Homöopathie steht in der Tradition der magischen Signaturenlehre „similia similibus curentur“ – „ähnliches werde durch Ähnliches geheilt.” Demnach zeigen Ähnlichkeiten in der Natur eine heilende Wirkung an – ein Stein, der aussieht wie eine Niere wirkt zum Beispiel gegen Nierenbeschwerden. Anhänger dieser Weltanschauung sehen es als Beleg an, dass Homöopathie auch bei Kindern und Tieren helfe.
Der Placebo-Effekt
Placebo bezeichnet im engen Sinn ein Scheinmedikament, das keine Wirkstoffe enthält, aber trotzdem eine Reaktion auslöst und einen Heilprozess in Gang setzt. Diese Reaktionen sind in kontrollierten Messverfahren nachweisbar.
Selbstsuggestion wirkt
Die Hirnforschung belegt: Der Glaube an eine Heilung wirkt sich direkt auf die Neurotransmitter und Hormone aus, zum Beispiel auf körpereigene Schmerzmittel, die sich ganz ähnlich verhalten wie die medizinisch wirksamen Substanzen in geprüften Arzneimitteln. Entscheidend ist also der Sinn, den ein Patient der Pille oder (bei der Homöopathie) den Globuli genannten Zuckerkügelchen gibt – nicht aber eine nicht existente pharmakologische Wirkung.
Zuwendung
Der Placebo-Effekt kann aber auch auf Zuwendung bedeuten, so die Homöopathie-Kritikerin Natalie Grams. Wenn ein Kind zum Beispiel weint, weil es sich geschnitten hat, und die Mutter ihm dabei das sprichwörtliche Trostpflaster aufklebt, hört das “todunglückliche” Kind bald auf zu schreien und ist wieder froh. Das Pflaster hat dabei selten eine Blut stillende, sondern eine symbolische Bedeutung.
Kinder von Homöopathie-Anhängern
Natalie Grams schreibt: “Die Homöopathie ist nun besonders geschickt darin, diese beiden Mechanismen zu benutzen. Sie verabreicht einerseits wirkstofflose Tablettchen und sie verbindet dies oft mit einem Ritual an Zuwendung, Empathie und der Kraft guter Erfahrungen. Die Globuli tragen somit die Bedeutung “ich lasse Dir Hilfe zuteil werden, liebes Kind” und zwar ohne, dass dies unbedingt in Worte gefasst wird.”
Das Kind erfährt Hilfe
Demnach erfährt das Kind vor allem, dass die Mutter sich um sein Problem kümmert. Auch die Mutter fühlt, das “Richtige” getan zu haben, und das tut, so Grams, Mutter und Kind gut.
Intuitive Verbindung
Hochsensibilität als die intuitive Verbindung zwischen Müttern und ihren Kindern ist sehr stark. Ein Säugling und ein Kleinkind müssen subtile Signale der Mutter erkennen und darauf in einer auffälligen Art reagieren, die die Mutter unmittelbar mitbekommt.
Der Medizin-Effekt
Mütter beruhigen Kinder mit vielfältigen Ritualen, doch, so Grams, die “ausdrücklich medizinische Ausrichtung der Homöopathie verstärkt den “Ich kann und werde dir helfen”-Effekt sehr positiv. Man tut nicht irgendwas, sondern etwas, das (vermeintlich) medizinisch Sinn macht.”
Die Globuli lösen Placebo-Effekt aus
Laut Grams erwarten Mutter und Kind eine Wirkung der Globuli und hoffen, dass sich etwas zum Positiven ändert, und der Placebo-Effekt läuft: Es ändert sich wirklich.
Krankheiten oder Einbildungen?
Norbert Aust, der der Homöopathie ebenfalls skeptisch gegenübersteht, bezweifelt auch, dass es sich bei den Beschwerden, gegen die überzeugte Eltern ihren Kindern Globuli geben, wirklich um Krankheiten handelt.
Er sagt: “Kinder haben offenbar wie Uhrwerke zu funktionieren und dem entsprechend wird der Tagesablauf mit der Einnahme von Globuli strukturiert. Sie sehen zur Freude der Homöopathieindustrie „Krankheiten“ und „Störungen“, die kein verantwortungsbewusster konventioneller Mediziner als behandlungswürdige Krankheit ansehen würde.”
Globuli für jede Gelegenheit?
Laut Grams geben die Globuli-gläubigen Eltern andere Globuli, wenn die ersten nicht “wirken”. Heile dann die Krankheit von alleine aus, vergingen die Beschwerden von selbst, und Mutter wie Kind sind von der Wirkung der Globuli überzeugt, und beim nächsten Schnupfen wiederholt sich das Spiel.
Intuitiv Globuli finden?
Homöopathie-Fans legen viel Wert darauf, dass jeder Mensch seine Globuli individuell finden müsse. “Die Male, bei denen die Globuli nicht geholfen haben, entschuldigen sie mit “Da haben wir eben das richtige Mittel nicht rechtzeitig gefunden”, schreibt Grams. Ihr zufolge handelt es sich um einen typischen Bestätigungsfehler, oder, so sei hinzugefügt, um eine immer währende Gültigkeit, die sich immer wieder selbst bestätigt, auch wenn das Gegenteil vom Erwarteten eintrifft.
Placebo und “Informationen”
Laut Hahnemann machen Homöopathie-Jünger indessen nicht den Placebo-Effekt, magisches Denken oder das gemeinsame Ritual verantwortlich für reale oder vermeintliche Wirkungen, sondern in den Globuli enthaltene “Informationen”.
Gibt es die Information der Globuli?
Laut Grams meinen Homöopathen mit Information eine nicht erklärbare Information, die sich weder finden ließ, noch in Zukunft gefunden werden kann. Gefährlich sei, dass die Kinder zwar beruhigt würden, aber gleichzeitig an die real nicht existente Wirkung der Globuli glauben.
Magisches Ritual
Die Kinder würden zudem, so Aust, von einem magischen Ritual abhängig:”Sie lernen, dass es nichts gibt, was einfach wieder vergeht und keiner besonderen Beachtung und Behandlung bedarf.”
Worin besteht die Gefahr?
Die Gefahr besteht laut Grams darin, dass die derart Gläubigen auch glauben, schwere Erkrankungen mit Globuli behandeln zu können. Diese Krankheiten könnten aber schwere Folgen haben und würden durch Rituale, Glauben und Placebo zwar erträglicher – nicht aber geheilt.
Tiere und Globuli
Bei Hunden und Katzen gälte das gleiche wie bei Kindern, so Grams. Sie hätten ebenfalls sehr feine Antennen für die Gefühle ihrer Halter – Hunde könnten zum Beispiel “Herrchens” epileptischen Anfall spüren, bevor er selbst etwas merkt.
Hunde riechen Ängste und andere Stimmungen und reagieren außerdem intensiv, wenn jemand sich um sie kümmert. “Leidende” Katzen lassen sich durch Streicheln beruhigen, und ihnen sind Rituale sehr wichtig.
Zudem können Tiere nicht reden, und da primär Homöopathie-Anhänger ihren Lieblingen Globuli verabreichen, sind sie von den positiven Auswirkungen überzeugt und interpretieren das Verhalten des Tieres dementsprechend. Ob Fiffi wirklich traurig oder fröhlich ist, sei dahin gestellt.
Dazu verfügen Tiere über ausgezeichnete Selbstheilungskräfte, und der Halter sieht so in Wirklichkeit nur einen ganz natürlichen Ablauf, wenn die Beschwerden abklingen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.