Anzahl der Notrufe im Giftinformationszentrum-Nord steigt seit Wochen drastisch
10.09.2014
Pilze stehen bei vielen Menschen regelmäßig auf dem Speiseplan. Doch gerade bei selbst gesammelten Pilzen ist hier besondere Vorsicht geboten, denn wer an die falschen Sorten gerät, riskiert eine Pilzvergiftung mit Symptomen wie Durchfall, Herzrasen oder Übelkeit und Erbrechen. Offenbar derzeit ein aktuelles Problem, denn die Anzahl der Notrufe beim Giftinformationszentrum-Nord in Göttingen steigt seit Wochen drastisch an.
Myzetismus kann im Ernstfall tödlich enden
Ob Champignons, Pfifferlinge oder Steinpilz: Pilze sind lecker und gesund und bilden bei vielen Menschen einen festen Bestandteil der Ernährung. So mancher Pilzliebhaber geht dabei am liebsten in den Wald, um selbst zu sammeln. Doch gerade hier ist besondere Vorsicht geboten, denn gerät man an die falschen Sorten, droht eine Pilzvergiftung (Myzetismus). Dabei reichen bereits kleinste Mengen, um schwere Vergiftungserscheinungen wie Schwindel, Durchfall und Herz-Kreislauf-Beschwerden hervorzurufen, im Ernstfall kann eine solche Vergiftung sogar tödlich enden.
Drastischer Anstieg an Notrufen in der GIZ-Nord
Pilzvergiftungen scheinen dabei kein seltenes Phänomen zu sein. Ganz im Gegenteil, denn wie das Giftinformationszentrum-Nord (GIZ-Nord) in Göttingen aktuell mitteilt, hätten sich in diesem Sommer mehr Menschen durch Pilze vergiftet, als sonst. Während in anderen Jahren das für die nördlichen Bundesländer (Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein) zuständige GIZ etwa 300 Anfragen wegen möglicher Pilzvergiftungen erhalte, sei die Zahl der Notrufe in den letzten Wochen „drastisch gestiegen“, so der Mediziner Andreas Schaper gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. „Wenn es so weitergeht, werden es diesmal doppelt so viele“, prognostiziert der Experte.
Hohes Pilzaufkommen verleitet auch verstärkt Laien zum Sammeln
Verantwortlich für den Anstieg der Notfälle sei das starke Pilzwachstum seit August, welches durch die Wärme und Feuchtigkeit in den vergangenen Monaten begünstigt wurde, erklärt Schaper weiter. Dabei sei ein hohes Pilzaufkommen zwar einerseits erfreulich, zugleich berge es aber auch eine erhöhte Gefahr, da auch Laien zum Sammeln verleitet würden: „Ein gutes Pilzjahr ist meistens auch ein starkes Pilzvergiftungsjahr." Die Anrufe bei der GIZ kämen dem Experten nach jedoch leider meist erst, wenn schon Symptome aufgetreten sind: „Meistens rufen die Leute dann an, wenn sie die Pilze schon gegessen haben und ihnen schlecht ist.“ Dies käme derzeit gehäuft vor, an vielen Tagen bis zu sechs Mal täglich, an anderen sogar sogar noch häufiger.
Knollenblätterpilz besonders gefährlich
Besondere Gefahr berge laut Andreas Schaper der Knollenblätterpilz, welcher als der gefährlichste Pilz in Europa gilt, aber leider immer wieder von unerfahrenen Sammlern mit essbaren Sorten verwechselt wird. Hier kann schon ein winziges Stück eine Vergiftung und damit Symptome wie Durchfall, Erbrechen und Leibschmerzen verursachen, in schweren Fällen kann es aber auch zu tödlichen Organschäden kommen. Laut Schaper habe es auch in diesem Sommer bereits einige „mittelschwere Vergiftungen durch Knollenblätterpilze“ gegeben, die aber im Vergleich zu anderen Jahren bislang glücklicherweise noch keinen Todesfall zur Folge hatten.
Experten warnen dringend vor Verzehr selbst gesammelter Pilze
Bestehe Verdacht auf eine Knollenblätterpilzvergiftung sei daher in jedem Fall eine stationäre Behandlung unabdingbar. Darüber hinaus sollten aber natürlich auch Vergiftungssymptome, die nach dem Verzehr anderer Pilzsorten auftreten, unbedingt sofort ärztlich abgeklärt werden. Dementsprechend warnt Schaper generell „dringend davor, Pilze zu sammeln und zu essen, die man nicht hundertprozentig kennt.“ Denn trotz aller Empfehlungen würden Sammler leider immer wieder unvorsichtig vorgehen, wodurch davon ausgegangen werden könne, „dass die Vergiftungssaison noch wochenlang anhält".
Knollenblätterpilz kommt meist unter Eichen oder Buchen vor
Daher ist genaues Hinsehen immens wichtig: Einen Knollenblätterpilz können Sammler beispielsweise an seinem halbkugelförmigen Hut erkennen, der bis zu 15 Zentimeter breit wird und olivgrün bzw. gelb-grün gefärbt ist, wobei die Färbung am Rand meist etwas schwächer ist. Die Oberfläche des Giftpilzes – der meist unter Eichen oder Buchen vorkommt – ist bei feuchter Witterung leicht klebrig, ansonsten eher glatt und glänzend, zudem hat er lange, weiße Lamellen, die später grünlich werden sowie einen grünen bzw. gelben, sehr langen und zylindrisch geformten Stil. (nr)
Bild: Maren Beßler / pixelio.de
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