KI identifiziert Herzinfarktrisiko durch Scans der Augen
Es ist möglich, ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt durch eine einfache Untersuchung der Augen festzustellen, die theoretisch bei einem Routinebesuch beim Optiker durchgeführt werden kann. Veränderungen an den winzigen Blutgefäßen in der Netzhaut deuten dabei auf Probleme mit der Herzgesundheit hin. Der neue Ansatz könnte die Früherkennungsuntersuchungen für Herzerkrankungen revolutionieren.
In einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung von Fachleuten der University of Leeds wurde festgestellt, dass mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) Scans der Augen analysiert werden können, um so Menschen mit einem hohen Herzinfarktrisiko zu identifizieren. Die entsprechenden Studienergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Nature Machine Intelligence“ publiziert.
KI-System analysiert Netzhautscans
Deep Learning bezeichnet eine komplexe Reihe von Algorithmen, die es Computern ermöglichen, Muster in Daten zu erkennen und so Vorhersagen zu treffen. Das in der Forschungsarbeit verwendete KI-System liest automatisch Netzhautscans aus und ist in der Lage, Personen zu identifizieren, welche wahrscheinlich im Laufe des folgenden Jahres einen Herzinfarkt erleiden werden, berichtet das Forschungsteam. Dabei habe das System eine Genauigkeit von 70 bis 80 Prozent.
Tod durch Herzkrankheiten
Herz-Kreislauf-Erkrankungen einschließlich Herzinfarkten sind weltweit die häufigste Ursache für einen frühen Tod, so Studienautor Professor Alex Frangi von der University of Leeds in einer Pressemitteilung. Die neue Form der Analyse eröffne hier die Möglichkeit, das Screening von Herzkrankheiten zu revolutionieren.
Netzhautscans seien vergleichsweise billig und bereits in vielen Augenarztpraxen routinemäßig in der Anwendung, was den Zugriff auf diese Untersuchung erheblich erleichtert, so Professor Frangi. Bisher sei es nur möglich gewesen, Einzelheiten über die Größe und Pumpleistung der linken Herzkammer durch diagnostische Tests wie Echokardiographie oder Magnetresonanztomographie zu ermitteln, die allerdings teuer und oft nur in Krankenhäusern verfügbar seien. Hier bietet der neue Ansatz eine bahnbrechende Alternative.
System kann Größe und Pumpleistung abschätzen
Während des Deep-Learning-Prozesses analysierte das KI-System die Netzhaut- und Herzscans von mehr als 5.000 Personen. Das System identifizierte Assoziationen zwischen der Pathologie in der Netzhaut und Veränderungen im Herzen, erläutern die Fachleute. Sobald es die Bildmuster erlernt hatte, habe das System die Größe und Pumpleistung der linken Herzkammer allein anhand der Netzhautscans abschätzen können.
Vorhersage von Herzinfarktrisiko für zwölf Monate
Eine vergrößerte Herzkammer ist mit einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten verbunden und mit Hilfe der Informationen über die geschätzte Größe der linken Herzkammer, ihre Pumpleistung und den demografischen Daten wurde eine Vorhersage des individuellen Herzinfarktrisikos für die nächsten zwölf Monaten möglich, berichten die Forschenden.
„Das KI-System hat das Potenzial, Personen zu identifizieren, die an routinemäßigen Augenuntersuchungen teilnehmen und ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben“, betont Studienautor Professor Chris Gale von der University of Leeds. So könnten präventive Behandlungen früher eingeleitet werden, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verhindern und die Scans könnten ihm zufolge auch genutzt werden, um die frühen Anzeichen einer Herzerkrankung zu erkennen.(as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Andres Diaz-Pinto, Nishant Ravikumar, Rahman Attar, Avan Suinesiaputra, Yitian Zhao, et al.: Predicting myocardial infarction through retinal scans and minimal personal information; in: Nature Machine Intelligence (veröffentlicht 25.01.2022), Nature Machine Intelligence
- University of Leeds: Using the eye as a window into heart disease (veröffentlicht 25.01.2022), University of Leeds
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.