UNAIDS-Bericht zeigt deutlichen Rückgang der HIV-Neuinfektionen
21.11.2011
Die intensiven Bemühungen im Kampf gegen die Immunschwächeerkrankung AIDS scheinen erste Früchte zu tragen. Die Anzahl der HIV-Neuinfektionen ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen, so die Aussage in dem am Montag in Berlin vorgestellten Bericht des HIV/AIDS-Programms der Vereinten Nationen (UNAIDS).
UNAIDS (engl. Joint United Nations Programme on HIV/AIDS) zufolge ist Zahl der HIV-Neuinfektionen weltweit zwischen 1997 und 2010 um rund ein Fünftel (21 Prozent) zurückgegangen. Zwar infizierten sich immer noch 2,67 Millionen Menschen pro Jahr mit den AIDS-Erreger, doch mit Hilfe des politischen Willens und der Bereitstellung ausreichender finanzieller Ressourcen konnten die Anzahl der Neuinfektionen spürbar gesenkt werden. Dies gilt jedoch längst nicht für alle Regionen der Welt. So bilden Osteuropa und Zentralasien im Hinblick auf die Entwicklung der HIV-Infektionen eine traurige Ausnahme. Hier ist die Anzahl der Infizierten seit dem Jahr 2001 um etwa 250 Prozent gestiegen, berichtet UNAIDS.
70 Prozent der HIV-Neuinfektionen in Afrika
Weltweit leiden derzeit laut Aussage des HIV/AIDS-Berichts der Vereinten Nationen rund 34 Millionen Menschen an AIDS, was im Verhältnis zum Jahr 2001 (28,6 Millionen) eine Zunahme von knapp 5,5 Millionen Infektionen darstellt. Allerdings ist die Anzahl der Neuinfektionen in den vergangenen Jahren spürbar zurückgegangen, so die Aussage der Experten. Von den Betroffenen lebt mit circa 68 Prozent (22,9 Millionen) die überwältigende Mehrheit auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara. Hier sind auch 70 Prozent der HIV-Neuinfektionen zu verzeichnen, obwohl eigentlich nur 12 Prozent der Weltbevölkerung in der genannten Region ihre Heimat haben. Aus den Zahlen geht deutlich die überproportionale Betroffenheit der Länder im Afrika südlich der Sahara hervor. So leben zum Beispiel mit schätzungsweise 5,6 Millionen Betroffenen mehr HIV-Infizierte in Südafrika als in allen anderen Staaten weltweit. Allerdings zeigen sich auch hier im Zuge der intensiven Bemühungen zur Bekämpfung der Immunschwächeerkrankung erste Erfolge. Die Zahl der Neuinfektionen ging in Südafrika ebenso wie in Äthiopien, Nigeria, Sambia und Simbabwe während der letzten Jahre deutlich zurück, berichtet UNAIDS.
Anzahl der HIV-Infektionen in Osteuropa und Zentralasien massiv gestiegen
Die Entwicklung der HIV-Infektionen in West- und Zentraleuropa ist den Zahlen des UNAIDS-Berichts zufolge im Verhältnis zu der weltweiten Problematik eher zu vernachlässigen, wobei sich auch hier jährlich immer noch 30.000 Personen mit HIV infizieren und rund 9.900 Menschen pro Jahr an AIDS versterben. Besonders besorgniserregend ist hingegen die Entwicklung in Osteuropa und Zentralasien, wo die Anzahl der HIV-Infizierten zwischen 2001 und 2010 um 250 Prozent auf derzeit 1,5 Millionen gestiegen ist. Etwa 90 Prozent der Infektionen entfallen dabei laut Aussage von UNAIDS auf Russland und die Ukraine, wobei hier in erster Linie verseuchtes Drogenbesteck als Ursache der rasanten Ausbreitung genannt wird. Jährlich sterben heute in Osteuropa und Zentralasien schätzungsweise 90.000 Menschen im Jahr an AIDS, im Jahr 2001 lag die Zahl noch bei 7.800 AIDS-Todesfällen, erklärte UNAIDS.
1,8 Millionen Todesfälle weltweit durch AIDS
Insgesamt sind laut Aussage des UNAIDS-Berichts im vergangenen Jahr rund 1,8 Millionen Menschen an einer AIDS-Erkrankung verstorben, wobei jedoch der Einsatz von Medikamenten schätzungsweise 700.000 weitere Todesfälle verhindert haben soll. Den UNAIDS-Hochrechnungen zufolge konnten seit 1995 mit Hilfe von Medikamenten in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen rund 2,5 Millionen AIDS-Todesfälle verhindert werden. Mittlerweile habe auch in den sogenannten Entwicklungsländern rund die Hälfte der HIV-Infizierten Zugang zu entsprechenden Therapien, wobei die Zugänglichkeit der Medikamente in den letzten zwei Jahren erheblich verbessert wurde. Als positive Beispiele für eine gut Versorgung der HIV-Infizierten nennt UNAIDS Länder wie Kambodscha, Chile, Kroatien und Kuba. Aber es gebe auch weiterhin Staaten wie Afghanistan, Ägypten, Tunesien oder die Ukraine in denen die Betroffenen kaum Zugang zu den benötigten Medikamenten haben.
Medikamente können Übertragung von AIDS während der Schwangerschaft verhindern
Als wesentlichen Erfolg bei der Bekämpfung von HIV beziehungsweise AIDS erwähnt der UNAIDS-Bericht auch die deutlich verbesserte Verhinderung von Übertragungen der Immunschwächekrankheit auf ungeborene Kinder während der Schwangerschaft. So würden rund die Hälfte aller schwangeren HIV-Infizierten heute mit Medikamenten behandelt, die eine Übertragung des Virus auf das Kind verhindern sollen. Welchen Erfolg diese Behandlung mit sich bringt, ist laut Aussage von UNAIDS an dem Beispiel Botswana zu erkennen, wo im Jahr 2003 noch 21 Prozent der Babys infizierter Mütter bei der Geburt selbst mit HIV infiziert waren. Da heute in Botswana mehr als 90 Prozent der HIV-infizierten Mütter eine antivirale Therapie erhalten, lag der Anteil der betroffenen Neugeborenen im Jahr 2010 nur noch bei vier Prozent, berichten die UNAIDS-Experten. Generell sei die Anzahl der HIV-Neuinfektionen bei Kindern weltweit deutlich zurückgegangen – von 550.000 im Jahr 2001 auf 390.000 im Jahr 2010. Entsprechend positiv ist laut Aussage des UNAIDS-Berichts auch die Entwicklung bei den Todesfällen der Kinder im Alter unter 15 Jahren. Hier ist die Anzahl der AIDS-bedingten Todesfälle zwischen 2005 und 2010 um rund 20 Prozent zurückgegangen. Allerdings sei auch heute noch die therapeutische Behandlung der HIV-infizierten Schwangeren zu etwa 80 Prozent nicht optimal, erklärten die UNAIDS-Experten. Würden hier entsprechende Anpassungen erfolgen, ließe sich die Anzahl der betroffenen Neugeborenen kurzfristig noch einmal um 20 Prozent senken, so die Aussage in dem aktuellen Bericht.
2.700 HIV-Infektionen in Deutschland pro Jahr
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat ebenfalls am Montag in Berlin die neuesten Zahlen zu den HIV-Infektionen beziehungsweise AIDS-Erkrankungen in Deutschland vorgestellt: Demnach liegt die Anzahl der Betroffenen hierzulande derzeit bei etwa 73.000, wobei die „Zahl seit Mitte der 1990er Jahre steigt, da die Zahl der Neuinfektionen höher ist als die Zahl der Todesfälle.“ Das RKI schätzt für das Jahr 2011 rund 500 AIDS-bedingte Todesfälle. Am häufigsten von einer HIV-Infektion betroffen sind in Deutschland laut Aussage des RKI „nach wie vor Männer, die Sex mit Männern haben.“ Rund 45.000 der HIV-Infizierten beziehungsweise AIDS-Kranken seien dieser Gruppe zuzuordnen, berichtet das RKI. Die Zahl der Neuinfektionen schätzen die RKI-Experten für das Jahr 2011 auf rund 2.700, wobei 2.250 Männer und 450 Frauen betroffen seien. Dem RKI-Präsidenten Reinhard Burger zufolge gehören zu den wichtigsten Ursachen für die rückläufigen Neuinfektionen „die intensivierte Prävention und die zunehmend frühere Diagnose und Behandlung HIV-Infizierter, die dann weniger infektiös für ihre Sexualpartner sind.“Trotzdem bleibt eine HIV-Infektion „nach wie vor nicht heilbar, auch wenn sie mit Medikamenten meist gut behandelbar ist“, mahnte der RKI-Präsident. So gilt auch für Deutschland, was weltweit immer wieder betont wird: Aufklärung und Vorbeugung sind der beste Schutz vor HIV. In weltweitem Maßstab spielt laut Aussage von UNAIDS außerdem die Stärkung der Frauenrechte eine wesentliche Rolle im Kampf gegen die unheilbare Krankheit. Die Aussicht auf die zeitnahe Entwicklung eines Heilung versprechenden Impfstoffs ist indes laut Aussage der Experten trotz intensiver Forschung weiterhin nicht in Sicht. (fp)
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