Mechanismus zur Kräftigung von schwächelnden Herzen identifiziert
Zwischen zwei und drei Millionen Menschen in Deutschland sind von einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) betroffenen. Ein deutsches Forschungsteam entdeckte nun einen Mechanismus, mit dem der Körper versucht, die Leistungsschwäche des Herzens auszugleichen. Die Erkenntnisse öffnen die Tür zu neuen Therapieansätzen bei Herzschwäche.
Forschende des Universitätsklinikums Heidelberg und des Herz- und Diabeteszentrums Nordrhein-Westfalen identifizierten ein Enzym, das bestimmte Proteine von Herzmuskelzellen so modifiziert, dass die Funktion des Herzens verbessert wird. Mit diesem natürlichen Mechanismus versucht der Körper, schwächelnde Herzen zu stabilisieren. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem renommieren Fachjournal „Nature Communications“ vorgestellt.
Wie das Herz seine Leistung verbessert
Die Arbeitsgruppe aus Heidelberg konnte einen Mechanismus aufklären, mit dem die Leistung des Herzens bei bestimmten Formen von Herzinsuffizienz verbessert wird. Zurückzuführen ist diese Leistungsverbesserung auf chemische Veränderungen in den sogenannten Myosin-Komplexen. Diese Komplexe werden auch als molekulare Motoren der Herzmuskelzellen bezeichnet.
Darüber hinaus entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welches Enzym für die Veränderungen verantwortlich ist. Das Team um den Kardiologen Professor Dr. Benjamin Meder geht davon aus, dass der neu entdeckte Mechanismus der Ermüdung des Herzmuskels gegensteuern soll und somit einen neuen Ansatzpunkt zur Therapie von Herzschwäche eröffnet.
Was sind Myosine?
Wie die Forschenden erklären, handelt es sich bei Myosinen um Protein-Komplexe, die für eine gleichmäßige Kontraktion der Herzmuskelzellen sorgen. Sie können ihre Form verändern und verschieben auf diese Weise sogenannte Aktin-Filamente im Zellskelett. Diese fadenförmigen Protein-Strukturen spielen eine wichtige Rolle bei aktiven Bewegungen der Zellen sowie bei Transportvorgängen und bei der mechanischen Stabilisierung der Zellen.
Durch die Verschiebungen der Aktin-Filamente sorgen die Myosine dafür, dass sich Herzmuskelzellen zusammenziehen können. Veränderungen an diesen Protein-Komplexen sind daher für die Herzmuskelzellen ein wichtiger Regelmechanismus, um auf veränderte Belastungen reagieren zu können.
Ein bereits bekannter Mechanismus in diesem Zusammenhang sind beispielsweise Phosphat-Gruppen, die an die Myosine anbinden und auf diese Weise die Kontraktionskraft der Zellen verbessern. Das geschieht beispielsweise, um die Leistungskraft des Herzens bei starker Belastung zu verbessern.
Enzym verbessert Herz-Leistung bei Herzinsuffizienz
Im Rahmen der Studie konnte die Arbeitsgruppe nun aufklären, wie ein neu entdecktes Enzym namens „NIMA-assoziierte Kinase 9“ (NEK9) über die Myosine die Herzleistung von Patientinnen und Patienten mit Herzschwäche verbessert.
„Wir waren überrascht, ausgerechnet bei Patienten mit einer sogenannten dilatativen Kardiomyopathie einen erhöhten Anteil an Protein-Phosphorylierungen an der essentiellen leichten Kette des Myosins zu finden“, berichtet Studienerstautorin Dr. Marion Müller.
Bei der dilatativen Kardiomyopathie handelt es sich um eine chronische Herzerkrankung, bei der der Herzmuskel quasi „ausgeleiert“ ist und daher kontinuierlich an Pumpkraft verliert.
„Die Modifikationen könnten ein Versuch der Herzzellen sein, den zunehmenden Funktionsverlust zu kompensieren“, vermutet Dr. Müller.
Herzmotoren werden elektrochemisch aufgeladen
„Dieser Regulationsmechanismus lädt die Herzmotoren förmlich elektrochemisch auf und könnte möglicherweise für die medikamentöse Therapie bei Herzschwäche genutzt werden“, resümiert Studienleiter Meder. Die Forschungsergebnisse wurden vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf Forschung e.V. (DZHK) ausgezeichnet. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Heidelberg: Schwächelt das Herz, werden die molekularen Motoren hochgefahren (veröffentlicht: 10.11.2022), klinikum.uni-heidelberg.de
- Müller, M., Eghbalian, R., Boeckel, JN. et al. NIMA-related kinase 9 regulates the phosphorylation of the essential myosin light chain in the heart; in: Nature Communications (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-33658-2, nature.com
Wichtiger Hinweis:
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