Herzkrank und depressiv => Diabetes?
Bei vielen Menschen zeigen sich nach einem Herzinfarkt depressive Symptome. Durch diese Kombination erhöht sich für Betroffene auch das Risiko, später an Diabetes zu erkranken. Dies zeigt eine neue Studie aus Deutschland.
Laut wissenschaftlichen Untersuchungen haben Menschen mit Diabetes ein erhöhtes Risiko für plötzlichen Herztod und Herzinfarkt. Zudem ist bei Zuckerkranken die Gefahr für Depressionen erhöht. Doch auch umgekehrt gilt: Herzkranke Personen mit depressiven Symptomen besitzen ein erhöhtes Risiko, später an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken. Zu diesem Schluss kommen nun Forschende der Universität Ulm.
Rund acht Millionen Deutsche mit Diabetes
Wie es in einer Mitteilung der Universität Ulm heißt, gehört Diabetes mellitus zu den chronischen Volkskrankheiten. In Deutschland gibt es aktuell etwa acht Millionen Menschen mit der Diagnose Diabetes, rund 95 Prozent davon leiden unter Diabetes mellitus Typ 2, auch „Altersdiabetes“ genannt.
Als Auslöser dieser krankhaften Stoffwechselstörung gelten Übergewicht, zu wenig Bewegung sowie familiäre Vorbelastung. Die Ausgangsfrage der Ulmer Untersuchung lautete nun, ob sich das Neuerkrankungsrisiko für Diabetes mellitus bei herzkranken Patientinnen und Patienten mit depressiver Symptomatik von solchen Kranken ohne Depressionen unterscheidet.
Um ihre Hypothese zu untersuchen, griffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie auf Daten der KAROLA-Studie (Langzeiterfolge der KARdiOLogischen Anschlussheilbehandlung) zurück.
Diese Langzeitbeobachtung zeichnet sich durch eine engmaschige Nachbeobachtung von über 1.000 Herzinfarkt-Patientinnen und -Patienten über einen Zeitraum von 15 Jahren aus.
Zweieinhalbfach erhöhtes Risiko
Die Forscherinnen und Forscher konnten feststellen, dass bei den beobachteten Patientinnen und Patienten, die im Beobachtungszeitraum Depressionen entwickelten, das Risiko an Diabetes mellitus zu erkranken, zweieinhalbfach erhöht war.
„Wir wissen mittlerweile sehr gut, dass depressive Symptome ein Risiko für eine koronare Herzerkrankung darstellen. Neu ist, dass die psychische Erkrankung bei diesen Patienten auch ein Risikofaktor für Diabetes darstellt“, erklärt der Erstautor der Studie, Dr. Raphael Peter.
Außerdem zeigt die Auswertung, dass bei den Betroffenen mit Diabetes auch die Gefahr für erneute kardiovaskuläre Komplikationen wie einen Zweitinfarkt oder Schlaganfall bis hin zum frühzeitigen Tod erhöht war – und zwar um den Faktor 6,5.
Als Ursache für dieses Zusammenspiel könnten laut den Fachleuten chronische Entzündungsprozesse im Körper infrage kommen. „Solche Entzündungsprozesse spielen sowohl bei Diabetes mellitus als auch bei depressiven Erkrankungen eine wichtige Rolle und könnten auch diesen Zusammenhang zwischen Diabetes und Depression erklären“, sagt Institutsdirektor Professor Dietrich Rothenbacher.
Psychische Verfassung berücksichtigen
Als Folgerung aus ihrer Untersuchung fordern die Autorinnen und Autoren der im Fachjournal „Cardiovascular Diabetology“ veröffentlichten Studie, in der Nachsorge von Herzinfarkt-Patientinnen und -Patienten auch die psychische Verfassung zu berücksichtigen.
Die Forschenden weisen darauf hin, dass es wirkungsvolle therapeutische Strategien wie psychotherapeutische Behandlung oder Medikamente gebe, um die Genesenden zu unterstützen.
Wichtig sei vor allem auch regelmäßige, vermehrte körperliche Aktivität zur Beseitigung der Depressionssymptome sowie zur Besserung der Erkrankung. Und diese würde letztlich auch dem Herz und den Gefäßen gut tun. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Ulm: Herzinfarkt plus Depression ist gleich Diabetes? Studie zeigt komplexes Zusammenspiel verschiedener Erkrankungen, (Abruf: 01.06.2021), Universität Ulm
- Raphael S. Peter, Andrea Jaensch, Ute Mons, Ben Schöttker, Roman Schmucker, Wolfgang Koenig, Hermann Brenner and Dietrich Rothenbacher: Prognostic value of long-term trajectories of depression for incident diabetes mellitus in patients with stable coronary heart disease; in: Cardiovascular Diabetology, (veröffentlicht: 13.05.2021), Cardiovascular Diabetology
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.