Tumorentwicklung an der Thymusdrüse durch Hitzeschockproteine gesteuert?
Sogenannte Hitzeschockproteine sind für das Überleben menschlicher Zellen bei erhöhten Temperaturbelastungen, aber auch bei anderen Extrembedingungen unerlässlich. Den aktuellen Studienergebnissen von Forschern der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien) zufolge könnten Hitzeschockproteine auch als Biomarker für Thymustumore (Thymome und Thymuskarzinome) dienen und so künftig für die frühzeitige Diagnose genutzt werden. Auch lassen sich auf Basis der Erkenntnisse gegebenenfalls zielgerichtete Therapien für Patienten entwickeln, bei denen eine Tumoroperation nicht möglich ist, so die Hoffnung der Wissenschaftler.
Die Wissenschaftler der MedUni Wien haben in ihrer aktuellen Studie untersucht, „welche Rolle Hitzeschockproteine bei der Tumorbildung an der Thymusdrüse spielen“, so die Mitteilung der Universität. Ihren Ergebnissen zufolge zeigen Hitzeschockproteine in Tumoren eine prognostische Relevanz bei Tumoren der Thymusdrüse. Sie seien vielversprechende Tumormarker für Thymome und könnten künftig für PatientInnen, bei denen eine Tumoroperation ausgeschlossen ist, zur zielgerichteten Krebstherapien eingesetzt werden, erläutert Studienautor Stefan Janik. Gemeinsam mit den Thoraxchirurgen Bernhard Moser, Hendrik Jan Ankersmit und Walter Klepetko sowie der Pathologin Ana-Iris Schiefer und dem Pathologen Leonhard Müllauer hatte Janik die Bedeutung der Hitzeschockproteine bei der Tumorbildung analysiert. Ihre Ergebnisse wurden in dem Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Degenerative Prozesse in der Thymusdrüse
Die menschliche Thymusdrüse ist laut Aussage der Forscher ein bislang relativ wenig bekanntes Organ, welches im Brustkorb zwischen Brustbein und dem Herzen liegt. In ihr werden T-Zellen gebildet, „die zur spezifischen Immunabwehr dienen und maßgeblich für das Immunsystem sind“, berichtet die MedUni Wien. Die Entwicklung der T-Zellen erfolge vor allem in den ersten zehn Lebensjahren und anschließend komme es zur Rückbildung der Thymusdrüse. Deren Gewebe werde zunehmend durch Fett ersetzt und die Drüse verliere ihre Funktion. Im Zuges dieses degenerativen Prozesses können sich Thymustumore (Thymome und Thymuskarzinome) bilden, wobei die mögliche Ursachen und Risikofaktoren bislang noch ungeklärt bleiben, erläutern die Forscher. Jährlich würden in der Klinik für Thoraxchirurgie der MedUniWien rund 30 solcher Fälle behandelt. Die Behandlung sehe in der Regel eine chirurgische Entfernung des Tumors beziehungsweise des Thymus (Thymektomie) vor.
Thymustumore werden oft „zufällig“ entdeckt
In ihrer Studie werteten die Forscher die Daten von 125 Patienten aus, die sich in den Jahren 1999 bis 2014 einer Thymektomie an der MedUni Wien unterzogen hatten. Der Befund sei bei vielen Betroffenen eher zufällig im Rahmen einer bildgebenden Untersuchung aus anderen Gründen, oder in Zusammenhang mit der Diagnose von Myasthenia gravis, einer zur Muskelschwäche führenden, neurologischen Autoimmunerkrankung, gestellt worden. Allgemein lasse sich rund bei einem Zehntel der Patienten mit „Myasthenia gravis“ auch ein Thymustumor feststellen, bei dem meist eine chirurgische Entfernung erfolge. Die Wissenschaftler untersuchten die Veränderungen der Konzentrationen von Hitzeschockproteinen bei den Probanden nach der Thymektomie.
Vielversprechender Tumormarker und neue Therapieansätze
Die Hitzeschockproteine oder auch „Stress-Proteine“ werden laut Angaben der MedUni Wien gebildet, „wenn Zellen einer erhöhten Temperatur oder anderen Stressfaktoren ausgesetzt sind.“ Hierzu seien auch Infektionen zu zählen. Durch die Hitzeschockproteine werden die zellulären Prozesse stabilisiert, was den Zellen das Überleben unter schwierigen Bedingungen ermögliche. Allerdings nutzen Tumorzellen die Proteine auch für die Entstehung von Metastasen und zur Entwicklung von Resistenzen gegen Chemotherapien, berichtet die MedUni Wien. Die Forscher konnten in ihrer Untersuchung nun nachweisen, dass die Proteinmengen im Blut der Betroffenen nach einer vollständigen Tumorentfernung signifikant abnehmen und dass Hitzeschockproteine in Tumoren eine prognostische Relevanz haben. Laut Stefan Janik bilden die Hitzeschockproteine einen vielversprechenden Tumormarker „und könnten in Zukunft für PatientInnen, bei denen eine Tumoroperation nicht möglich ist, für zielgerichtete Krebstherapien eingesetzt werden“. (fp)
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