Ausgezeichnete Studie eröffnet neue Behandlungsmöglichkeiten für Herzrhythmusstörungen
Bis zu zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Vorhofflimmern, die häufigste Herzrhythmusstörung. Die Beschwerden zeichnen sich oft durch Unregelmäßigkeiten im Herzschlag aus wie Herzstolpern und Herzrasen. Auch neigen die Betroffenen zu einer gesteigerten Bildung von Blutgerinnseln, weshalb das Risiko erhöht ist, einen Schlaganfall zu erleiden. Ein deutsches Forscherteam hat die Auslöser dieser Krankheit in einer aktuellen Studie genauer unter die Lupe genommen. Aus den neu gewonnenen Erkenntnissen konnten die Mediziner einen neuen therapeutischen Ansatz für eine Behandlung gegen Vorhofflimmern und Herzschwäche ableiten.
Die Möglichkeiten der medikamentösen Behandlung von Vorhofflimmern ist zur Zeit noch sehr überschaubar und es herrscht ein großes Interesse an neuen Behandlungsmöglichkeiten. In vielen Fällen hängt Vorhofflimmern mit weiteren Herzkrankheiten zusammen und kann eine mögliche Ursache für chronische Herzschwäche (Herzinsuffizienz) sein. Zentrales Element der Studie war die genaue Untersuchung des sogenannten Zweiporendomänen-Kaliumkanals K2P3.1 oder kurz TASK-1 genannt, der eine entscheidende Rolle bei Herzrhythmusstörungen spielt. Die Studie wurde mit dem August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis 2017 ausgezeichnet und im Fachmagazin „European Heart Journal“ veröffentlicht.
Fälle von Vorhofflimmern steigt jährlich an
Die Experten gehen von einer jährlichen Zunahme der Neuerkrankungen beim Vorhofflimmern aus. Ebenso wächst die Anzahl an Diagnosen der chronischen Herzschwäche. Allein im Jahr 2016 mussten über 455.000 Fälle stationär behandelt werden. Erkenntnisse in der Forschung zu diesem Thema sind noch nicht ausgeschöpft und es gibt zur Zeit nur begrenzt effektive medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten gegen Herzflimmern. „Das Interesse der Herzmedizin an neuen Ansätzen zur Behandlung von Vorhofflimmern im Zusammenhang mit der chronischen systolischen Herzschwäche ist daher groß“, erläutert Prof. Dr. med. Hellmut Oelert, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF).
Ein neuer vielversprechender Ansatz
Das Forscherteam um PD Dr. med. Constanze Schmidt konnte einen Zusammenhang zwischen dem TASK-1-Kaliumkanal im Herzen und dem Vorhofflimmern herstellen und daraus einen vielversprechenden Ansatz für die Entwicklung neuer Herzrhythmusmedikamente entwickeln. Die Studie basiert auf Daten von 175 Patienten mit unterschiedlich stark eingeschränkter Pumpfunktion der linken Herzkammer. Laut den Forschern ist der TASK-1-Kaliumkanal wesentlich an der Entstehung sogenannter Aktionspotenziale in den Zellen des Herzmuskels beteiligt.
Erhöhte TASK-1-Ströme führen zu Vorhofflimmern
Das Aktionspotenzial beschreibt eine kurzzeitige Änderung des elektrischen Erregungszustands innerhalb derjenigen Muskelzellen, die für die Bewegung der Herzkammern eine wichtige Rolle spielen. Die Forscher konnten feststellen, dass bei Patienten mit chronischem Vorhofflimmern der TASK-1-Kaliumkanal deutlich verstärkt auftritt. Laut den Wissenschaftlern resultiert daraus eine deutliche Stromzunahme in den Herzmuskelzellen, welche wiederum zu einer starken Verkürzung des Aktionspotenzials auf Vorkammerebene führt.
Basis für neue Therapien
„Unterbricht man die erhöhten TASK-1-Ströme, normalisiert sich die Aktionspotenzialdauer auf Werte von Patienten ohne Vorhofflimmern“, berichtet Constanze Schmidt in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen. Diese Aktionspotenzial-Verkürzung sei die entscheidende Basis für die Entstehung von Vorhofflimmern. Umgekehrt verhalte sich der Mechanismus in den Herzmuskelzellen von Herzschwächepatienten. Ein niedriges TASK-1-Level bei Abnahme des TASK-1-Stroms gehe mit einer Verlängerung der Aktionspotenzialdauer einher.
Bedeutung für die Herzmedizin
Diese Muster liefern einen Ansatz für das Wirkprofil neuer pharmakologischer Therapien und Behandlungsmöglichkeiten. „Wir wissen jetzt, dass Vorhofflimmern und die chronische Herzschwäche voneinander unabhängige primäre Faktoren für die Regulierung dieses TASK-1-Kaliumkanals sind“, erklärt Schmidt. Weitere sekundäre Einflussfaktoren auf den Kaliumkanal seien das männliches Geschlecht, erhöhter Body Mass Index über 27 und ob der Patient Raucher ist oder nicht.
„Dank dieser Erkenntnisse können wir Rhythmusmedikamente gezielter auf die Regulierung des TASK-1-Kaliumkanals ansetzen, um die Herzerkrankung zu behandeln. Das stellt einen neuen therapeutischen Ansatz für eine individualisierte antiarrhythmische Therapie dar“, resümiert Schmidt. (vb)
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Wichtiger Hinweis:
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