Einfluss des Gehörs auf unser Gleichgewicht
Die Geräuschwahrnehmung beeinflusst unser Gleichgewicht. Probleme mit dem Gehör können daher ein Risikofaktor für Stürze sein. Dies ist besonders beachtenswert, da gerade im Alter viele Menschen Schwerhörigkeit entwickeln, was ihr Risiko für schwere Stürze somit erhöht.
Bei der aktuellen Untersuchung der New York University wurde festgestellt, dass das, was wir hören oder auch nicht hören, sich direkt auf unser Gleichgewicht auswirkt. Die Ergebnisse der Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „JAMA Otolaryngology-Head & Neck Surgery“ veröffentlicht.
Verbindung zwischen Hörverlust und Stürzen
Die neue Untersuchung liefert ein besseres Verständnis dafür, warum ein Hörverlust insbesondere bei älteren Menschen schwere Stürze zur Folge haben kann. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass Schwerhörigkeit ein unabhängiger Risikofaktor für Stürze ist. Warum dies so ist, wurde bisher nicht genau verstanden, aber es wurde angenommen, dass es einen Zusammenhang mit dem Innenohr gibt.
Geräusche beeinflussen das Gleichgewicht
Diese aktuelle Studie ergab, dass von uns gehörte Geräusche unser Gleichgewicht beeinflussen, indem sie uns wichtige Informationen über die Umwelt geben. Wir verwenden Klanginformationen, um uns selbst im Gleichgewicht zu halten, insbesondere in Fällen, in denen andere Sinne beeinträchtigt sind, erläutern die Forschenden.
Gleichgewicht basiert auf vielen verschiedenen Sinneseindrücken
Das Gleichgewicht ist kompliziert und erfordert die Koordination vieler verschiedener Sinneseindrücke. Wenn Menschen vermehrt stürzen, konzentrieren sich Untersuchungen normalerweise auf Sehstörungen und es wird auch geprüft, ob beispielsweise eine Neuropathie in den Füßen oder Knochenprobleme vorliegen. Solche Untersuchungen ignorieren allerdings Probleme im Zusammenhang mit dem Gehör vollständig.
Woher stammten die ausgewerteten Daten?
Für die neue Untersuchung wurden unterschiedliche Forschungsarbeiten analysiert, welche den Zusammenhang zwischen Klang und Gleichgewicht im Stehen betrachteten. Viele der Studien konzentrierten sich auf Bereiche wie beispielsweise Tontechnik, Informatik, Physik und Psychologie.
Viele Faktoren haben Einfluss auf unser Gehör
Die Studien umfassten hauptsächlich gesunde Erwachsene, aber auch Personen mit angeborener Blindheit, vestibulärer Schädigung (Schädigung des Innenohrs, die Augen- und Gleichgewichtsprobleme einschließlich Schwindel verursacht) und verschiedenen Graden der Schwerhörigkeit. In allen Studien wurde untersucht, wie Geräusche die Fähigkeit von Personen beeinflussen, ihr Gleichgewicht zu halten, wenn sie still stehen. Die Forschenden untersuchten auch, wie das Tragen von Kopfhörern mit Geräuschunterdrückung das Gleichgewicht beeinträchtigt
Schlechteres Gleichgewicht durch Stille?
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Menschen mehr Schwierigkeiten hatten, auf einer unebenen Oberfläche ihr Gleichgewicht zu halten oder ruhig zu stehen, wenn es still war. Konnten sie dagegen Geräusche hören, hatten sie eine bessere Balance. Dabei schien auch die Art der Geräusche wichtig für das Gleichgewicht zu sein. Ein kontinuierliches Hintergrundgeräusch (normalerweise statisch) war dabei für die Teilnehmenden besonders hilfreich zur Aufrechterhaltung ihres Gleichgewichts.
Bestimmte Geräusche reduzieren das Gleichgewicht
Einige Arten von Geräuschen reduzierten tatsächlich das Gleichgewicht. Beispielsweise bewirkten über Kopfhörer von links nach rechts eingespielte Piep-Geräusche Schwierigkeiten aufrecht zu stehen. Dies könnte daran liegen, dass Schall als eine Art akustischer Anker wirken kann. Genauer gesagt verwenden Menschen Geräusche, um unbewusst ein mentales Bild der Umwelt zu erzeugen.
Schall kann unsere Körperhaltung verbessern
Schall wurde wichtiger für das Gleichgewicht, wenn die Teilnehmenden schwierige Aufgaben im Bezug auf die Balance bewältigen mussten oder wenn bereits zuvor sensorische Probleme vorlagen. Wenn Menschen mit Seh- oder Hörverlust oder Gleichgewichtsproblemen stationäre Geräusche hörten, verbesserte sich ihre Körperhaltung deutlich. Dies lässt vermuten, dass sich Menschen mehr auf das Hören verlassen, wenn andere Sinne beeinträchtigt sind, erläutern die Forschenden.
Klänge haben eine stabilisierende Wirkung auf das Gleichgewicht
Die aktuelle Forschungsarbeit legt nahe, dass Klänge eine stabilisierende Wirkung auf das Gleichgewicht haben können. Es zeigte sich, dass die Unfähigkeit, Klänge zu hören, zu einem schlechteren Gleichgewicht beiträgt. Letztendlich bedeutet eine Unfähigkeit Geräusche wahrzunehmen, ein verstärktes Risiko für betroffene Personen, dass diese Gleichgewichtsprobleme entwickeln und sich durch Stürze verletzen.
Weitere Forschung ist nötig
Gerade für ältere Menschen gibt es eine Reihe von Faktoren, welche sie einem erhöhten Sturzrisiko aussetzen. Hörverlust ist ein bedeutender und bisher nicht ausreichend verstandener Faktor im Bezug auf unser Gleichgewicht und das Sturzrisiko, betont das Forschungsteam. Altersbedingte Schwerhörigkeit sei weit verbreitet und sollte gerade bei Personen mit einem hohen Sturzrisiko als Ursache in Betracht gezogen und untersucht werden. Zukünftige Forschung muss zeigen, ob die Behandlung dieses Hörverlusts das Gleichgewicht verbessert und Stürze verhindern kann. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Anat V. Lubetzky, PT. PhD., Marta Gospodarek, MS., Liraz Arie, MScPT.,Jennifer Kelly, DPT. NCS., Agnieszka Roginska, PhD. et al.: Auditory Input and Postural Control in Adults, in JAMA Otolaryngology-Head & Neck Surgery (Veröffentlicht 12.03.2020), JAMA Otolaryngology-Head & Neck Surgery
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.