Wie das Darm-Mikrobiom den Verlauf von Herzinsuffizienz beeinflusst
Eine mangelnde Vielfalt der Mikroorganismen im Darm kann laut einer aktuellen Übersichtarbeit den Verlauf von Herzschwäche (Herzinsuffizienz) negativ beeinflussen. Erkrankte mit einer aus dem Gleichgewicht geratenen Darmflora müssen demnach häufiger in ein Krankenhaus eingeliefert werden und haben ein erhöhtes Sterberisiko aufgrund der Herzkrankheit.
Forschende des Georgetown University Medical Center in Washington D.C. (USA) haben aus über 500 Studien Beweise zusammengetragen, die belegen, dass eine geringere Artenvielfalt der Mikroorganismen im Darm mit schwereren Verläufen von Herzinsuffizienz verbunden ist. Die Ergebnisse der Übersichtarbeit wurden kürzlich in dem Fachjournal „Heart Failure Reviews“ vorgestellt.
Der Darm beherbergt ein ganzes Ökosystem
Unser Darmmikrobiom, oft als „Darmflora“ bezeichnet, ist ein fein ausbalanciertes Ökosystem, das hauptsächlich aus vielen unterschiedlichen Bakterienarten besteht. Daneben siedeln sich auch verschiedene Viren, Pilze und Urtierchen (Protozoen) im Darm an.
Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass die Darmflora eine zentrale Rolle in der menschlichen Gesundheit spielt. Die Stoffwechselprodukte, die die Darmbakterien produzieren, werden vom Körper benötigt, um gesund zu bleiben.
Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse steht die Darmflora sogar mit dem Gehirn in Verbindung. Die Arbeitsgruppe des Georgetown University Medical Center zeigte nun, dass sich das Mikrobiom im Darm auch auf den Verlauf von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirken kann.
Darmflora wird in der Medizin zu wenig berücksichtigt
„Um Herzinsuffizienz zu diagnostizieren und zu behandeln, verlassen wir uns auf bestimmte Befunde und Testergebnisse, aber wir wissen nicht, wie eine schlechte Herzfunktion die Aktivitäten des Darms beeinflusst“, erläutert die korrespondierende Studienautorin Professorin Dr. Kelley Anderson.
Bislang wird ihr zufolge nicht berücksichtigt, wie aufgenommene Nahrungsmittel und Medikamente die Darmflora verändern und wie sich eine Veränderung in der Darmflora auf den Verlauf der Erkrankung auswirkt.
Wechselwirkungen zwischen Darmflora und Herz-Kreislauf-System
„Es gibt jetzt ein Verständnis für eine wechselseitige Beziehung zwischen dem Herzen und Elementen im Darm, da das Herz und das Gefäßsystem eindeutig nicht isoliert funktionieren“, unterstreicht Professorin Anderson.
Die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems könne die Gesundheit der Darmflora beeinflussen und umgekehrt. Die eindeutigen Belege hierfür werden derzeit in aktuellen Untersuchungen ausgearbeitet.
Verbindung in 511 Studien nahegelegt
In den letzten Jahren haben fortschrittlichere Technologien es ermöglicht, den komplexen Zusammenhang zwischen Mikroorganismen im Darm und der Gesundheit des Menschen besser zu verstehen.
Das Team sammelte und bewerte 511 Forschungsartikel, die zwischen den Jahren 2014 und 2021 veröffentlicht wurden. In allen Artikeln wurde ein Zusammenhang zwischen dem Darmmikrobiom und der Herzgesundheit nahegelegt. Dabei fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 30 Studien mit besonderer Relevanz.
Auswirkungen bestimmter Stoffwechselprodukte von Darmbakterien
Ein Beispiel für den Zusammenhang ist ein Metabolit namens Trimethylamin-N-Oxid (TMAO) – ein Stoffwechselprodukt von bestimmten Darmbakterien, welches sich auf die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems auswirken kann.
TMAO wird vermehrt beim Verzehr von Vollmilchprodukten, Eigelb und rotem Fleisch produziert, wenn eine unausgeglichene Darmflora vorliegt.
Ernährung beeinflusst Darmflora und Herzgesundheit
Die Forschenden betonen, dass die Ernährung ein wichtiger Bestandteil der allgemeinen kardiovaskulären Gesundheit ist. Ebenso werde über die Ernährung die Zusammensetzung des Darmmikrobioms beeinflusst.
Die Feinheiten dieses Zusammenspiels gelten jedoch als noch nicht ausreichend verstanden. Laut Dr. Anderson laufen zur Zeit Studien, in denen untersucht wird, wie sich der Einsatz von Antibiotika, Präbiotika und Probiotika auf das Mikrobiom im Darm auswirkt.
Schwere von Herzkrankheiten an der Darmflora ablesen
Insgesamt sieht die Arbeitsgruppe in der Beeinflussung der Darmflora großes Potenzial für die Behandlung von Herzkrankheiten wie einer Herzschwäche.
„Wir entwickeln derzeit eine zukunftsweisende Studie zur Bewertung des Mikrobioms bei Patienten mit Herzinsuffizienz“, betont die Studienautorin. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Georgetown University Medical Center: Lack of diversity of micro-organisms in the gut or elevated metabolite implicated in heart failure severity (veröffentlicht: 20.06.2022), eurekalert.org
- Kelley M. Anderson, Erin P. Ferranti, Emily Couvillon Alagha, et al.: The heart and gut relationship: a systematic review of the evaluation of the microbiome and trimethylamine-N-oxide (TMAO) in heart failure; in: Heart Failure Reviews (2022), link.springer.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.