Experten kritisieren die bisherige Beschränkung der HPV-Impfung auf Mädchen
30.08.2120
Humane Papillomaviren (HPV) sind als mögliche Ursache für Gebärmutterhalskrebs bekannt, sie erhöhen jedoch auch das Risiko zahlreicher weiterer Krebserkrankungen, wie beispielsweise Zungenkrebs, Penis- oder Kehlkopfkrebs. Die britische Forscherin Margaret Stanley hat ich daher im Fachmagazin „Nature“ dafür ausgesprochen, nicht nur Mädchen durch eine Impfung vor den Viren zu schützen, sondern auch Jungen. Unterstützung erhielt die Forscherin vom dem Medizin-Nobelpreisträger Harald zur Hausen.
Laut Aussage der britischen Forscherin von der Universität Cambridge sind HPV Hauptauslöser von schätzungsweise fünf Prozent der Krebserkrankungen. Warum in den meisten Ländern nur Mädchen einen Anspruch auf eine Impfung gegen Papillomaviren haben, sei nicht zu verstehen. Sie sprach sich für eine Ausweitung des Impfschutzes auf Jungen aus, wie dies schon in den USA, Kanada und Australien vorgesehen ist. Auch Harald zur Hausen vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, der für seine Entdeckung des Zusammenhangs zwischen HPV und Gebärmutterhalskrebs im Jahr 2008 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, forderte eine Ausweitung der HPV-Impfungen auf Jungen.
HPV-Impfung nicht nur zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs
Die Immunisierung gegen HPV wir bei Mädchen in erster Linie durchgeführt, um sie vor einer Gebärmutterhalskrebs-Erkrankung zu schützen. Die Viren können jedoch auch zahlreiche andere Krebserkrankungen, sowie die relativ weit verbreitete Geschlechtskrankheit der Genitalwarzen auslösen, vor denen die Mädchen mit der Impfung ebenfalls geschützt werden. Auch Jungen sollten nach Ansicht der britischen Pathologin daher einen Anspruch auf eine HPV-Impfung haben.Der Medizin-Nobelpreisträger Harald zur Hausen betonte gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“, dass eine Impfung beider Geschlechter unerlässlich sei, „wenn wir wirklich die Viren in einem vorhersehbaren Zeitraum drastisch reduzieren oder ausrotten wollen.“
Fünf Prozent der Krebserkrankungen durch Humane Papillomaviren bedingt
Wie Margaret Stanley in dem aktuellen Artikel im Fachmagazin „Nature“ berichtet, sind HPV Hauptauslöser von Anal-, Mandel- und Zungenkrebs sowie wesentlicher Risikofaktor für Krebserkrankungen des Penis, Kehlkopfs, Nackens und Kopfs. Schätzungsweise fünf Prozent der menschlichen Krebserkrankungen seien auf eine Infektion mit HPV zurückzuführen. Außerdem verursachen HPV die relativ weit verbreitete Geschlechtskrankheit der Genitalwarzen. Besonders kritisch bewertet die Expertin die Entwicklung bei den HPV-bedingten Analtumoren. Diese Krebserkrankungen seien zwar bis heute eher selten, doch verzeichnen Mediziner einen deutlichen Anstieg der Erkrankungszahlen – vor allem bei 20- bis 49-jährigen Männern. Homosexuelle unterliegen Margaret Stanley zufolge hier dem höchsten Risiko.
HPV-Impfung auch für Jungen zu empfehlen?
Nach Ansicht der Pathologin verdeutlichen die Erkrankungszahlen, dass eine HPV-Impfung durchaus auch für Jungen zu empfehlen ist, doch diese wird bislang lediglich von den USA, Kanada und Australien befürwortet. Um die Kosten in einem überschaubaren Rahmen zu halten, könnte die HPV-Impfung zunächst auf homosexuelle beschränkt werden, erläuterte Stanley. Sie räumte jedoch gleichzeitig ein, dass diese Begrenzung des Zugangs nicht nur ethisch bedenklich wäre, sondern in vielen Fällen vermutlich zu spät kommen würde. Denn eigentlich sollte die HPV-Impfung vor dem Einsetzen der sexuellen Aktivität stattfinden (im Alter zwischen neun und 14 Jahren). Eine Beschränkung auf Homosexuelle würde jedoch voraussetzen, dass diese ihre Sexualität bereits entdeckt haben. Da „alle Männer, unabhängig von der sexuellen Orientierung, einem erheblichen und steigendem Risiko HPV-assoziierter Krankheiten“ unterliegen, sei es nicht angebracht Männer von der Impfung auszuschließen und sie dazu zu zwingen, sich auf die sogenannte Herdenimmunität zu verlassen. Diese Beschränkung ist weder ethisch, noch fair oder sozial verantwortungsvoll, betonte Margaret Stanley.
Hohe Kosten wesentliches Hindernis einer HPV-Impfung bei Jungen
Auch der Medizin-Nobelpreisträger Harald zur Hausen bemängelte, die Annahme, dass der Herdeneffekt (Herdenimmunität) ausreiche, um lediglich durch die HPV-Impfung der Frauen auch die Männer zu schützen. Zwar biete die Herdenimmunität auch Personen, die keine Impfung erhalten haben, einen gewissen Schutz, da sich die Viren in der Bevölkerung schlechter ausbreiten können, doch müssten hier die Impfquoten weit höher liegen. „In Deutschland sind wir mit etwas unter 40 Prozent von der notwendigen Rate entfernt, in Österreich liegt sie bei knapp fünf Prozent“, erläuterte zur Hausen. Wesentliches Hindernis bei der Einführung einer HPV-Impfung für Jungen sind hierzulande nach Ansicht des Experten bislang die extrem hohen Kosten. Doch durch Verhandlungen der Gesundheitsministerien oder Krankenkassen mit den Firmen sollten sich die Kosten reduzieren lassen, erläuterte der Nobelpreisträger und verwies auf Länder wie Großbritannien oder Vietnam, wo dies schon geschehen sei. Die HPV-Impfung an sich würde bei Jungen genauso ablaufen wie bei Mädchen, so zur Hausen weiter. Diese erhalten drei Spritzen mit einem der beiden zugelassenen Impfstoffe. Einer dieser Impfstoffe schütze auch vor der äußerst unangenehmen und unerfreulichen Infektion mit Genitalwarzen. (fp)
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Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
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