Studie untersucht die Risikofaktoren der Volkskrankheiten in Bezug auf Körpergewicht
Dass Übergewicht und Adipositas potentielle Risikofaktoren für Stoffwechselstörungen wie Diabetes, Bluthochdruck und einen zu hohen Cholesterinspiegel im Blut (Hypercholesterinämie) sind, wurde in letzter Zeit bereits vielfach berichtet. Dem gegenüber stehen Berichte über „kranke Schlanke“, die trotz Normalgewicht ein ähnlich erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, wie adipöse Menschen. Ebenso scheint es das Phänomen der „gesunden Dicken“ zu geben, die trotz massiven Übergewichts keine Stoffwechselstörungen entwickeln. Eine aktuelle Studie untersuchte, wie die Stoffwechsel-Risikofaktoren vom Körpergewicht beeinflusst werden und welche tatsächlichen Risiken für Herzinfarkt und Schlaganfall daraus resultieren.
Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE), der Harvard University und der Universitätsklinik Tübingen untersuchten rund 90.000 Datensätze einer großen US-amerikanischen Kohortenstudie. Die Daten stammen allesamt von Frauen. Den Analyseergebnissen zufolge haben Frauen mit starkem Übergewicht beziehungsweise Adipositas ein erhöhtes Risiko für Herzkrankheiten, auch wenn sie einen gesunden Stoffwechsel haben. Ebenso zeigte sich, dass normalgewichtige Frauen ein erhöhtes Risiko haben, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, wenn sie an einer Stoffwechselerkrankung wie Diabetes oder Bluthochdruck leiden. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „The Lancet Diabetes & Endocrinology“ publiziert.
Daten wurden über 30 Jahre hinweg gesammelt
Das Forscherteam um Matthias Schulze und Nathalie Eckel vom DIfE wertete die Daten einer großen US-amerikanischen Langzeitstudie (Nurses‘ Health Study) aus. Die Frauen wurden bis zu 30 Jahre lang medizinisch beobachtet. Der Fokus lag auf dem Körpergewicht, der Stoffwechsel-Gesundheit und dem Auftreten von Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Frauen, die weder Bluthochdruck, noch Diabetes oder Hypercholesterinämie hatten, wurden unabhängig vom Körpergewicht als metabolisch gesund eingestuft.
Übergewicht als eigenständiger Risikofaktor
In der Gruppe der metabolisch gesunden Frauen zeigte sich, dass Probandinnen mit Übergewicht oder Adipositas im Vergleich zu normalgewichtigen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten. Die Studie zeigte auch, dass sobald ein Risikofaktor wie Bluthochdruck, Diabetes oder hohe Blutfettwerte im Cholesterinbereich hinzukam, sich das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko unabhängig vom Körpergewicht erhöhte.
Diabetes und Bluthochdruck als größte Risikofaktoren
Im Verlauf von 20 Jahren entwickelten unter den metabolisch gesunden Frauen mit Übergewicht mehr als 80 Prozent mindestens einen dieser Risikofaktoren. Auch bei normalgewichtigen Frauen trat im gleichen Zeitraum bei rund zwei Dritteln mindestens ein Risikofaktor auf. Insbesondere Diabetes und Bluthochdruck sind laut den Studienergebnissen mit einem zwei bis dreifach erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall verbunden.
Gesunde Adipositas gibt es nicht
„Wir beobachteten, dass adipöse Frauen auch dann ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten, wenn sie über 10 oder gar 20 Jahre metabolisch gesund blieben“, berichtet Erstautorin Nathalie Eckel in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen. Adipositas stelle somit ein ernstzunehmendes Erkrankungsrisiko dar, unabhängig davon, ob man jahrelang keine Auffälligkeiten im Stoffwechsel habe. Es gebe somit nach wie vor keine eindeutigen Hinweise darauf, dass eine Untergruppe bei Menschen mit Adipositas existiert, die kein erhöhtes Risiko aufweist, so Eckel. Die Wissenschaftler betonen, dass die Ergebnisse mit einer früheren Studie übereinstimmen, bei der versucht wurde, eine geeignete Definition einer gesunden Adipositas zu finden.
Auch Schlanke sollten auf der Hut sein
„Wir waren zudem überrascht, dass auch unter den metabolisch gesunden normalgewichtigen Frauen ein so hoher Anteil entweder an Bluthochdruck, Diabetes oder einer Fettstoffwechselstörung im Laufe von 20 Jahren erkrankt ist“, resümiert Studienleiter Matthias Schulze, der am DIfE die Abteilung Molekulare Epidemiologie leitet. Da diese Krankheiten maßgeblich das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall beeinflussen, sei es wichtig, langfristig die Stoffwechselgesundheit durch einen gesunden Lebensstil und eine gesunde Ernährung zu erhalten. Das gelte für normalgewichtige oder übergewichtige Personen gleichermaßen. (vb)
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