Iglo äußert schwere Kritik am Lebensmittelverband
Der Lebensmittelhersteller iglo tritt aus dem Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft BLL aus. Das Unternehmen wirft dem Lebensmittelverband vor, sich absichtlich nicht den Herausforderungen der Zukunft der Branche zu stellen. Stattdessen sei der BLL darauf fokussiert, die Interessen der Lebensmittelindustrie zu verteidigen und zu bewahren und neue, dringend erforderliche Änderungen auszubremsen.
Das bekannte Lebensmittelunternehmen iglo GmbH gab kürzlich bekannt, aus dem Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) auszutreten. Die Vorsitzende der Geschäftsführung Antje Schubert äußerte scharfe Kritik an dem Bund. Er wolle gezielt verhindern, dass Neuerungen in der Lebensmittelindustrie vorangetrieben werden, wodurch die Umsetzung einer gesünderen Ernährung für die Bevölkerung ausgebremst werde. Die Deutsche Gesellschaft für Diabetes (DDG) begrüßte den Schritt von iglo.
Streit um Lebensmittelkennzeichnung Nutri-Score eskaliert
Der Streit zwischen iglo und dem BLL eskalierte, nachdem iglo eine neue Kennzeichnung von Lebensmitteln für Verbraucher einführen wollte. Die sogenannte Nutri-Score, die sich bereits in Frankreich und Belgien etabliert hat, soll die Verbraucher über eine fünfstufige Farbskala über die Inhaltsstoffe informieren. Auch Unternehmen wie Danone und Bofrost unterstützen dieses System. Andere Unternehmen der Lebensmittelbranche sprachen sich jedoch gegen die Nutri-Score aus. Der BLL empfahl dagegen ein eigenes System zur Kennzeichnung, dass von iglo als unzureichend bewertet wurde. Kürzlich wurde iglo sogar durch eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg daran gehindert, die Nutri-Score im Alleingang auf ihre Verpackungen zu drucken.
Verharren statt ändern
„Im Zuge der Debatte um eine Einführung einer Lebensmittelkennzeichnung sind grundsätzliche Defizite in der Ausrichtung des Verbandes zutage getreten“, erläutert Schubert die Gründe des Austritts in einer Pressemitteilung von iglo. Eine Mitgliedschaft erscheine dem Unternehmen als nicht mehr sinnvoll. Dem BLL fehle jeglicher aktiver Gestaltungswille. Von einem Branchenverband könne man erwarten, dass er über den Tellerrand blicke und auch europäische Lösungen im Interesse aller Mitglieder vorantreibe. Stattdessen verharre der BLL und fokussiere sich auf die Verteidigung und Aufrechterhaltung der Interessen der Lebensmittelindustrie, so die Kritik von iglo.
Verspieltes Vertrauen
„Das wichtigste Kapital von Lebensmittelunternehmen ist Vertrauen“, betont Schubert. Wer heute glaube, man könne Menschen gewinnen, indem man Themen politisch wegmoderiere, habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Man könne Verbraucherinnen und Verbraucher nur überzeugen, indem man Antworten auf die gegenwärtigen Fragen gebe, so die Vorsitzende. Um einem generellen Vertrauensverlust der Branche entgegenzuwirken, bedürfe es mutiger, gegebenenfalls auch unbequemer Schritte.
Hinterzimmerpolitik in der Lebensmittelindustrie
Iglo kritisiert weiterhin, dass der Verband einem offenen Dialog kein Gehör schenkt. Die BLL-Kultur sei geprägt von einer Art der „Hinterzimmerpolitik“, wo große Akteure die Aktivitäten und Entscheidungen festlegen. Im Interesse der gesamten Lebensmittelindustrie möchte iglo mit dem Austritt ein Signal setzen, dass es auch Unternehmen mit einer anderen Haltung in Deutschland gibt.
Deutsche Gesellschaft für Diabetes stellt sich hinter iglo
„Wir begrüßen die Entscheidung von iglo, nicht länger einen Verband zu unterstützen, der die Zeichen der Zeit in Sachen gesunde Ernährung verschlafen hat“, kommentiert DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer in einer Mitteilung zu dem Austritt. Der BLL profiliere sich bislang als Verhinderer vieler wissenschaftlich empfohlener Maßnahmen zur Eindämmung von Übergewicht. Für den BLL müsse dies ein Weckruf sein, die Blockadehaltung in Sachen gesunder Ernährung aufzugeben, so Bitzer. (vb)
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