationen von Gliedmaßen führen. Ein schmerzloser und zuverlässiger Gefäßtest kann Durchblutungsstörungen feststellen und so dabei helfen, das Risiko für die lebensbedrohlichen Erkrankungen zu reduzieren.
Wie die Deutsche Herzstiftung in einer aktuellen Mitteilung schreibt, kann der sogenannte „ABI-Test“ schmerzlos und zuverlässig gefährliche Durchblutungsstörungen wie „Schaufensterkrankheit“ und koronare Herzkrankheit aufdecken. Dieser Gefäßtest erfolgt mit Blutdruckmanschette und Doppler-Ultraschall.
Millionen Betroffene wissen nichts von ihrer Erkrankung
Bei Betroffenen mit der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK, umgangssprachlich auch als Raucherbein bezeichnet) wird das Problem mit Schmerzen beim Gehen, häufig in den Waden, offensichtlich.
Da für diese Patientinnen und Patienten längeres Stehen – beispielsweise vor einem Schaufenster – die Schmerzen abklingen lässt, wird die pAVK auch „Schaufensterkrankheit“ genannt. Schätzungen zufolge leiden unter dieser Durchblutungsstörung in Deutschland vier bis fünf Millionen Menschen. Doch etwa drei Millionen Betroffene wissen nichts von ihrer Erkrankung, denn die Schaufensterkrankheit tritt erst spät auf.
„Patienten mit pAVK tragen ein hohes Risiko, eine Herzerkrankung wie Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, weil bei ihnen häufig auch Ablagerungen in den Herzkranz- oder Halsarterien zu finden sind“, warnt Prof. Dr. med. Heribert Schunkert vom Vorstand der Deutschen Herzstiftung in der aktuellen Ausgabe der Herzstiftungs-Zeitschrift HERZ heute.
Zudem drohten in fortgeschrittenen Stadien der pAVK Geschwüre („offenes Bein“) bis hin zur Beinamputation. „Umso mehr müssen wir die Personen mit einem erhöhten Risiko frühzeitig entdecken und die diagnostizierte Herz- oder Kreislauferkrankung behandeln“, sagt der Direktor der Klinik für Erwachsenenkardiologie am Deutschen Herzzentrum München (DHM).
Simple und völlig schmerzlose Untersuchungsmethode
Die Medizin bietet mit der Messung des Knöchel-Arm-Index, auch „ABI-Test“ genannt (ABI: Ankle Brachial Index), eine simple und völlig schmerzlose Untersuchungsmethode. „Der ABI-Test kann anzeigen, ob die Blutgefäße frei oder verengt sind – noch bevor Beschwerden auftreten“, erläutert die Gefäßspezialistin und Funktionsoberärztin der angiologischen Ambulanz am DHM, Prof. Dr. med. Birgit Steppich.
Für die ABI-Messung legt der Arzt oder die Ärztin Blutdruckmanschetten am Oberarm und am Knöchel des Patienten oder der Patientin an. Nach einer Ruhephase werden die Manschetten dann wie bei einer klassischen Blutdruckmessung aufgeblasen. Mit einem Doppler-Ultraschallgerät wird einmal der systolische Blutdruck (oberer Blutdruckwert) am Knöchel und danach am Oberarm gemessen. Beide Messungen werden sowohl rechts als auch links durchgeführt.
Der ABI wird ermittelt, indem der am Knöchel bestimmte durch den am Oberarm gemessenen Blutdruck geteilt wird. Dieses Ergebnis (Quotient) ist der ABI. „Den ABI-Test sollte jeder ab 65 Jahren einmal von seinem Arzt oder seiner Ärztin durchführen lassen. Personen mit Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einer pAVK in der Familie sollten ihn ab 50 Jahren machen“, empfehlen Schunkert und Steppich.
Typische Risikofaktoren
Laut der Herzstiftung liegt eine pAVK vor, wenn die Berechnung einen Wert unter 0,9 ergibt. Normale Werte liegen bei einem ABI-Quotienten zwischen 0,9 und 1,2. Je niedriger der ABI-Wert, desto weiter fortgeschritten ist die gefährliche Durchblutungsstörung.
„Aber auch ABI-Werte über 1,3 sind ebenfalls krankhaft. Sie zeigen eine besondere Art der Gefäßversteifung, die Mediaverkalkung an, die vor allem bei Patienten mit Diabetes und Nierenschwäche auftritt“, erklärt Schunkert.
Bei der Mediaverkalkung hat die Ader ihre Elastizität verloren und lässt sich mit der Blutdruckmanschette nicht eindrücken. Typische Risikofaktoren, neben einem hohen Alter, für das Entstehen einer pAVK sind:
- Rauchen
- Zuckerkrankheit Diabetes mellitus
- Fettstoffwechselstörungen (hohe Cholesterinwerte)
- Bluthochdruck
- erbliche Veranlagung
- bei zehn Prozent der Patientinnen und Patienten andere Faktoren wie entzündliche Prozesse.
Umstellung des Lebensstils
Entsprechend ist eine Umstellung des Lebensstils durch Verzicht auf das Rauchen, Achten auf Normalgewicht, gesunde Ernährung sowie ausreichend Ausdauerbewegung möglichst 30-40 Minuten drei- bis fünfmal die Woche fester Bestandteil der Therapie.
Auch Medikamente wie Plättchenhemmer (Thrombosehemmer) und Statine (Cholesterinsenker) können zum Einsatz kommen. Wie die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) auf ihrem gemeinsamen Portal „patienten-information.de“ erklären, belegen aussagekräftige Studien, dass Statine und Plättchenhemmer die Häufigkeit von Herzinfarkten und Schlaganfällen sowie die Sterblichkeit senken.
Zusätzlich lindern Statine pAVK-Schmerzen. Als Nebenwirkung können Statine Muskelschwäche verursachen und Plättchenhemmer können zu Blutungen führen.
Patientinnen und Patienten, die Schmerzen beim Gehen haben, kann auch ein strukturiertes Gehtraining helfen.
In manchen Fällen wird das verengte Gefäß auch mit einem kleinen Ballon aufgedehnt (Ballondilatation). Des Weiteren wird manchmal empfohlen, zusätzlich einen Stent einzusetzen. Und auch eine Operation kann zur Behandlung einer pAVK infrage kommen.
ABI-Messung kann Leben retten
Das Fazit der Deutschen Herzstiftung: Eine ABI-Messung kann Leben retten: Die pAVK lässt sich schnell und risikolos feststellen, ebenso das individuelle Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
Patientinnen und Patienten mit pAVK und einer erhöhten Gefährdung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen können entdeckt und dank einer frühzeitigen Diagnose und Therapie vor lebensbedrohlichen Komplikationen bewahrt werden.
Die Aussagekraft der risikolosen ABI-Messung ist durch eine große Studie („getABI-Studie“) bereits seit 2001 belegt.
Woher die Schmerzen kommen
Abschließend erklären die Fachleute der Herzstiftung, woher bei pAVK die Schmerzen in den Beinen kommen.
Die Ursache der pAVK liegt in der Arteriosklerose (Arterienverkalkung), der „Verkalkung“ von Arterien: Blutfette, Kalk, Bindegewebe und entzündungsfördernde Zellen lagern sich in der Innenwand der Blutgefäße ab und bilden sogenannte Plaques, die in das Gefäß hineinragen und es verengen.
Meist sind die Arterien der Beine und des Beckens betroffen. Dadurch gelangt nicht mehr ausreichend Blut in die Beine und es kommt zu Schmerzen, da die Muskelzellen in den Waden nicht genügend Sauerstoff und Nährstoffe erhalten. Dies erklärt die ziehenden Schmerzen in der Wade („Übersäuerung“). (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Herzstiftung: Lebensrettender Gefäßtest warnt vor Herzinfarkt und Schlaganfall, (Abruf: 22.12.2019), Deutsche Herzstiftung
- Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Periphere arterielle Verschlusskrankheit pAVK, (Abruf: 22.12.2019), patienten-information.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.