BFH: Volle Umsatzsteuer bei arzneilicher Hersteller-Eigenwerbung
Eine hoch dosierte Vitamin- und Nährstoffmischung kann als Arzneimittel gelten und daher der vollen Umsatzsteuer von 19 Prozent unterliegen. Das ist der Fall, wenn das Präparat laut Packungsangaben akut oder zumindest vorbeugend gegen ganz bestimmte Krankheiten helfen soll, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Mittwoch, 16. Januar 2019, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: VII R 9/17). Danach ist es nicht erforderlich, dass ein ganz bestimmter Wirkmechanismus beschrieben wird oder eine tatsächliche Wirksamkeit nachgewiesen ist.
Konkret geht es um Kapseln mit einer Nährstoffmischung aus hoch dosierten Vitaminen und Spurenelementen. Laut Packungsbeilage handelt es sich um ein „diätetisches Lebensmittel für besondere Zwecke, ergänzende bilanzierte Diät für Erwachsene zur diätetischen Behandlung bei altersabhängiger Makuladegeneration”.
Der Hersteller meint, die Kapseln seien eine „Lebensmittelzubereitung” und unterlägen daher wie Lebensmittel dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Dagegen sieht das Finanzamt die Kapseln als Arzneimittel an, die dem Umsatzsteuer-Regelsatz von 19 Prozent unterliegen.
In erster Instanz gab das Niedersächsische Finanzgericht (FG) in Hannover dem Hersteller recht. Denn dieser habe keinen „Wirkmechanismus” beschrieben, wie er einem Arzneimittel zugrunde liege.
Doch dies ist nicht erforderlich, stellte nun der BFH klar. Das FG habe hier eine frühere BFH-Entscheidung falsch verstanden. Auch müsse das Finanzamt nicht die Richtigkeit der Herstellerangaben prüfen oder gar die Wirksamkeit des Mittels belegen, um es als Arznei einstufen zu können.
Entscheidend sei, ob der Hersteller selbst auf der Verpackung, dem Etikett oder im Beipackzettel „seinen Zubereitungen dort bezüglich bestimmter Krankheiten therapeutische oder prophylaktische Eigenschaften zuschreibt”. Daran müsse er sich dann festhalten lassen.
Im Streitfall habe der Hersteller konkret die altersabhängige Makuladegeneration benannt. Dies gehe deutlich über auf Nahrungsergänzungsmitteln übliche Angaben wie „für die gesunde Sehkraft” hinaus, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 18. September 2018.
Nach Einschätzung des BFH steht der Beipackzettel hier allerdings in einem gewissen Widerspruch zu den Angaben auf der vom Finanzgericht beigezogenen Verpackung. Daher soll das FG Hannover den Fall nochmals prüfen. mwo/fle
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