Millionen Menschen weltweit leiden an einer Herzschwäche. Es handelt sich dabei um eine der schwerwiegendsten und tödlichsten kardiologischen Erkrankungen. Forschende haben nun einen potenziellen neuen Behandlungsansatz entdeckt.
Forschende aus dem Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben einen potenziellen neuen Behandlungsansatz für Herzmuskelschwäche (auch Herzinsuffizienz oder Herzschwäche genannt) entdeckt. Ihre Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift „Circulation Research“ veröffentlicht.
Hälfte der Betroffenen hat einen Eisenmangel
Wie es in einer Mitteilung der UMG heißt, leiden laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa 27 Prozent der Weltbevölkerung an einem starken Eisenmangel, der oft auch zur Anämie führt.
Bei einer Anämie ist die Anzahl der roten Blutkörperchen sehr niedrig, so dass das Blut nicht genügend Sauerstoff in den Körper transportieren kann. Patientinnen und Patienten mit Eisenmangel leiden häufig an Erschöpfung, Schwäche und Blässe bis hin zur Kurzatmigkeit und Brustschmerzen.
Bei Personen mit Herzschwäche verschlimmert Eisenmangel die Symptomatik und verschlechtert die Prognose. Etwa 50 Prozent der Herzinsuffizienz-Betroffenen haben wegen eines Defekts der Eisenaufnahme, -zirkulation und -ausscheidung im Darm einen Eisenmangel.
Neben diesem Eisenaufnahmedefekt im Darm gibt es weitere Mechanismen, welche für die Eisenaufnahme in einzelne Zellen sorgen. Diese waren in Herzmuskelzellen, auch Kardiomyozyten genannt, jedoch bislang weitgehend unverstanden.
Defekten Transportweg wiederhergestellt
An dieser Stelle setzte das Göttinger Forschungsteam um Priv.-Doz. Dr. Antje Ebert, Letztautorin der Studie und Gruppenleiterin der Arbeitsgruppe „Kardiovaskuläre Zellbiologie und Systemmedizin“ im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) an.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Patientinnen und Patienten mit einer krankhaften Erweiterung des Herzmuskels, einer dilatativen Kardiomyopathie, einen Eisenaufnahme-Defekt aufweisen.
Dieser Defekt beeinflusst die Eisenaufnahme in die Herzmuskelzellen und dessen Verarbeitung sowie damit in Verbindung stehende Stoffwechselprozesse, beispielsweise die Energieversorgung der Zellen.
Zugleich konnten die Forschenden zeigen, dass die Funktion dieses defekten Transportwegs auf drei verschiedene Arten wiederhergestellt werden kann: Durch die Gabe von zusätzlichem Eisen, einer speziellen molekularen Verbindung, die Transportweg „repariert“, oder mithilfe der Gen-Editierung (CRISPR-Cas), einem Verfahren zur gezielten Veränderung des Erbguts.
Die neu gewonnenen Erkenntnisse sollen jetzt genutzt werden, um mögliche Therapieansätze für Betroffene zu erforschen.
Zentralen Aspekt des neuen Krankheitsmechanismus identifiziert
„Um die Mechanismen der Eisenaufnahme in die Zellen besser zu verstehen, untersuchten wir im Labor Herzmuskelzellen, die aus Stammzellen gezüchtet wurden. Stammzellen sind Zellen, die in der Lage sind, sich auf besondere Art zu teilen und so Kopien von sich selbst sowie von anderen Zellen herzustellen“, erläutert Dr. Yuanyuan Dai, Erstautorin der Studie.
Diese Zellen wurden zuvor aus Blutproben von Personen gewonnen, die an einer erblich bedingten Form der krankhaften Herzmuskelerweiterung, einer dilatativen Kardiomyopathie, leiden. Darüber hinaus wurde Gewebe untersucht, das während Herzoperationen entnommen wurde.
Dabei identifizierte das Göttinger Team den Defekt der Clathrin-vermittelten Endozytose in den Zellen als einen zentralen Aspekt des neuen Krankheitsmechanismus. Dies traf sowohl in den im Labor-erzeugten Herzmuskelzellen als auch beim entnommenen Herzgewebe der Patientinnen und Patienten zu.
„Die Korrektur des erblichen Defekts in den im Labor-hergestellten Herzmuskelzellen wurde mittels einer gezielten Veränderung des Erbguts durch Gen-Editierung (CRISPR/Cas) erreicht. Weiterhin konnte die Behandlung mit einem bestimmten Molekül, dem Rho-Aktivator II, oder die Gabe einer größeren Eisenmenge den Transportweg retten beziehungsweise die Clathrin-vermittelte Endozytose und die normale Funktion der Herzmuskelzellen wiederherstellen“, so Dr. Ebert.
„Mit den neuen Erkenntnissen über die Vorgänge der Eisenaufnahme in die Herzmuskelzellen und deren Fehlfunktionen bei einer dilatativen Kardiomyopathie können zukünftig neue Therapieansätze für Betroffene möglich werden“, sagt Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des Herzzentrums der UMG. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsmedizin Göttingen: Forschende der UMG entdecken potenziellen neuen Behandlungsansatz für Herzmuskelschwäche, (Abruf: 31.12.2023), www.umg.eu
- Yuanyuan Dai, Nadezda Ignatyeva, Hang Xu, Ruheen Wali, Karl Toischer, Sören Brandenburg , Christof Lenz , Julius Pronto , Funsho E. Fakuade , Samuel Sossalla , Elisabeth M. Zeisberg, Andreas Janshoff , Ingo Kutschka, Niels Voigt, Henning Urlaub, Torsten Bloch Rasmussen, Jens Mogensen, Stephan E. Lehnart , Gerd Hasenfuss, Antje Ebert: An Alternative Mechanism of Subcellular Iron Uptake Deficiency in Cardiomyocytes; in: Circulation Research, (veröffentlicht: 14.06.2023), pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Wichtiger Hinweis:
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