Neue Therapiemöglichkeiten sollen Herzmuskelmasse reduzieren
Die Herzinsuffizienz (Herzschwäche) zählt weltweit zu einem der größten Probleme für die Gesundheitssysteme und verursacht diesen hohe Kosten. Allein in Deutschland wird die Zahl der Patientinnen und Patienten auf bis zu drei Millionen geschätzt. Forschende aus Österreich arbeiten an neuen Therapiekonzepten, um die Herzfunktion bei Herzinsuffizienz zu verbessern.
Die Herzschwäche, die in Fachkreisen als Herzinsuffizienz bezeichnet wird, ist eine der häufigsten Erkrankungen in westlichen Ländern. Allein in Deutschland wird die Zahl der Betroffenen auf zwei bis drei Millionen geschätzt. Unbehandelt kann die Erkrankung tödlich enden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Medizinischen Universität Graz arbeiten an neuen Therapiekonzepten, um die Herzfunktion bei Herzinsuffizienz zu verbessern.
Keine ausreichende Sauerstoffversorgung des Körpers über das Blut
Von einer Herzinsuffizienz wird gesprochen, wenn eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Körpers über das Blut nicht mehr gewährleistet ist, erklärt die Medizinische Universität Graz in einer Mitteilung.
Bei rund der Hälfte der Patientinnen und Patienten kann die Herzinsuffizienz auf eine verminderte Pumpleistung des Herzens zurückgeführt werden. Und die andere Hälfte der Betroffenen leidet an einer vermehrten Steifigkeit der Herzkammern.
„Diese Versteifung der Herzkammern wird in der Medizin als „Heart Failure with preserved Ejection Fraction – kurz HFpEF – bezeichnet und ist mit einer schlechten Prognose und Lebensqualität verbunden“, erklärt Markus Wallner von der klinischen Abteilung für Kardiologie der Medizinischen Universität Graz.
Trotz intensiver Forschungsanstrengungen gibt es derzeit noch keine prognoseverbessernde Therapie für Patientinnen und Patienten mit HFpEF. Diese Versorgungslücke hat sich der Forscher gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen zum Fokus für seine wissenschaftliche Arbeit genommen.
HDAC Inhibitoren als Therapieoption
Im Rahmen eines Forschungsaufenthaltes an der Temple University in Philadelphia (USA) entwickelte der österreichische Wissenschaftler gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen ein präklinisches Modell, welches viele wichtige kardiopulmonale Veränderungen wie bei HFpEF aufweist und laut den ESC Heart Failure Guidelines – ESC steht für European Society of Cardiology – alle Kriterien erfüllt, um eine HFpEF Diagnose stellen zu können.
„Im nächsten Schritt untersuchten wir die kardiopulmonalen und metabolischen Effekte von SAHA, einem Histone Deazetylase (HDAC) Inhibitor in diesem Modell“, erläutert Wallner. HDAC Inhibitoren sind aktuell zur Behandlung verschiedener Tumoren, nicht aber zur Behandlung von Herzinsuffizienz, zugelassen.
HDAC Inhibitoren bewirken im Körper eine chemische Anlagerung von Acetylgruppen, wodurch sie eine wichtige Rolle bei der Genexpression spielen. Durch diese Wirkstoffe wird eine Modifikation und Regulation von Zellfunktionen erreicht.
Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine” publiziert und entstanden durch eine internationale Forschungskooperation der Medizinischen Universität Graz mit CBmed, der Temple University, Philadelphia und der University of Colorado.
Ganzheitliche Verbesserung der kardialen Funktion
Das Forschungsteam stellte fest: Bei einer bereits ausgeprägten linksventrikulären Hypertrophie – einer krankhaften Vergrößerung des Herzmuskels der linken Herzkammer – führte die HDAC Inhibition im HFpEF Modell zu einer deutlichen Abnahme der Herzmuskelmasse.
Ebenso führte die Behandlung zu einer verbesserten Kontraktionsfähigkeit des Herzens und zu einer Abnahme des linksventrikulären Füllungsdruckes, der bei Herzschwäche krankhaft erhöht ist.
„Der Füllungsdruck beschreibt den Druck, der am Ende der Entspannungsphase des Herzens den Ventrikel vorherrscht“, erklärt Wallner. Die verbesserte Relaxation des Herzens im Labormodell konnte unter anderem auf eine Verbesserung in der myofibrillären Relaxation zurückgeführt werden, also einer Verbesserung der Entspannungsfähigkeit in den Herzmuskelfasern.
„Durch die ganzheitliche Verbesserung der kardialen Funktion konnte in weiterer Folge auch eine Reduktion der pulmonalen Druckverhältnisse und dadurch eine Verbesserung der Lungenfunktion erreicht werden“, ergänzt Wallner ein weiteres wichtiges Forschungsergebnis.
Abschließend konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch positive Effekte in der Skelettmuskulatur und dem Mitochondrium nachweisen.
Noch keine effektiven Therapieoptionen verfügbar
Den Angaben zufolge könnten sich einige dieser vielversprechenden Effekte von HDAC Inhibitoren auch positiv bei Patientinnen und Patienten mit HFpEF auswirken.
„Neue Therapiekonzepte für HFpEF sind dringend erforderlich, da die Prognose und Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit HFpEF schlecht sind und bis dato noch keine effektiven Therapieoptionen verfügbar sind“, fasst Wallner zusammen.
Die nun vorliegenden Forschungsergebnisse leisten einen wichtigen Beitrag, um in Zukunft die Effekte von HDAC Inhibitoren bei Herzinsuffizienz im Rahmen klinischer Studien untersuchen zu können. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Graz: Im Takt: Herzinsuffizienz, (Abruf: 12.01.2020), Medizinische Universität Graz
- Markus Wallner, Deborah M. Eaton, Remus M. Berretta, Laura Liesinger, Matthias Schittmayer, Juergen Gindlhuber, Jichuan, Mark Y. Jeong, Ying H. Lin, Giulia Borghetti, Sandy T. Baker, Huaqing Zhao, Jessica Pfleger, Sandra Blass, Peter P. Rainer, Dirk von Lewinski, Heiko Bugger, Sadia Mohsin, Wolfgang F. Graier, Andreas Zirlik, Timothy A. McKinsey, Ruth Birner-Gruenberger, Marla R. Wolfson, Steven R. Houser: HDAC inhibition improves cardiopulmonary function in a feline model of diastolic dysfunction, in: Science Translational Medicine, (Veröffentlichung: 08.01.2020), Science Translational Medicine
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.