Welche Gene lösen einen Herzinfarkt aus?
Erstmals konnten die Gene identifiziert werden, welche die koronare Herzkrankheit verursachen und Herzinfarkte auslösen. Dieser Durchbruch im Verständnis der Ursprünge solcher Erkrankungen ebnet den Weg für völlig neue gezielte Therapien.
In einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung von Fachleuten der Icahn School of Medicine wurden Gene identifiziert, welche zu koronaren Herzkrankheiten führen und Herzinfarkte auslösen können. Die koronare Herzkrankheit gilt als die häufigste Todesursache der Welt.
Die in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Circulation: Genomic and Precision Medicine“ publizierten Ergebnisse zeigen:
- PHACTR1 ist eines der Hauptgene für koronare Herzkrankheiten.
- Die Bestimmung der Risikogene verbessert das Verständnis der Herzinfarkt-Ursachen.
- Die neu erstellte Genliste könnte gezielte Therapien ermöglichen.
Drei Durchbrüche im Kampf gegen Herzerkrankungen
Die Fachleute berichten zu ihrer Studie, dass sie drei wichtige Durchbrüche erzielt haben, die alle von entscheidender Bedeutung für den Kampf gegen Herzkrankheiten sind.
„Erstens haben wir jetzt die Gene genauer definiert, die wahrscheinlich eine koronare Herzkrankheit verursachen“, erläutert Studienautor Professor Jason Kovacic von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in einer Pressemitteilung.
Zweitens habe das Team festgestellt, wo genau im Körper die Hauptwirkung dieser Gene liegt, beispielsweise in den Herzarterien selbst, die direkt zu Verstopfungen führen. Die Wirkung könne aber auch in der Leber auftreten und den Cholesterinspiegel erhöhen oder im Blut und Entzündungen beeinflussen.
„Die dritte große Errungenschaft bestand darin, diese Gene – insgesamt 162 – nach ihrer Priorität für die Verursachung koronarer Herzkrankheiten zu ordnen“, fügt Professor Kovacic hinzu.
Welche Gene sind mit Herzinfarkten verbunden?
Zuvor wurden einige der wichtigsten Gene in der Studie noch nie im Zusammenhang mit Herzinfarkten untersucht. Deren Identifizierung stellte eine große Herausforderung dar, weil nicht bekannt war, wie viele der Gene koronare Herzkrankheiten verursachen.
Die Fachleute untersuchten 600 Personen mit koronarer Herzkrankheit und weitere 150 ohne eine solche Erkrankung. Alle Teilnehmenden wurden wegen einer Bypass-Operation an der koronaren Herzarterie oder aus anderen medizinisch indizierten Gründen am offenen Brustkorb operiert.
Mit einem Computer wurden dann die Daten analysiert und Informationen aus Tausenden von Genen zusammengestellt. Mit der Hilfe des gewonnen Wissens, kann untersucht werden, wie bestimmte Gene koronare Herzkrankheiten verursachen.
Auch könne nun überprüft werden, ob die identifizierten Gene vielversprechende Angriffspunkte für Medikamente bilden, berichtet Professor Kovacic.
Koronare Herzkrankheit durch PHACTR1
In der Studie stellte sich heraus, dass ein Gen mit der Bezeichnung PHACTR1 als eines der beiden Top-Gene für die Verursachung koronarer Herzkrankheiten bestätigt werden konnte.
PHACTR1 verursacht nicht nur die koronare Herzkrankheit, es ist auch bekannt dafür, einige anderer Gefäßkrankheiten wie beispielsweise Migräne, fibromuskuläre Dysplasie und spontane Koronararteriendissektion hervorzurufen, so Professor Kovacic.
„Obwohl es sich um das möglicherweise wichtigste Gen für die Entstehung von Gefäßkrankheiten handelt, wissen Wissenschaftler auf der ganzen Welt nur wenig über die Funktionsweise von PHACTR1 – und wir sind entschlossen, das zu ändern“, erklärt der Mediziner.
Bisher verwendete Gentests recht ungenau
Gentests, welche zur Untersuchung von Menschen mit einem Risiko für koronare Herzkrankheiten verwendet werden, analysieren Hunderte oder sogar Tausende Gene. Das Problem mit den Tests ist, dass sie nicht sehr genau sind, weshalb sie nicht routinemäßig im klinischen Umfeld eingesetzt werden.
Studie ermöglicht genauere Gentests
„Diese verfeinerte und nach Prioritäten geordnete Genliste, die wir in dieser Studie veröffentlicht haben, eröffnet viele neue Möglichkeiten für genauere Gentests, für ein besseres Verständnis der Ursachen des Herzinfarkts und für die Entwicklung gezielter Therapien für viele der neuen Genziele, die wir gefunden haben“, fügt Professor Kovacic hinzu.
Risiko für koronare Herzkrankheit reduzieren
Man hat zwar keinen Einfluss auf die Gene in sich, welche das Risiko für die koronare Herzkrankheit und Herzinfarkte erhöhen, trotzdem gibt es Risikofaktoren, welche glücklicherweise sehr wohl beeinflusst werden können.
Die Deutsche Herzstiftung nennt als Wichtigste vermeidbare oder zumindest steuerbare Risikofaktoren:
- Rauchen beziehungsweise Tabakkonsum,
- Bewegungsmangel,
- Übergewicht,
- Bluthochdruck,
- hohe Cholesterinwerte,
- Diabetes mellitus
(as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ke Hao, Raili Ermel, Katyayani Sukhavasi, Haoxiang Cheng, Lijiang Ma, et al.: Integrative Prioritization of Causal Genes for Coronary Artery Disease; in: Circulation: Genomic and Precision Medicine (veröffentlicht 28.12.2021), Circulation: Genomic and Precision Medicine
- Victor Chang Cardiac Research Institute: New study identifies the genes most likely to lead to heart attacks (veröffentlicht 16.02.2022), Victor Chang Cardiac Research Institute
- Deutsche Herzstiftung: Die koronare Herzkrankheit: Ursachen und Risiken (abgefragt 16.02.2022), Deutsche Herzstiftung
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.