Welche weitreichenden Auswirkungen Hitzewellen auf die körperliche Gesundheit haben, ist auch hierzulande mittlerweile vielen bewusst. Dass das psychische Wohlbefinden ebenfalls bei Hitze leidet und psychische Erkrankungen die Folge sein können, wird bisher jedoch kaum wahrgenommen.
„Hitzewellen stellen nicht nur eine Gefahr für die körperliche Gesundheit dar, sondern haben auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Psyche“, warnt die Medizinische Universität Wien in einer aktuellen Pressemitteilung. Das Risiko dürfe nicht unterschätzt werden.
Wachsendes Problembewusstsein
Seit im letzten Jahr auf erschreckende Weise deutlich wurde, dass Deutschland auf Hitzewellen bisher schlecht vorbereitet ist, scheint das Problembewusstsein in der Bevölkerung und in der Politik deutlich gestiegen.
Doch stehen dabei meist die akuten Auswirkungen der Hitze auf das körperliche Wohlbefinden im Fokus. Aufgrund der enormen Stressbelastung bei anhaltenden Temperaturen über 30 Grad Celsius drohen allerdings auch psychische Probleme bis hin zu Angststörungen und Depressionen, erläutert Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien.
Hitzewellen belasten die Psyche
Für die psychische Gesundheit seien dabei weniger die einzelnen Hitzetagen ein Problem, sondern vielmehr die wiederholten Hitzewellen, also Temperaturen über 30 Grad Celsius für mindestens drei Tage hintereinander.
Die anhaltende Hitze habe zunächst direkte Auswirkungen auf das Verhalten und steigere das Aggressionspotenzial, was sich auch in einem Anstieg von Gewaltverbrechen wie einer Zunahme an häuslicher Gewalt widerspiegele.
Gleichzeitig entfalte der Hitzestress eine dämpfende Wirkungen auf die Psyche. Erschöpfung mit Lethargie und Teilnahmslosigkeit, gedrückter Stimmung und verringerter geistiger Leistungsfähigkeit seien mögliche Folgen.
Dies ist laut dem Umweltmediziner insbesondere in städtischen Ballungsräumen und Agglomerationen zu beobachten, wo Abkühlung und folglich Erholung immer öfter auch nachts ausbleiben.
Depressionen, Angststörungen und Suizide
Wiederholte Hitzewellen führen dem Experten zufolge auch zu einem steigenden Alkohol- und Substanzkonsum sowie vermehrten Angststörungen und Depressionen. Und bei bereits Betroffenen sei eine Verstärkung der Symptome ihrer psychischen Erkrankung möglich.
Nicht zuletzt ziehe die Klimaerwärmung auch eine steigende Suizidrate nach sich: „Eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius geht wissenschaftlichen Schätzungen zufolge mit einer Erhöhung der Suizidrate um einen Prozentpunkt einher“, betont der Umweltmediziner.
Wer ist besonders gefährdet?
Von den negativen Folgen von Hitzewellen seien dabei insbesondere ältere, geschwächte Menschen sowie sozial benachteiligte Personen betroffen, die der Hitze oft nicht entkommen können.
„Untersuchungen der MedUni Wien haben gezeigt, dass es während einer Hitzewelle vor allem bei diesen Gruppen vermehrt zu Ängsten und Depressionen kommt“, ergänzt Hutter.
Angesichts des prognostizierten Anstiegs der Hitzetage in den kommenden Jahren sollten die psychischen Folgen der Klimakrise keinesfalls unterschätzt werden, so die Warnung des Experten. (fp)
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