Erhöhtes Risiko für Hirnschwund durch verdicktes Herz
Wird das Herz über einen langen Zeitraum überanstrengt, verdickt sich der Herzmuskel zunehmend. Oft geschieht dies durch hohen Blutdruck. Ein deutsches Forschungsteam zeigte nun, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der Gesundheit des Herzens und des Gehirns gibt. Ein verdicktes Herz war im Rahmen einer aktuellen Studie signifikant mit einem erhöhten Risiko für Gewebeverlust in der Großhirnrinde assoziiert.
Forschende des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf Forschung (DZHK) an der Universitätsmedizin Greifswald belegten, dass Menschen mit verdicktem Herzmuskel (medizinisch: kardiale Hypertrophie) häufiger eine dünnere Großhirnrinde sowie Schädigungen der weißen Substanz aufweisen. Die aktuellen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass ein verdickter Herzmuskel das Gehirn schädigt, noch bevor eine Herz-Kreislauferkrankung vorliegt. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten „Journal of the American Heart Association (JAHA)“ publiziert.
Wenn das Herz verdickt
Die krankhafte Schädigung des Herzens geschieht gewöhnlich nicht von heute auf morgen. Es handelt sich in der Regel dabei um einen schleichenden Prozess über einen längeren Zeitraum. Häufig geschieht dies durch Bluthochdruck, der das Herz unter Dauerbelastung setzt. Als Folge der Anstrengung verdickt sich der Herzmuskel zunehmend. Ein stark vergrößerter Herzmuskel kann Ursache für verschiedene Herz-Kreislauferkrankungen sein, wie beispielsweise Herzschwäche, Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen.
Verdicktes Herz mit Hirnatrophie verbunden
„Uns hat erstaunt, wie stark und konstant ein verdickter Herzmuskel mit Schäden in der weißen Substanz beziehungsweise dem Gewebeverlust in der Großhirnrinde assoziiert ist“, erläutert Dr. Martin Bahls von der Universitätsmedizin Greifswald. Die Arbeitsgruppe dokumentierte, wie sich die krankhafte Veränderungen in Herz und Gehirn gemeinsam entwickeln.
Mögliche Ursache für kognitive Einschränkungen bei Bluthochdruck
„Der Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und kognitiven Einschränkungen ist schon lange bekannt und gilt als gesichert“, fügt Studienerstautor Stefan Frenzel hinzu. Die kardiale Hypertrophie gelte schon lange als wichtiger Risikofaktor für den Verlust von kognitiven Fähigkeiten. Die Forschenden wollten deshalb prüfen, ob die Einschränkungen mit einer veränderten Hirnstruktur zusammenhängen.
Wer wurde untersucht?
Unterstützt von einem Team des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) untersuchte die Arbeitsgruppe 1.602 Menschen im Alter zwischen 21 und 82 Jahren aus der Allgemeinbevölkerung. Die Daten der Teilnehmenden wurden im Rahmen der sogenannten „Study of Health in Pomerania (SHIP)“ erhoben.
Es handelt sich dabei um Personen aus Vorpommern, die ganzheitlich auf typische Krankheitsbilder untersucht wurden. Alle Teilnehmenden hatten weder einen vorherigen Herzinfarkt, noch war eine eingeschränkte Pumpfunktion des Herzens bekannt. Von allen Probandinnen und Probanden wurden Ultraschalluntersuchungen des Herzens sowie MRT-Aufnahmen des Gehirns gemacht.
Verdicktes Herz mit dünnerer Großhirnrinde verbunden
Mit Hilfe der Informationen konnten die Forschenden von jedem Teilnehmenden ein 3D-Modell der Großhirnrinde erstellen. Dies ermöglichte einen umfassenden Vergleich zwischen der Dicke der Großhirnrinden.
Es stellte sich heraus, dass diejenigen, die eine kardiale Hypertrophie, also ein verdicktes Herz aufwiesen, tendenziell eine dünnere Großhirnrinde hatten. Der Zusammenhang sei unabhängig von allen festgestellten Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes. Zudem wies die Großhirnrinde der Betroffenen mit verdicktem Herzmuskel im Durchschnitt mehr Läsionen auf.
Studie läuft noch weiter
Die Teilnehmenden werden alle fünf Jahre zu einer weiteren umfassenden Untersuchung eingeladen. Die Datenerhebung des zweiten Durchlaufs wurde kürzlich abgeschlossen und muss nun ausgewertet werden. „Durch solche Verlaufsuntersuchungen können wir viel darüber lernen, welche Veränderungen mit zunehmendem Alter normal sind und welche nicht“, betont Bahls. Langfristig lassen sich aus solchen Forschungsergebnissen präventive Maßnahmen entwickeln, mit denen sich das Risiko für eine Demenzerkrankung oder eine Herzinsuffizienz vermindern lassen kann, so die Hoffnung des Experte. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- DZHK: Ein verdickter Herzmuskel erhöht das Risiko für den Abbau von Gehirnstrukturen (veröffentlicht: 20.10.2021), dzhk.de
- Frenzel S, Wittfeld K, Bahls M.J, et al.: Cardiac Hypertrophy Is Associated with Advanced Brain Aging in the General Population; in: Am Heart Assoc. 2021, ahajournals.org
Wichtiger Hinweis:
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